• 11. November 2018 · 23:00 Uhr

Verstappen rastet aus: Strafe nach Handgreiflichkeit gegen "Idiot" Ocon

Max Verstappen ist nach der Kollision mit Esteban Ocon handgreiflich gegenüber dem Franzosen geworden und hat von der FIA eine Strafe aufgebrummt bekommen

(Motorsport-Total.com) - Nach dem Abschuss von Brasilien kochten die Emotionen bei Max Verstappen hoch: "Ich hoffe, dass ich ihn jetzt nicht im Paddock finde, sonst ...", drohte der Red-Bull-Pilot Unfallgegner Esteban Ocon über den Funk (Formel 1 2018 live im Ticker). Was mit Ocon passieren würde, wurde von der Weltregie mit einem auffällig langen Piepton jedoch zensiert. Doch Verstappen traf Ocon nach dem Rennen tatsächlich an - und wurde handgreiflich!

In der FIA-Garage schubste der Niederländer mehrfach den Force-India-Piloten, der ziemlich überrascht davon war und mit Verstappen reden wollte, bevor dieser sich vom Ort des Geschehens entfernte und Ocon keines Blickes mehr würdigte. "Wir hatten ein großartiges Auto, und dann wirst du von so einem Idioten aus dem Rennen genommen. Ich habe keine Worte dafür", sagt Verstappen kurz nach dem Rennen.

Es herrscht Frust bei Red Bull. Der Rennstall hätte in Sao Paulo den zweiten Sieg in Folge feiern können, bevor Verstappen in Führung liegend vom überrundeten Ocon in Kurve 2 gedreht wurde, was Lewis Hamilton letzten Endes den Sieg ermöglichte. Ganz besonders erbost ist Motorsportberater Helmut Marko, der nicht so recht an einen Zufall glauben mag.

Marko schimpft: Mercedes-Fahrer hilft Mercedes

"Ein Überrundeter, der bei Mercedes unter Vertrag steht, rempelt den Führenden von der Strecke. Das ist unglaublich", schimpft der Österreicher. Hintergrund: Ocon ist seit vielen Jahren Junior von Mercedes und wird intensiv von deren Motorsportchef Toto Wolff betreut. "Also ich will da gar keinen weiteren Kommentar abgeben, ich habe so etwas noch nie gesehen", ärgert sich Marko und hält die 10-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe für Ocon für deutlich zu mild.

Denn Verstappen habe bei dem Unfall 50 Punkte an Abtrieb verloren und konnte Hamilton in der Schlussphase nicht noch einmal gefährlich werden. "Dass dieser fantastische Drive mit so einer Idiotie bestraft wird, ist unglaublich. Er hat so einen Speed draufgehabt und war locker unterwegs - jammerschade! Ich verstehe es nicht", so Marko weiter.

Das Gespräch suchen wird Marko mit Ocon jedenfalls nicht: "Pah! Ich rede mit dem Idioten gar nicht!", so Marko, der noch vor wenigen Wochen Ocon als möglichen Toro-Rosso-Kandidaten gesehen hatte, wenn dieser sich von seinem Mercedes-Vertrag gelöst hätte - allerdings ist der Franzose schon seit langer Zeit kein Kandidat bei Toro Rosso mehr.

Brasilien 2001: Papa Jos passiert Ähnliches!

Für den Red-Bull-Berater ist die ganze Sache ohnehin völlig unnötig gewesen: "Wenn man eine Runde hinten ist, darf er überhaupt nicht in den Führungskampf eingreifen. Also völlig idiotisch!", sagt er. Faktisch sollte sich ein Überrundeter eigentlich nicht in den Kampf der Führenden einmischen, doch es ist ihm tatsächlich erlaubt, den Leader anzugreifen, um sich zurückzurunden. Das hat Ocon auf Anweisung seines Teams getan, weil er die weicheren Supersofts aufgeschnallt hatte.

Dass es ausgerechnet Verstappen war, der in Brasilien in Führung liegend von einem Hinterbänkler um den Sieg gebracht wurde, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. 2001 gab es auf der Strecke einen ähnlichen Vorfall: Damals lag Williams-Pilot Juan-Pablo Montoya souverän in Führung, bevor er bei der Anfahrt auf Kurve 4 einen anderen Piloten überrundete, der ihm anschließend ins Heck fuhr und für Montoyas Aus sorgte. Es war ausgerechnet Max Verstappens Vater Jos, dem dieser Fehler in seinem Arrows unterlief.

Nun durfte sein Sohn in gewisser Weise einen späten Preis dafür zahlen. Ocon selbst bleibt bei dem Standpunkt, dass er keine Schuld habe: "Wir waren Seite an Seite - ich kann mich nicht in Luft auflösen", sagt er. Auch zwischen den beiden Streithähnen gibt es schon eine Vorgeschichte: Verstappen und Ocon kamen sich im Laufe ihrer Karriere schon mehrfach in die Quere.

Ocon enttäuscht über Reaktion: "Nicht professionell"

In gemeinsamen Formel-3-Zeiten rammte Verstappen seinen Titelkontrahenten einmal in der ersten Kurve am Red-Bull-Ring, als Ocon in Führung lag - ähnlich wie nun in Brasilien, abgesehen davon, dass damals beide nach dem Start um die Position kämpften. Und selbst aus gemeinsamen Karttagen halten sich Gerüchte, dass Verstappen Ocon schon einmal eine Ohrfeige gegeben haben soll.

Über den Vorfall auf der Strecke ist der Force-India-Pilot nicht überrascht, denn Verstappen sei in Zweikämpfen immer ein harter Hund gewesen. Was ihn aber enttäuscht, sei die Reaktion nach dem Rennen. "Er kam zur Waage gestürmt und die FIA musste ihn stoppen, damit er nicht handgreiflich wird. Er hat mich geschubst und wollte mir eine reinhauen. Das ist nicht professionell", so sein Kommentar.

Die Rangelei der beiden Fahrer rief anschließend sogar die Rennleitung auf den Plan, die eine Verletzung von Artikel 12.1.1.c des Internationalen Sportkodex der FIA sah und beide Fahrer zu sich zitierte. Im Artikel geht es um Handlungen, "die dem Interesse des Wettbewerbes oder dem Interesse des Motorsports an sich schaden." Eine Handgreiflichkeit dürfte da nicht gerne gesehen werden.

Horner: Ocon kam mit Schubser gut davon

"Das ist natürlich zu viel des Guten, was er da macht", findet Timo Glock, doch bei Red Bull spielt man die Handgreiflichkeit sogar noch herunter: "Ich denke, Max war noch ziemlich zurückhaltend, um ehrlich zu sein", sagt Teamchef Christian Horner. "Es hat ihn einen Grand-Prix-Sieg gekostet. Esteban hatte Glück, dass er nur mit einem Schubser davonkam", so der Brite, der Verstappen in der Auslaufrunde noch mit auf den Weg gegeben hatte, dass er sich unter Kontrolle bringen müsse.

"Er hat einen Sieg ohne eigenen Fehler verloren, und das ist für ihn und das Team enorm frustrierend. Wir haben alles richtig gemacht, hatten Mercedes in den Seilen und haben auch die Ferraris überholt. Es ist unheimlich enttäuschend, einen Sieg durch einen Hinterbänkler zu verlieren", so Horner weiter.

Verstappen: Erst Strafe, dann Shakehands

Und was sagt Max Verstappen eigentlich zu der Handgreiflichkeit mit Ocon? "Ich habe nichts zu sagen, außer dass er eine Pussy war", meint er in der offiziellen Pressekonferenz. Von den Stewards gab es für Verstappens unsportliches Verhalten anschließend eine Strafe: Der Niederländer muss zwei Tage gemeinnütze Arbeit in Diensten der FIA verrichten.

Dass es für den Red-Bull-Piloten nicht schlimmer kam, hatte mehrere Gründe: Zum einen hätten beide Fahrer bei der Anhörung angemessen agiert und mit den Kommissaren kooperiert. Zudem hatten die Stewards Verständnis für Verstappens Ärger und akzeptierten seine Erklärung, dass es nicht seine Absicht gewesen sei, Ocon anzugehen. Er sei getriggert worden und habe die Beherrschung verloren.

Wenig später kam es dann aber doch noch zu einer kleinen Versöhnung zwischen den beiden Streithähnen: Als sie von der Anhörung der Stewards wiederkamen, gab es zwischen beiden ein sportliches Shakehands!

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