"Lewis war der Bessere": Vettels große Geste in der "schlimmen" Niederlage
Sebastian Vettel ist nach dem verlorenen WM-Titel niedergeschlagen, zeigt aber Größe und geht der Konkurrenz gratulieren - Er gibt zu: Hamilton war 2018 der Beste
(Motorsport-Total.com) - Schluss! Aus! Vorbei! Sebastian Vettel hat die Formel-1-Weltmeisterschaft 2018 endgültig verloren. Der kleine Funken Resthoffnung, der vor dem Rennen in Mexiko noch da war, ist erloschen. Vettel hätte den drittletzten Saisonlauf unbedingt gewinnen müssen, doch gegen Max Verstappen war am Sonntag kein Kraut gewachsen. Ein starker zweiter Rang ist für den Ferrari-Piloten dabei kein Trost.
"Das ist ein schlimmer Moment", sagt er, als die Niederlage feststeht. Zwar wusste er, dass die Chancen relativ gering stehen ("Ich habe in Mathe aufgepasst"), dennoch wollte er sich so lange wie möglich reinhängen. Und wenn es dann endgültig vorbei ist, ist das für Vettel kein schönes Gefühl. "Das sind keine schönen Tage. Man denkt nicht an den einen Tag, sondern an das ganze Jahr und die Arbeit, die man seit Ende des vergangenen Jahres investiert hat."
Die WM hatte er heute aber nicht unbedingt im Kopf. "Ich habe ehrlich gesagt nicht geschaut, wo die anderen fahren. Ich habe versucht, mein Rennen zu machen und versucht zu attackieren", sagt der Heppenheimer. Denn Vettel wollte auch so heute unbedingt gewinnen - das ist ihm von einem Startplatz außerhalb der Top 3 nämlich in der Formel 1 noch nie gelungen.
"Der Beste heute war Max, der Beste 2018 Lewis"
Doch schon nach dem Start war klar, dass das Unterfangen schwierig werden könnte. Im Gegensatz zu WM-Rivale Hamilton konnte er am Start nämlich keine Positionen gewinnen. Vettel blieb auf Rang vier und hatte daher einiges an Arbeit vor sich. In Runde 34 schnappte er sich erst Daniel Ricciardo (Red Bull), fünf Runden später war auch der alte und neue Weltmeister Lewis Hamilton fällig.
Gegen Verstappen hatte der Ferrari-Pilot jedoch keine Chance. "Ich glaube Max war sehr weit weg, aber wir haben alles probiert, ihn ein bisschen zu ärgern und ihm den Sieg nicht einfach so zu überlassen. Er war dann aber zu weit weg und zu schnell", muss Vettel einsehen. 17,3 Sekunden fehlten ihm am Ende auf den Niederländer. "Der beste Mann heute war Max", gibt er anschließend zu.
Und der beste Mann der gesamten Saison? "Lewis", sucht Vettel überhaupt nicht nach Ausreden. Der Brite liegt nicht nur mathematisch vorne, sondern für den Deutschen auch nach dem Leistungsprinzip. "Er hat es wahrlich verdient. Er ist in diesem Jahr besser gewesen", betont der Ferrari-Pilot. "Auch wenn ich das nicht will, gibt es leider Tage, wo man nicht der Beste ist."
Faire Gratulation in der Mercedes-Box
Es sind aufrichtige Worte von Vettel, der nach dem Rennen auch fair zu seinem WM-Gegner ging und ihm gratulierte. Wenig später ging er sogar in die Box von Mercedes, um dem gesamten Team seine Glückwünsche auszusprechen. "Ich habe ihm gesagt, dass er es verdient hat und dass er es genießen soll", verrät Vettel seine Worte an Hamilton. "Er ist das ganze Jahr über klasse gefahren und war der Bessere von uns beiden."
Natürlich könnte man jetzt groß überlegen, wo Vettel und Ferrari die Punkte haben liegen lassen. Ab Singapur sei alles etwas aus dem Ruder gelaufen. "Da kam eines zum anderen", sagt Vettel. "Gleichzeitig hat Lewis seine Leistung gebracht und es gnadenlos ausgenutzt. So sind wir dann relativ schnell ins Hintertreffen geraten." Und unter dem Druck passierten Vettel Fehler wie in Suzuka oder Austin.
Auch der Ausritt in Hockenheim kommt einem ins Gedächtnis. "Natürlich geht Hockenheim auf meine Kappe, das sind ein paar Punkte, aber über die anderen Punkte können wir uns lange streiten", meint der Deutsche und macht am Ende vor allem fehlenden Speed verantwortlich. "Ich denke, mit mehr Speed hätte es auch anders ausgesehen", sagt er.
Saison nicht abgehakt: Ein Titel steht noch aus
Doch das muss für Ferrari jetzt abgehakt sein. Die Scuderia hat erkannt, dass viele Dinge in den vergangenen Wochen nicht richtig liefen, und will dementsprechend daraus gelernt haben. Abgehakt ist die aktuelle Saison deswegen aber noch nicht. Mit Brasilien und Abu Dhabi stehen noch zwei Rennen auf dem Programm, die man unter keinen Umständen abschenken möchte.
Den Fahrertitel hat Vettel verloren, doch der Konstrukteurstitel ist für die Roten rein rechnerisch noch möglich. 55 Punkte muss Ferrari dazu aufholen, und Vettel bleibt bei seinem Credo: Er wird sich so lange reinhängen, bis es nicht mehr möglich ist. "Wir versuchen Mercedes vom Konstrukteurs-Thron zu stoßen - vielleicht als Vorgeschmack auf nächstes Jahr", kündigt er an.
In Brasilien will er sich von der Niederlage erholt haben und wieder in alter Stärke an der Strecke erscheinen. "Denn das hat meint Team verdient", betont Vettel. "Im Moment mag ich nicht der glücklichste Kerl sein, aber in zwei Wochen darf ich wieder in das Auto steigen, von dem ich schon immer geträumt habe. Von daher gibt es viele Dinge, über die man glücklich sein kann."
2019 wieder WM-Kampf mit Hamilton?
Und 2019 will er dann erneut mit Ferrari den ersehnten WM-Titel angreifen, der ihm noch fehlt. Das hat er auch Lewis Hamilton gesteckt, als er ihm gratuliert hat. "Ich habe ihm gesagt, dass er nächstes Jahr weiter pushen soll, weil ich ihn in Topform brauche, um wieder gegen ihn zu kämpfen", meint er.
Gefragt, ob er sich darauf freut, winkt er jedoch ab: "Noch nicht. Jetzt gerade freue ich mich auf gar nichts - außer hier rauszukommen, und keine Fragen mehr zu beantworten, um ehrlich zu sein." Der verlorene WM-Titel nagt doch ganz schön an Vettel - und das trotz guter Mathematik-Kenntnisse ...