Wegen Jules Bianchi: Emotionaler Ballast für Charles Leclerc in Japan
Für Charles Leclerc ist Suzuka aufgrund des Todes von Freund Jules Bianchi eine schwierige Reise - Die Gründe hinter dem Rookie-Erfolg des Monegassen
(Motorsport-Total.com) - Für Charles Leclerc steht an diesem Wochenende ein schwieriger Grand Prix an, sportlich wie auch emotional. Denn der Monegasse reist erstmals an den Suzuka Circuit, wo sein Freund und Förderer Jules Bianchi nach einem Unfall sein Leben lassen musste. "Er war für mich fast ein Teil der Familie, von daher ist es sehr schwierig", erzählt der Sauber-Pilot.
Jules Bianchi, der Leclercs Karriere schon seit Karttagen intensiv begleitet hatte, war beim verregneten Japan-Grand-Prix 2014 schwer verunglückt und unter einen Bergekran gerast. Der Franzose verstarb im Sommer 2015 an den Folgen seiner Kopfverletzungen. "Die Streckenbegehung war schon ziemlich emotional", sagt Leclerc. "Jules hat mir enorm geholfen, hier zu sein - und zwar mehr als nur beim Rennfahren."
Bei der Streckenbegehung heute blieb Leclerc nicht an der Unfallstelle stehen, doch bereits gestern hatte er den Ort in der Dunlop-Kurve alleine besucht.
Regeln verbieten Tributhelm
Gerne würde der Sauber-Pilot seinen Freund mit einem besonderen Helmdesign ehren, allerdings erlauben die Regeln nur ein Spezialdesign pro Saison. In diesem Jahr fuhr er bereits bei seinem Heimrennen in Monaco ein Design zu Ehren seines im vergangenen Jahr verstorbenen Vaters, für das kommende Jahr plant er einen Helm mit einem geteilten Design: "Eine Seite für Jules und eine Seite für meinen Vater", so Leclerc.
Von daher bleibt ihm diesmal nicht mehr übrig, als zu versuchen, die Öffentlichkeit so gut wie möglich an Bianchi zu erinnern - etwa mit einem Tweet wie gestern, bei dem ein Foto beide in ihrer gemeinsamen Kindheit zeigt. Und ohnehin muss er sich eigentlich darauf konzentrieren, sportlich die beste Arbeit zu leisten, die möglich ist.
Sauber kämpft noch um eine bessere Platzierung in der Meisterschaft. Mit 27 Zählern liegen die Schweizer nur drei Zähler hinter Toro Rosso und acht Zähler hinter dem neuen Force-India-Entry. "Es ist nicht gegeben, dass wir hier so konkurrenzfähig sein werden wie in Sotschi", sagt Leclerc, der in Russland als Best of the Rest Siebter wurde. "Wir versuchen, so nah wie möglich an Q3 zu sein - oder drin."
Die Gründe für die Sensationssaison
Dass Sauber so einen Aufschwung hingelegt hat, ist auch Leclerc zu verdanken, der eine sensationelle Rookie-Saison hinlegt. Wer hätte gedacht, dass der Monegasse nach 16 Rennen nur sechsmal nicht in die Top 10 gefahren sein würde? Nicht einmal Leclerc selbst. "Wenn man mir am Anfang des Jahres gesagt hätte, dass wir irgendwann in der Saison um Q3 kämpfen würden, dann hätte ich das nicht geglaubt", sagt er.
Fotostrecke: Die Karriere von Jules Bianchi
Jules Bianchi wird am 3. August 1989 in Nizza geboren. Der Spross einer Rennfahrerfamilie (Großonkel Lucien gewann 1968 die 24 Stunden von Le Mans und fuhr im selben Jahr beim Formel-1-Grand-Prix von Monaco als Dritter aufs Podium) zeigt schon in jungen Jahren, dass auch er Benzin im Blut hat. Fotostrecke
Doch wie hat es Leclerc geschafft, als Rookie so gut auszusehen? "Das hat verschiedene Gründe", meint er. "Du musst zuversichtlich sein, dass du es schaffen kannst, aber du musst auch demütig sein und akzeptieren, dass du manchmal ein paar Dinge ändern und auf Leute hören musst, die schon länger im Sport sind. Ich bin für Tipps oder Änderungen immer offen. Das hilft enorm."
Auch die Aussicht auf das Ferrari-Cockpit ab 2019 werde ihn nicht grundlegend ändern, wie der Monegasse betont. "Natürlich veränderst du dich als Mensch etwas, weil du versuchst dich vor Leuten zu schützen, die plötzlich dein Freund sein wollen, weil du Erfolg hast. Aber ansonsten werde ich mich überhaupt nicht ändern", sagt er.