Kampf gegen Renault: Kevin Magnussen strotzt vor Zuversicht
Der Kampf um Platz vier wird zum brisanten Duell mit allen Mitteln: Wieso Haas-Pilot Kevin Magnussen eine offene Rechnung begleichen will und Renault gewinnen muss
(Motorsport-Total.com) - Beim Kampf zwischen Renault und Haas um Platz vier in der Konstrukteurs-WM geht es nun ans Eingemachte: Durch Romain Grosjeans sechsten Platz in Monza hatte die kleine US-Truppe den französischen Werksrennstall durch die besseren Einzelplatzierungen bereits überholt, doch dann legte Renault gegen den VF-18 Protest ein und sorgte für dessen Disqualifikation.
Dass Renault auch vor solchen Mitteln nicht zurückschreckt, motiviert Haas - nun wieder zehn Punkte zurück - zusätzlich. "Ich will das gar nicht kommentieren, weil ich es bizarr finde", sagt Haas-Teamchef Günther Steiner. "Für uns ändert sich dadurch nichts. Wir müssen jedes Rennen punkten, dann können wir Platz vier schaffen."
Interessant ist, dass sowohl Grosjean als auch Magnussen vor ihrer Zeit bei Haas für die Truppe aus Enstone fuhren. Und der Däne trennte sich nicht gerade im Guten von Renault. Dementsprechend motiviert ist er nun. "Ich kann die kommenden Rennen gar nicht mehr erwarten, und ich freue mich auf diesen Kampf", sagt Magnussen, der im kleinen US-Team mit Ferrari-Nähe so richtig aufblüht. "Natürlich würde ich den vierten Platz gerne so früh wie möglich absichern, aber ich bin sicher, dass es bis zum letzten Saisonrennen offen bleibt."
Renault: Finanzspritze winkt nur bei Erfolg gegen Haas
Es handelt sich um ein Duell David gegen Goliath: Während Haas voll auf Zulieferer angewiesen ist und daher nur 225 Mitarbeiter beschäftigt, ist die Renault-Truppe rund 700 Mitarbeiter stark. "Es mit ihnen aufzunehmen, ist natürlich schwierig, denn wir sind ein kleines Team, und sie haben mehr als doppelt so viel Budget wie wir", sieht sich Steiner auch finanziell klar im Nachteil.
Und es geht um viel: Erst wenn Renault Platz vier erreicht und beweist, dass man einen Schritt näher an die Topteams herangekommen ist, macht die Konzernleitung mehr Budget für die kommende Saison frei. Man ist also dazu verdammt, alles zu tun, um Haas das Leben so schwer zu machen.
"Es stehen noch sieben Rennen aus, und wir sehen das fast wie den Beginn einer Minisaison", sagt Renault-Geschäftsführer Cyril Abiteboul Haas den Kampf an. "Wir haben noch viele Ersatzteile, erwarten keine Gridstrafen. Haas kann sich also auf ein sehr aggressives Renault-Team gefasst machen."
Haas auf allen Strecken stark
Neben der zusätzlichen Finanzspritze, die den Franzosen bei einem Erfolg blüht, geht es um rund fünf Millionen US-Dollar der TV-Gelder. Vor allem für ein kleines Team wie Haas ist das ein entscheidender Unterschied.
Doch wer darf sich die besseren Chancen ausrechnen? Während Haas in der ersten Saisonhälfte wichtige Punkte durch verpatzte Boxenstopps und andere Pannen liegenließ, hat man sich seit dem gelungenen Kanada-Update als fleißiger Punktesammler etabliert. Eigentlich hatte der VF-18 den Ruf, nur auf Kursen mit schnellen Kurven gut zu funktionieren, aber inzwischen hat er sich als Allrounder erwiesen.
"In Kanada, wo wir das Update bekommen haben, waren wir nicht besonders schnell, aber wir waren inzwischen auf ähnlichen Strecken, und dort hat es viel besser funktioniert", bestätigt Magnussen. "Wenn wir einmal nicht Best of the Rest sind, dann fehlt nur wenig. Abgesehen von Monaco und Kanada haben wir immer aus eigener Kraft um den Einzug in Q3 gekämpft."
Renault setzt auf neuen Unterboden
Vor allem die 22 Punkte, die man in Spielberg für die Plätze vier und fünf einsackte, haben der US-Truppe einen kräftigen Schub gegeben. Dabei hatte man eigentlich erwartet, dass der Mannschaft irgendwann wegen der mangelnden finanziellen Möglichkeiten die Luft ausgehen wird. "Renault ist ein ernsthaftes Werksteam, und wir halten absolut mit ihnen mit", zeigt sich selbst Magnussen verblüfft.
Während Haas nach wie vor neue Teile ankündigt, ist man diesbezüglich auch bei Nico Hülkenbergs Team zuversichtlich. "Der neue Unterboden, den wir in Spa bekommen haben, hat gut gegriffen und gefruchtet und unsere Performance generell nach oben gebracht", bestätigt der Emmericher. Und Sainz wirft ein: "Die Chassis- und Aerodynamikabteilung arbeitet mit Vollgas, um neue Teile nach Singapur zu bringen."
Da man auf absolute Zuverlässigkeit setzt, bleibt die dritte Renault-Motorenausbaustufe, die Red Bull in Monza einbauen ließ, allerdings in der Garage. Die richtige Entscheidung? "Das wird sich weisen", deutet Sainz leise Zweifel an. "Wenn die aerodynamischen Teile funktionieren und wir dadurch Vierter werden, dann wird jeder stolz und glücklich sein. Wir müssen jedenfalls bis Saisonende mit diesem Motor leben."
Renault als Wundertüte
Der Renault-Bolide hat sich in dieser Saison immer wieder als Wundertüte erwiesen: Durch die mangelnde Motorleistung müsste das Auto eigentlich auf kurvigen Strecken gut sein, gleichzeitig gilt der Bolide als "Reifenfresser". Selbst Hülkenberg tut sich mit Prognosen schwer: "In Ungarn dachten wir eigentlich: 'Das ist unsere Strecke. Das passt zu unserem Auto'. Da haben wir gar nicht gut performt. In Monza, wo wir dachten, es würde schwierig werden, war es besser als erwartet. Ich glaube aber, dass wir in Singapur gute Möglichkeiten haben, dass wir ganz ordentlich dastehen werden."
Dass die Entwicklung des 2019er-Boliden durch den Kampf um Platz vier auf der Strecke bleibt, füchten übrigens beide Teams nicht. "Viele Dinge, die man beim diesjährigen Auto versteht, kann man auch nächstes Jahr nutzen", ist Steiner überzeugt. Und Abiteboul meint: "Wir werden das 2019er-Auto und den neuen Motor sicher nicht aufs Spiel setzen. Stattdessen geht es jetzt darum, was wir mit dem verfügbaren Paket erreichen."