Hamilton ätzt über Silverstone: "Mieseste Arbeit aller Zeiten"
Die neue Asphaltdecke wäre so schlecht, dass es einem "die Augäpfel aus dem Hirn" schüttele - Dritte DRS-Zone laut Hamilton eklatantes Sicherheitsrisiko
(Motorsport-Total.com) - Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton hat scharfe Kritik an den Organisatoren des Großbritannien-Grand-Prix in Silverstone (Formel 1 2018 live im Ticker!) und an der FIA-Rennleitung geübt. Nach den Freien Trainings am Freitag glaubt er, dass eine schlampig durchgeführte Neuasphaltierung der Strecke und die Einrichtung einer dritten DRS-Zone Sicherheitsrisiken heraufbeschworen hätten.
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Lewis Hamilton ließ es in Silverstone richtig fliegen - und hatte danach üble Schmerzen Zoom Download
Wie Hamilton farbenfroh beschreibt, sei die Bahn durch die neue Fahrbahnoberfläche nicht glatter, sondern unebener geworden. "Die Leute, die sie dafür angeheuert haben, haben die mieseste Arbeit aller Zeiten verrichtet", schimpft er. "Eine so holprige Strecke ist mir nie untergekommen." Hamilton vergleicht sie mit der Nordschleife des Nürburgrings, "aber die ist ja auch schon 100 Jahre alt."
Auf der Nordschleife kann die Königsklasse - teilweise wegen dieser Unebenheiten - nicht fahren. Hamilton ist offenbar überzeugt, dass die Formel 1 auch in Silverstone nicht mehr gut aufgehoben wäre, was weder an der Eventqualität noch dem Fanzuspruch liegt. "Es schüttelt uns die verdammten Augäpfel aus dem Hirn", mokiert er sich über die Bodenwellen, die so stark wären, dass durch Vibrationen die Sicht beeinträchtigt würde: "Wirklich, man kann kaum erkennen, wo man hinfährt."
Auch die Kommunikation mit der Box gestaltete sich im Training schwierig. "Als ich gefunkt habe, wollte ich nicht reden, weil die Leute bestimmt geglaubt hätten, ich würde mir etwas einwerfen", so Hamilton. Weil Formel-1-Autos nicht über eine Federung im klassischen Sinne verfügen, bekommen die Fahrer die Schläge zudem ungedämpft zu spüren, was mit Schmerzen verbunden ist.
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"Die Strecke ist eine der besten, weil sie körperlich herausfordernd ist", sagt Hamilton über Silverstone und erwähnt die G-Kräfte in Copse, Maggotts und Becketts - gepaart mit den Bodenwellen eine Belastung, die er über die Luftfeuchtigkeit in Singapur und die mentale Daueranspannung im Leitplanken-Dschungel Monaco stellt. "Es wird das anstrengendste Rennen", prognostiziert er.
Renault-Fahrer Carlos Sainz bemitleidet die Piloten der Motorrad-Königsklasse MotoGP, die 2018 ebenfalls noch in Silverstone antreten müssen: "Es tut mir leid für sie, weil sie um die Änderung gebeten haben und jetzt nicht das bekommen, was sie wollten." Schließlich wirken die Schläge auf zwei Rädern noch schlimmer als auf vieren - ein Grund dafür, dass einige andere Bahnen im Formel-1-Kalender eine neue Fahrbahnoberfläche erhielten, als sich die MotoGP dort ankündigte.
Fotostrecke: Formel-1-Strecken 2016: Silverstone
Nur in zwei Ländern gab es seit der Einführung der Formel 1 im Jahre 1950 in jeder Saison einen Grand Prix: in Italien und in Großbritannien. Passend, dass der zweite im "Home of British Motor Racing" einen Stammplatz gefunden hat. Die Rede ist vom Ex-Flugplatzkurs in Silverstone, der heute zu den letzten Mutstrecken im Kalender zählt. Fotostrecke
Während Hamilton auch über Geldverschwendung im finanziell nicht auf Rosen gebetteten Silverstone flucht, sorgen die Eindrücke von zwei anderen Piloten für Erstaunen: Max Verstappen und Fernando Alonso beschreiben die Bahn als "in gutem Zustand", es gäbe mehr Grip. Auf die Kritik der Kollegen angesprochen meint der Spanier: "Sie erinnern sich nicht an das Rennen im vergangenen Jahr. Es gibt noch einige Hügel, was aber an der natürlichen Beschaffenheit des Bodens liegt."
Zweiter Zankapfel ist die neu eingerichtete dritte DRS-Zone, die es möglich macht, den umgeklappten Heckflügel in den Highspeed-Kurven Abbey und Farm zu nutzen - was am Freitag dem Haas-Fahrer Romain Grosjean zum Verhängnis wurde. "Es ist nicht schwierig", sagt Hamilton über die Mutprobe, die in einem Topauto wie seinem einfacher zu bewältigen ist als in einem schlechteren.
"Irgendwie ist die Aufgabe sinnlos und eher gefährlich", findet Hamilton. Ein Vorwurf in Richtung der FIA und ihrem Rennleiter Charlie Whiting, die sich die Maßnahme ersonnen haben. Der Mercedes-Star erinnert daran, dass das DRS früher nicht nur in den dafür vorgesehenen Zonen verwendet werden durfte und moniert: "Das wurde aber abgeschafft, weil sich die Leute rausgedreht haben."
Dazu will Hamilton den Mercedes-Verantwortlichen Ron Meadows aufgefordert haben, Whiting im Briefing der Teammanager am Donnerstag zu warnen, dass es zu Unfällen kommen könnte. "Und was ist heute passiert?", fragt Hamilton. "Ich bin in das Fahrerbriefing gegangen und habe mir gedacht: 'Habe ich doch gesagt!' Das Ganze ist unnötig." Auf konträrem Kurs schippert dagegen erneut Alonso: Er findet, die dritte DRS-Zone sei toll für die Überholmöglichkeiten im Rennen.