Fast wie Nordschleife: Jet-Ritt statt Spazierfahrt für Mercedes
Das einzige, was Lewis Hamilton heute begeistern konnte, war die wilde Fahrt über ein schwieriges Silverstone, denn die Mercedes-Performance ist noch nicht spitze
(Motorsport-Total.com) - Wie ist der heutige Trainingstag in Silverstone aus Sicht von Mercedes zu bewerten? Die Silberpfeile mussten sich im zweiten Training am Nachmittag Konkurrent Sebastian Vettel (Ferrari) um knapp zwei Zehntelsekunden geschlagen geben. Allerdings geht die Tagesbestzeit trotzdem an Mercedes, weil Hamiltons Zeit von 1:27.487 Minuten am Morgen doch noch einmal knapp schneller war. Teamkollege Valtteri Bottas hatte am Ende des Tages ebenfalls seine Zeit aus der ersten Session auf der Liste und wurde mit dieser Dritter - rund drei Zehntelsekunden hinter Hamilton.
Vor allem die Reifen waren dabei im Blickpunkt. Mercedes probierte vor allem die Soft- und Medium-Reifen aus. "Die weichen Reifen fühlten sich besser an als die Medium und sie scheinen auch zu halten", sagt Hamilton. "Das ist beeindruckend, wenn man sich die Kräfte ansieht, denen sie auf dieser Strecke ausgesetzt sind."
Ganz ohne Probleme lief es jedoch nicht ab: "Wir haben die weichen Reifen heute ordentlich zum Arbeiten gebracht. Aber als die Streckentemperatur 50 Grad überstiegen hat, hatten wir ein paar Schwierigkeiten mit Überhitzung", meint Bottas, "und wir erwarten ähnliche Bedingungen für den Samstag und den Sonntag."
Enger Kampf erwartet
Fraglich ist, wer in den kommenden Tagen die Oberhand hat. Im Qualifying könnte Mercedes seine Vorteile ausspielen, im Rennen könnte jedoch Ferrari vorne liegen. Die Roten sahen bei den Longruns auf jeden Fall besser aus als Mercedes. Zwar fuhr Ferrari seine besten Runden bei besten Bedingungen, doch selbst im direkten Vergleich hatte Vettel die Nase vorn. "Ferrari ist richtig schnell. Uns erwartet ein harter Kampf", sagt Hamilton.
Das sieht auch Technikchef James Allison so: "Sollte vor dem Wochenende jemand geglaubt haben, dass dies eine Spazierfahrt für uns wird, dann wurde er heute eines Besseren belehrt", kommentiert er. Doch wie üblich werden die Teams über Nacht noch einmal zulegen können, sodass die Karten neu gemischt werden.
Im Fokus stand am heutigen Tag auch die Technik. Mercedes hat auf die Ausfälle in Spielberg reagiert und Valtteri Bottas mit einer neuen Power-Unit - seiner dritten - auf die Strecke geschickt. Auch eine neudesignte Benzinpumpe war bei den Mercedes-Teams verbaut, nachdem Lewis Hamilton in Österreich mit einem Problem stehenblieb - alle Teile hielten ohne Probleme.
Hamilton: "Beste Strecke der Welt"
Und so konnte sich Weltmeister Hamilton voll auf das Fahren konzentrieren - und hatte eine Menge Spaß. Laut ihm ist Silverstone so schnell wie nie zuvor: "Wir fahren mit Vollgas durch Copse, Kurve eins und Kurve zwei - und das mit DRS. Das ist einfach wahnsinnig schnell", freut er sich. Und durch die zahlreichen Bodenwellen fühlt er sich fast an die Nürburgring-Nordschleife erinnert. "Es fühlt sich an, als ob man in einem Kampfjet um die Strecke fährt", lacht er und meint: "Das muss einfach die beste Strecke auf der Welt sein."
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Der allererste Grand Prix der allerersten Formel-1-Weltmeisterschaft wird am 13. Mai 1950 in Silverstone ausgetragen. Die Strecke wird nach dem Zweiten Weltkrieg auf einem ehemaligen Militär-Flughafen errichtet. Ehrenhalber wird dieser erste Event einer Formel-1-WM auch als Grand Prix von Europa bezeichnet und sogar die Königsfamilie ist zu Besuch da. Fotostrecke
Valtteri Bottas sieht das Thema etwas pragmatischer. Ihm ist lediglich aufgefallen, dass der Asphalt mehr Grip aber auch mehr Bodenwellen bietet. "Zum Glück scheint das unsere Performance nicht zu beeinflussen, nur die schnellen Kurven 9 oder 13 sind dadurch etwas kniffliger", meint der Finne. "Es ist aber kein großes Problem, da wir durch den neuen Asphalt mehr Haftung haben."
Das könnte am Sonntag jedoch noch einmal für Probleme sorgen. Es soll ziemlich heiß werden, sodass Auto und Fahrer an die Grenzen kommen. "Uns erwartet ein harter Kampf und wir müssen mit den Reifen auf einer sehr anspruchsvollen Strecke bei hohen Temperaturen richtig umgehen", sagt Allison. Und auch Hamilton meint: "Bei den Geschwindigkeiten, die wir heutzutage fahren, und den G-Kräften, die auf uns einwirken, wird das wohl das anstrengendste Rennen des Jahres."