FIA gibt zu: Vettel-Strafe hätte härter sein können
Nur die härteste Strafe aus dem Katalog hätte Sebastian Vettel in Le Castellet wehgetan - Lewis Hamilton forsch: "Eines viermaligen Weltmeisters nicht würdig"
(Motorsport-Total.com) - Die Kritik des Mercedes-Teams an der Fünf-Sekunden-Strafe für Sebastian Vettel hallt auch am Tag nach dem Grand Prix von Frankreich nach. Aufsichtsratschef Niki Lauda hatte sich nach dem Rennen in Le Castellet darüber geärgert, dass Vettel als Unfallverursacher mehr Punkte holte als Valtteri Bottas. Eben weil die Strafe seiner Meinung nach nicht hart genug war.
Die FIA räumt ein, dass die Fünf-Sekunden-Strafe nicht die härteste Variante war: "Die Kommissare hatten vier Möglichkeiten", erklärt Rennleiter Charlie Whiting und zählt diese auf: fünf Sekunden, zehn Sekunden, eine Durchfahrtstrafe oder zehn Sekunden Stop & Go. "Sie haben sich für fünf Sekunden entschieden, in Übereinstimmung mit vergleichbaren Präzedenzfällen."
Dass Vettel im Nachklapp letztendlich vor Bottas ins Ziel kam, konnten die Kommissare nicht ahnen. Whiting räumt ein: "Wenn man die Auswirkungen des Unfalls betrachtet, dann könnte man die Situation auch anders bewerten. Aber das ist nicht die Aufgabe der Kommissare." Die bestrafen nämlich nur das, was passiert ist, und nicht das, was sich nachher daraus entwickelt.
Zehn statt fünf Sekunden Strafe hätten für Vettel übrigens nichts an Platz fünf geändert. Selbst mit einer Durchfahrtstrafe wäre er aller Wahrscheinlichkeit nach Fünfter geblieben. Nur die Stop & Go hätte ihn vermutlich auf Rang acht zurückgeworfen. Hinter Bottas.
Zu lasch bestraft?
Sieger Lewis Hamilton hat Verständnis für den Unmut in seinem Team: "Du bereitest dich das ganze Wochenende vor und wirst in der ersten Kurve aus dem Rennen genommen. Und dann landet der andere auch noch vor dir!"
"Es ist wie wenn du auf der Straße zu schnell fährst und die Polizei dich aufhält. Du hast das Gesetz gebrochen, aber dann lassen sie dich laufen. Das ist für eine Team-Meisterschaft ziemlich teuer. Wir haben viele wertvolle Punkte verloren. Ferrari sollte nicht mehr Punkte holen als wir", findet er.
Denn Vettels Verhalten am Start sei "eines viermaligen Weltmeisters nicht würdig" gewesen, kritisiert Hamilton bei 'Sky Sports F1': "Wir hatten alle einen irren Speed drauf, und er war eine Zeit lang wirklich nah an mir dran. Er hatte eine bessere Sicht als ich. Ich habe in meine Spiegel geschaut, aber er konnte sehen, wann ich bremse. Er musste natürlich lupfen, und ich weiß nicht, was dann passiert ist."
Hamilton ergreift für Bottas Partei
"Valtteri war weit vorne und hat das gut gemacht, war außen. Er hat ihm viel Platz gelassen. Es sieht so aus, als würde sich Sebastian zurückfallen lassen und gut in die Kurve kommen - aber dann ist er gerade in ihn reingefahren! Vielleicht hat er Abtrieb verloren. Ich bin mir nicht sicher", so Hamilton.
"Für Valtteri", sieht der Ferrari-Fahrer ein, "war es natürlich eine sehr schlechte Situation, denn das hat sein Rennen kaputt gemacht, obwohl er selbst nichts damit zu tun hatte. Also bin ich nach dem Rennen zu ihm gegangen." So, wie Vettel nach Schanghai Max Verstappens Blackout verziehen hat, hofft er nun auch, dass man ihm verzeiht.
Vettel: Start war zu gut
Denn seiner Meinung nach hätte er die Kollision nicht verhindern können. "Außer mit einem schlechteren Start", sagt Vettel. "Dann wäre ich nicht in dieser Position gewesen. Im Auto hatte ich nicht das Gefühl, dass ich wahnsinnig viel anders hätte machen können. Ich habe ja versucht, es zu verhindern."
"Natürlich steigst du nicht 200 Meter vor der Kurve auf die Bremse, denn du willst ja nicht Plätze herschenken. Aber ehrlich gesagt habe ich zuerst gar nicht attackiert. Ich hatte Valtteri auf dem Schirm, ich sah sogar Max und wollte außen fahren, weil ich eingeklemmt war. Aber offensichtlich hat das nicht gereicht", analysiert Vettel und winkt ab: "Passiert halt dann und wann."
Auch wenn Bottas letztendlich vom Rennverlauf härter bestraft wurde: Vettel hat sich mit der Kollision ins eigene Fleisch geschnitten. Statt Erzrivale Hamilton zu jagen, wurde er nur Fünfter - und verlor die WM-Führung. Nach Österreich kommt er nun mit 14 Punkten Rückstand auf den Mercedes-Piloten.