• 24. Juni 2018 · 17:43 Uhr

Formel 1 Frankreich 2018: Blackout kostet Vettel WM-Führung

Lewis Hamilton feiert in Le Castellet einen souveränen Start-Ziel-Sieg vor Max Verstappen - Sebastian Vettel verteidigt sich nach Kollision in der ersten Kurve

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel hat beim Grand Prix von Frankreich in Le Castellet eine Startkollision verursacht und dadurch die WM-Führung wieder verloren. Denn während der Ferrari-Pilot als Fünfter ins Ziel kam, gewann sein großer Rivale Lewis Hamilton (Mercedes) das unerwartet actionreiche Rennen auf dem Circuit Paul Ricard souverän vor Max Verstappen (Red Bull) und Kimi Räikkönen (Ferrari).

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Lewis Hamilton jubelt über den Sieg in Le Castellet, vor Verstappen und Räikkönen Zoom Download

Vettel hatte sich dieses Ergebnis selbst zuzuschreiben, und das sahen auch die Rennkommissare so, die ihn mit einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe belegten. Der Deutsche hatte vom dritten Platz aus einen sauberen Start erwischt und ließ sich von Hamilton in Richtung erster Kurve ziehen, lag sogar schon vor Bottas. Dann aber bremste er früher - und versuchte trotzdem das Manöver gegen den Finnen.

Nach dem Crash humpelte Vettel mit lädierter Frontpartie an die Box zurück, Bottas mit Reifenschaden links hinten. Dass Vettel danach noch einem Haas einen Schubser gab, fiel den Kommissaren offenbar gar nicht mehr auf. "Ich wurde bestraft, es war mein Fehler", bittet er um Gnade.

Dass die fünf Sekunden, die er beim zweiten Boxenstopp absitzen musste, gerechtfertigt waren, steht außer Frage: "Die Strafe hatte ihre Berechtigung. Er hat den Unfall verursacht", analysiert 'ORF'-Experte Alexander Wurz. Vettel sieht aber durch den Windschatten von Hamilton mildernde Umstände: "Wenn man so nahe an einem anderen Auto ist, hat man plötzlich gar keinen Grip mehr."

Mercedes wieder auf der Siegerstraße

Es war in diesem Rennen das einzige Mal, dass Hamilton jemanden so nahe hinter sich hatte. Nachdem sich mit Bottas und Vettel seine beiden schärfsten Konkurrenten aus dem Rennen genommen hatten, war Max Verstappen sein einzig verbliebener Gegner. Am Ende betrug der Vorsprung 7,1 Sekunden. "Ist gut gelaufen", freut sich Mercedes-Teamchef Toto Wolff.

Für Hamilton war in Frankreich der neue Spec-2.1-Motor für den Formaufschwung verantwortlich: "Es war toll, diesen frischen Motor zu haben", strahlt er. "Damit sind wir wieder auf Augenhöhe mit all den anderen Jungs, die ihre frischen Motoren schon hatten." Sein Dank gilt der Belegschaft in der Motorenfabrik in Brixworth: "Die bauen den besten Motor der Formel 1!"

Verstappen war letztendlich kein ernstzunehmender Gegner. Zwar konnte er nach dem einzigen Boxenstopp (von Supersoft auf Soft) den Rückstand vorübergehend auf vier Sekunden verkürzen, aber Hamilton hatte die Situation stets unter Kontrolle. "Lewis hatte das im Griff", weiß Verstappen. "Das konnte ich sehen, daher habe ich mich auf mein eigenes Rennen konzentriert."

Ricciardo: Pech mit den Flügeln

Teamkollege Daniel Ricciardo, mit steiler eingestellten Flügeln gestartet, fuhr lange auf Podiumskurs. Und wer weiß, wie sich das Rennen entwickelt hätte, wenn es der angekündigte Regen (60 Prozent Wahrscheinlichkeit) wirklich gekommen wäre. Im Nachhinein betrachtet ist es eine Ironie des Schicksals, dass ihm ausgerechnet seine Flügel zum Verhängnis wurden.

Vor seinem Boxenstopp holte Ricciardo auf Verstappen auf und schüttelte Räikkönen immer weiter ab. "Aber als ich an die Box kam, sagten sie mir, dass mein Frontflügel vorne links beschädigt war." Damit nicht genug: Ein paar Runden später flog auch der Flap auf der rechten Seite weg. "Dadurch hat mir viel Anpressdruck gefehlt", seufzt der Australier.

So war er Kanonenfutter für Räikkönen, der durch einen langen ersten Stint die Möglichkeit hatte, statt auf Soft auf Supersoft zu wechseln. Räikkönen durfte in Runde 39 mit Reifenvorteil Vettel überholen, hatte zu dem Zeitpunkt aber noch 8,9 Sekunden Rückstand auf Ricciardo. Das Überholmanöver in Runde 47 verlief relativ schmerzfrei.

Fehlerhafte Vorstellung von Räikkönen

Räikkönen hätte eigentlich schon beim Startchaos einer der großen Gewinner sein können, aber wie schon im Qualifying beraubte er sich selbst seiner Chancen: "Ich blieb außen. Das war der falsche Weg. Ich hätte innen bleiben sollen." So fiel er auf Platz sieben zurück, während Verstappen schlauer war, abkürzte, Hamilton die Führung zurückgab und als Zweiter aus der ersten Runde kam.

Weiter hinten stellten Vettel und Bottas fest, dass ihr Plan, mit einem frühen Boxenstopp bis zum Ende durchzufahren, zu kühn war. Während der Schlussspurt auf Ultrasoft für Vettel auf Platz fünf endete, ging bei Bottas wieder mal was schief. Diesmal rutschte sein Mercedes beim Reifenwechsel vom Wagenheber. Hinter Kevin Magnussen (Haas) war Endstation: auf P7.

Was die TV-Zuschauer nicht wissen konnten: Während Vettel durch das Feld pflügte, tat sich Bottas auch deswegen so schwer, weil sein Unterboden schwer in Mitleidenschaft gezogen war. Laut Teamchef Wolff war die Spur verzogen, damit die Balance im Eimer - und obendrein fehlte auch noch Anpressdruck.

Dramatisches Ende für Sainz

Eigentlich hätte Carlos Sainz (Renault) Sechster werden sollen, doch kurz vor Rennende meldete der Spanier plötzlich einen dramatischen Leistungsverlust. Nur das virtuelle Safety-Car wegen des Ausfalls von Williams-Fahrer Lance Stroll (Reifenschaden nach Bremsplatten) rettete ihm zumindest den achten Platz. Dabei war Sainz nach dem Start sensationell auf Platz drei gelegen.

Nico Hülkenberg bot in einem actionreichen Rennen eine routinierte, aber unauffällige Vorstellung. Beim Boxenstopp 19 Runden vor Schluss wechselte er auf Ultrasoft - und witterte noch einmal die Chance, sich von P10 nach vorne zu orientieren. Letztendlich wurde er Neunter, hatte aber auch das einem glücklichen Umstand zu verdanken.

Denn vor ihm matchte sich Qualifying-Sensation Charles Leclerc (Sauber) mit Magnussen. Leclerc aktivierte sein DRS, attackierte in Kurve 1 - und rutschte in Kurve 2 von der Ideallinie. "Da zog Nico durch. Das ärgert mich, aber aus solchen Fehlern muss ich lernen", sagt der Sauber-Rookie nach seinem vierten Top-10-Ergebnis in den letzten fünf Rennen.

Fiasko für das Franzosen-Trio

Der Monegasse rettete die Ehre der Lokalhelden in Le Castellet. Esteban Ocon (Force India) und Pierre Gasly (Toro Rosso) schoben sich in der ersten Runde aus dem Rennen. Ocon merkte später an, dass er zuvor schon von Romain Grosjean (Haas) abgeschossen worden war - und sowieso nicht ins Ziel gekommen wäre. Grosjean wurde Elfter, verpasste einen Punkt um 13,6 Sekunden.

Und Fernando Alonso? Eine Woche nach seinem grandiosen Le-Mans-Sieg holte ihn diesmal in Frankreich die Realität der Formel 1 ein. Nach dem Q1-Aus am Samstag drehte er sich im Rennen nach Beinahe-Kollision mit Vettel. Später funkte er entnervt: "Ich habe keine Bremsen, ich habe keine Reifen, ich habe keine Punkte. Es ist mir egal, wie das Rennen endet." Es wurde Platz 16.

Weiter geht's schon in einer Woche mit dem Grand Prix von Österreich in Spielberg. Nach acht von 21 Rennen führt Hamilton in der Fahrer-WM 14 Punkte vor Vettel und 49 vor Ricciardo. Bei den Konstrukteuren liegt Mercedes (237) vor Ferrari (214) und Red Bull (164). Das Williams-Team bleibt mit nur vier Punkten Schlusslicht.

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