Motor oder doch Reifen: Wo liegt Mercedes' Erfolgsschlüssel?
Mercedes konnte sich auf dominante Weise die erste Startreihe in Le Castellet sichern, doch ob der neue Motor das Geheimnis war, da sind sich nicht alle sicher
(Motorsport-Total.com) - "Wir sind zurück", warnt Niki Lauda nach dem Qualifying in Le Castellet. Mercedes hat vor dem Wochenende endlich die neue Motoren-Ausbaustufe 2.1 gebracht und sich damit in eine gute Ausgangslage gebracht. Lewis Hamilton und Valtteri Bottas konnten ihre zusätzliche Leistung gut nutzen und sich die ersten beiden Positionen in der Startaufstellung sichern.
Mit 1:30.029 Minuten war der amtierende Weltmeister der schnellste Mann und 0,118 Sekunden schneller als Bottas. WM-Rivale Sebastian Vettel musste sich hingegen mit Rang drei begnügen - sein Rückstand auf die Pole-Position betrug 0,371 Sekunden. "Es war eine gute Qualifying-Session", fasst Hamilton zufrieden zusammen. "Eigentlich war es sogar ziemlich simpel", sagt der Weltmeister.
Abgesehen von Q3, wo es etwas besser hätte laufen können, liefen alle Abschnitte für ihn problemlos. "Ich bin wirklich, wirklich glücklich über die Pole. Daran haben wir so lange gearbeitet, und wir hatten den Druck, wenn man sieht, wie eng es zwischen uns ist", spielt er auf die vergangenen Rennen an.
In Le Castellet könnte das Unterfangen jedoch etwas leichter werden. Hamiltons Pole schien nie gefährdet zu sein - außer von seinem Teamkollegen, der kurz vor Schluss die Bestzeit inne hatte. Doch Hamilton konnte zurückschlagen. "Wenn Lewis seine Runde noch beenden muss, kann man nie sicher sein", schmunzelt Bottas über die verpasste Pole. Er fühlte die ganze Zeit, dass er im Aufholmodus war, seit er im zweiten Training aufgrund eines Wasserlecks Zeit verlor.
Lob für neuen Motor
"Ich habe Versuch für Versuch noch etwas gefunden. Es war am Ende in Ordnung - nicht ganz perfekt, aber genug für die erste Reihe", so der Finne. "Das Team hat das ganze Wochenende über fantastische Arbeit geleistet, und jedes einzelne Upgrade hat das Auto besser gemacht - inklusive des Motors." Apropos Motor: Der Stand heute natürlich im Blickpunkt und wurde nach dem Qualifying gelobt.
"Er fühlt sich sehr gut, sehr frisch und kraftvoll an", meint Bottas. "Das Team hat unglaubliche Arbeit geleistet, und hoffentlich können wir morgen beweisen, dass er gut ist." Dabei geht es nicht nur darum, dass das Aggregat zwei Zehntelsekunden pro Runde bringen soll. Laut Motorsportchef Toto Wolff gebe es auch einen spürbaren Unterschied zwischen einem neuen Aggregat und einem, das bereits sieben Rennen auf dem Buckel hat.
Von daher will Hamilton das Upgrade nicht überbewerten. Zu Zeiten der V6-Aggregate seien Verbesserungen marginal, ihm ist es nur wichtig, dass er einen frischen Motor im Heck hat. Der Motor sei daher nicht der alleinige Grund, wieso Mercedes die erste Startreihe gebucht hat - und mit dieser Meinung steht er nicht alleine da.
Horner: Mercedes im Rennen über alle Berge
Laut Alexander Wurz, der mit Williams ebenfalls das neue Aggregat hat, sieht den Motor zwar in Fahrbarkeit und Leistung etwas besser, aber nicht dramatisch: "Die Pole-Position von Mercedes kommt ausschließlich, weil das Auto sich hier sehr wohlfühlt - ähnlich wie in Barcelona. Man hat hier keine Probleme, die Vorderachse auf Temperatur zu bekommen. Die Aerodynamik ist auf dieser Strecke extrem stabil. Dort liegt die Pole-Position, nicht in der Motorenausbaustufe", glaubt der Österreicher bei 'ORF'.
Christian Horner, Teamchef bei Red Bull, sieht auch eher in den Reifen das Geheimnis des Erfolges. Schon beim letzten Mal in Barcelona, als Pirelli dünnere Reifen brachte, waren die Silberpfeile dominant. "Diese Reifen passen auf diesem Belag perfekt zu ihrem Auto", sagt der Brite und fürchtet: "Ich glaube, Mercedes ist in diesem Rennen über alle Berge. Solange sie es nicht selbst verhauen, sind sie in ziemlich guter Form."
Selbst bei Mercedes selbst herrscht nach der Enttäuschung von Kanada Zuversicht: "Im Moment sieht für das Rennen morgen alles richtig aus", sagt Niki Lauda. Mercedes startet von eins und zwei, auf dem Kurs ist die Gefahr von Überholmanövern und Ausfällen nicht so groß, und der größte Konkurrent Sebastian Vettel startet dahinter mit den ungeliebteren Ultrasoft-Reifen. Zwar könnte er davon zu Beginn profitieren, langfristig könnte das aber in die Karten von Silber spielen.