• 22. Juni 2018 · 23:21 Uhr

Verkehrschaos in Le Castellet: Grosjean legt sich mit Polizei an

Haas-Pilot Romain Grosjean ärgert sich über die franzözische Polizei, Force India muss Meeting aufgrund des Staus absagen: Chaos auf den Straßen in Le Castellet

(Motorsport-Total.com) - Das Problem ist bekannt: Wollen große Menschenmengen gleichzeitig an einen gezielten Ort, der die infrastrukturellen Voraussetzungen nicht bietet, sind Staus und Verspätungen die logischen Konsequenzen. Auch beim Grand Prix in Österreich oder Belgien werden verschlafene Dörfer plötzlich von tausenden Menschen belagert, beim Comeback des Rennens in Frankreich scheint die örtliche Exekutive allerdings schon am Freitag mit den Autokolonnen überfordert zu sein. Unzählige Beschwerden waren auf Sozialen Netzwerken zu lesen, selbst Teams und Piloten kamen in Staus und wurden obendrein von Polizisten zurückgewiesen. Lokalmatador Romain Grosjean ist besonders enttäuscht.

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Kilometerlange Schlagen haben sich bei der An- und Abreise in Le Castellet gebildet Zoom Download

Der Haas-Pilot war am Vormittag auf dem Weg zur Rennstrecke in den Stau geraten. Grosjean erklärt nach dem zweiten Freien Training, dass auch er als Rennfahrer keine Sonderbehandlung auf den örtlichen Zufahrtsstraßen genießt - im Gegenteil. "Es ist nicht einfacher. Weil es den Polizisten, ich zitiere, 'völlig egal ist', ob man ein Rennfahrer ist oder nicht."

Konkret hat sich am Freitagvormittag folgendes zugetragen: "Ich war mit Sebastian Vettel unterwegs, wir wurden von Polizisten beim Stoppschild aufgehalten. Wir haben angehalten und danach wollten wir einfach weiterfahren, sie haben uns aber nicht weiterfahren lassen. Ich habe ihnen erklärt, dass wir Rennfahrer seien und es ohne Piloten keine Show gibt", schildert der Franzose. Ironischer Nachsatz: "Uns wurde nur freundlich gesagt, dass das egal sei."

Veranstalter reagiert auf Twitter

Grosjean hat die Situation schließlich wie ein echter Rennfahrer gelöst: "Wir sind dann einfach aufs Gas gestiegen. Sie waren zu Fuß unterwegs." Der Siebtplatzierte vom Freitag zeigt sich enttäuscht und überrascht, immerhin war er mit seinem Ausweis und in Teamkleidung unterwegs. Diese Geschichte ist aber nur ein Beispiel von vielen. Das Grundproblem liegt auf der Hand: Insgesamt gibt es nur vier Zufahrtsstraßen zu der Rennstrecke auf dem Hochplateau. Zwei davon wurden für Sicherheitskräfte und das Teampersonal gesperrt, zwei blieben schließlich für die Fanmassen übrig.

Besonders stark war der Ansturm zwischen 10 und 13 Uhr, da alle Fans spätestens zum zweiten Freien Training um 16 Uhr auf den Tribünen Platz nehmen wollten. Besonders haarig wurde es auf den letzten Kilometern, aber selbst aus der nächstgrößeren Stadt Marseille, die etwa 40 Kilometer entfernt liegt, brauchten einige Zuschauer mehr als fünf Stunden mit dem Auto, wie 'auto motor und sport' berichtet.

Auch viele Journalisten, ORF-Kommentator Ernst Hausleitner machte seinem Ärger auf Twitter bereits Luft, und Teampersonal hatte Mühe und wurde auf eine Geduldsprobe gestellt. "Heute Vormittag war die Anreise eine Herausforderung. Für zehn Meilen (umgerechnet rund 16 Kilometer; Anm. d. Red.) haben wir zwei Stunden gebraucht. Das war lächerlich", poltert auch Force-India-Sportdirektor Otmar Szafnauer.

Force India muss Meeting absagen

"Er hat in zweieinhalb Stunden sieben Kilometer geschafft."Szafnauer über seinen Gast
Das Verkehrschaos hatte aber noch weitere Auswirkungen auf die Mannschaft. "Wir hatten einen Gast eingeladen, mit dem ich mich treffen sollte. Er schaffte es nicht zu dem Meeting", erzählt Szafnauer. "Er musste umdrehen und zum Flughafen zurück. Er hat mich angerufen und sich entschuldigt, er hat in zweieinhalb Stunden sieben Kilometer geschafft und musste um 5 Uhr seinen Flug erwischen." Auch viele Fans gaben die Hoffnung nach stundenlanger Warterei auf und verzichteten trotz gültigen Tickets auf die Freien Trainings.

Kein Problem hatten hingegen die Formel-1-Rechteinhaber von Liberty Media. Chase Carey tat den organisatorischen Fauxpas ab, doch Szafnauer wirft süffisant ein: "Die Entscheidungsträger gastieren sehr nahe an der Strecke ..." Denn direkt neben der Rennstrecke liegen zwei Luxus-Hotels, die für normale Racing-Fans nicht erschwinglich sind. Aus Fansicht könne der Verantwortliche daher verstehen, wenn sich Menschen nach dieser Odyssee von der Formel 1 abwenden.

"Mir macht es ja nichts aus, ob ich zwei Stunden für zehn Meilen brauche, irgendwie komme ich schon an. Wäre ich aber ein Fan, dann würde ich wohl zweimal überlegen, das ist das Problem. Für mich ist es kein Problem, das ist mein Job. Aber die Fans haben eine Wahl und sie werden sich vielleicht Events aussuchen, wo man nicht zweieinhalb Stunden für sieben Kilometer braucht." Ursprünglich hat man die Zuschauerzahl bereits auf 65.000 Menschen am Rennwochenende verknappt, damit kein großes Chaos aufkommt, anscheinend hat die Maßnahme aber nicht den gewünschten Effekt gebracht.


Fotos: Grand Prix von Frankreich


Bereits am Freitagnachmittag wurde ein Notfallplan installiert. Wie die FIA bekannt gegeben hat, konnten sich die Organisatoren und die lokalen Behörden darauf verständigen, dass man am Samstag und Sonntag alle Parkplätze bereits um 6:30 Uhr gleichzeitig öffnen werde (25.000 Parkplätze insgesamt). Außerdem werden die Straßen im unmittelbaren Umfeld temporär auf beiden Spuren befahrbar sein. Ob diese Maßnahmen Abhilfe schaffen, wird sich zeigen. Auch am Freitagabend bildeten sich wieder lange Schlagen von den Parkplätzen weg auf die Straßen.

Auf dem offiziellen Twitter-Account des Veranstalters sollen die Fans am Samstag und Sonntag über die Verkehrslage informiert werden. In einem kurzen Statement heißt es dort am Freitagabend: "Der erste Tag des Grand Prix hat bereits die außerordentliche Beliebtheit des Events zur Schau gestellt, fast 30.000 Zuschauer waren an der Rennstrecke präsent. Der massive Zustrom der Autos hat allerdings zu temporären Überlastungen der Straßen geführt. Am späteren Abend konnte die Situation aber teilweise aufgelöst werden. Dennoch war das für diejenigen, die in Staus verwickelt waren, inakzeptabel." Für die folgenden Tage werden Verbesserungen versprochen.

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