• 22. Juni 2018 · 23:29 Uhr

Anfrage an FIA: Fahrer fordern Entfernung der Mistral-Schikane

Warum die Piloten FIA-Rennleiter Charlie Whiting um die Entfernung der Schikane auf der Gegengeraden gebeten haben und wie das Urteil über Le Castellet ausfällt

(Motorsport-Total.com) - Die Schikane auf der Gegengeraden in Le Castellet ist einigen Piloten ein Dorn im Auge: Sie würden sie gerne so schnell wie möglich loswerden. FIA-Rennleiter Charlie Whiting ist darüber bereits informiert. "Ich mag die Strecke auf jeden Fall lieber ohne dieser Schikane", stellt Toro-Rosso-Pilot Brendon Hartley klar. "Es handelt sich nicht nur um die ursprüngliche Streckenführung, sondern würde wohl auch mehr Überholmanöver ermöglichen. Ich glaube nicht, dass das bis morgen passieren wird, aber es würde die Sache interessanter machen."

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Die Schikane auf der Mistral-Geraden sorgt nicht gerade für Begeisterung Zoom Download

Was der Neuseeländer damit anspricht, ist klar: Die Schikane macht es nicht nur wegen der schwer zu erkennenden Einlenkpunkte schwierig, einen Konkurrenten auszubremsen, die Boliden würden ohne das Eck auch auf weniger Abtrieb getrimmt sein. Das würde den Kurs anspruchsvoller machen und zu mehr Fahrfehlern führen, was wiederum das Überholen erleichtern würde.

"Wir hätten dann weniger Abrieb, wodurch auch Kurve 10 eher zu einer Kurve werden würde", spielt er auf die in den 1980er-Jahren als Mutprobe geltende Signes-Kurve an, die mit dem aktuellen Layout locker voll geht. "Wir haben Charlie darum gebeten", verweist Whiting auf eine potenzielle Entfernung der Schikane. Und nennt das Baku-Layout, das die Teams ebenfalls dazu zwingt, wegen der langen Geraden mit wenig Abtrieb zu fahren, als Argument.

Wäre eine Abschaffung der Schikane ein Sicherheitsrisiko?

"Das bislang beste Saisonrennen war Baku, und alle Strecken sollten in diese Richtung gehen", sagt der Force-India-Pilot. " Dann passieren mehr Fehler." Die Wahrscheinlichkeit, dass die FIA tatsächlich über Nacht das Streckenlayout ändert und damit dem Wunsch der Fahrer nachkommt, ist aber gleich Null.

Der Kurs wurde von der FIA für die Formel 1 bereits in der aktuellen Form abgesegnet, jegliche Änderung wäre also ein Verstoß gegen die Regeln, da die Teams ihre Boliden bereits für die Streckenführung mit der Schikane vorbereitet haben. Aber wäre eine Streichung der Schikane, wodurch die 1,8 Kilometer lange Mistral-Gerade in einem Stück gefahren werden würde, ein Sicherheitsrisiko?

Wohl kaum, denn die Höchstgeschwindigkeit am Ende der Geraden würde nicht massiv ansteigen, da die Boliden auch so mit mehr als 300 km/h bei der Signes-Kurve ankommen. Und die 50 Meter lange Auslaufzone sollte locker ausreichen. Zudem hätte ein Unfall, wie er 1982 zwischen Jochen Mass und Mauro Baldi passierte, als der Deutsche in die Zuschauerränge flog, dieses Jahr nicht mehr möglich sein, denn der Bereich ist ohnehin für Besucher gesperrt.

Boxeneinfahrt - und ausfahrt in der Kritik

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Die Boxenausfahrt liegt in Le Castellet direkt auf der Ideallinie Zoom Download

"Vielleicht kann man ja für nächstes Jahr was machen", meint Hartley. In einem anderen Bereich gab es bereits eine Änderung: bei der Boxeneinfahrt. Das Tempolimit wurde von 80 auf 60 km/h herabgesetzt. "Das liegt daran, dass die Einfahrt wirklich unsicher ist", erklärt Perez. Das hätte sonst vor allem für die Mercedes-Crew, die in der ersten Box untergebracht ist, böse Folgen haben können: "Man sieht gar nichts bei der Einfahrt und könnte einen Mechaniker oder ein Auto erwischen."

Aber auch die Boxenausfahrt ist heikel, denn da die erste Kurve nach links geht, befindet man sich sofort mitten auf der Ideallinie. "Der Geschwindigkeitsunterschied ist enorm", warnt Perez. "Während Autos mit 60 km/h aus der Box kommen, nahen andere mit 300 km/h heran. Charlies Möglichkeiten sind sehr begrenzt, wenn es darum geht, bis Samstag eine Lösung zu finden, aber wenn es eine Regel gibt, dann werden im Qualifying alle besser aufpassen."

Le-Castellet-Kurs fordert die Piloten

Aber was halten die Fahrer sonst vom einzigen neuen Kurs im diesjährigen Saisonkalender, der vor allem durch seine großflächigen Auslaufzonen mit den blauen und roten Linien und den unterschiedlichen Layout-Möglichkeiten auffällt? "Das macht mehr Spaß als erwartet", stellt Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo dem Kurs ein positives Zeugnis aus. "Klar verliert der Ort an Charakter, weil hier alles so weit weg ist, aber das Layout ist gut."

Renault-Pilot Nico Hülkenberg fühlt sich an Barcelona erinnert: "Der Kurs ist sehr flüssig, die Kurven sind langgezogen und man muss manchmal sehr lange auf den Scheitelpunkt warten." Ferrari-Pilot Sebastian Vettel hält den Circuit Paul Ricard zwar "nicht für die spannendste Strecke", dennoch hat auch er bereits einige Tücken ausgemacht.

Das liegt daran, dass die kurvigen Passagen unterschiedliche Linienführungen zulassen: "In der Passage von Kurve 3 bis 5 ist es schwierige, eine sauber Linie zu finden, und in den Kurven 11 und 12 gibt es überhaupt viele mögliche Linien. Nach der Kurve weiß man genau, welche die schnellste war - aber vielleicht war es nicht die, die man genommen hat. Es ist schwierig, das Timing hinzubekommen. Es handelt sich also um eine Strecke, auf der der Fahrer den Unterschied machen kann."

Mangelnde Anhaltspunkte als Herausforderung

Auch die mangelnden Anhaltspunkte auf dem ebenen Kurs mit den vielen Varianten machen es den Piloten schwer. "Es ist schwer zu sagen, wo man sich gerade befindet", fällt Bestzeithalter Lewis Hamilton auf. " Es gibt einige Stellen, zum Beispiel auf der Gegengeraden, an denen man die Kurve richtiggehend suchen muss - sie ist richtig schwer zu erkennen."

Das führt schon mal dazu, dass ein Pilot zu früh einlenkt und dann merkt, dass er sich für die falsche Streckenvariante entschieden hat. "Diese vielen Linien können einen schon verwirren", gibt Ricciardo zu. "Vor allem, wenn man langsam fährt und nicht konzentriert ist."

Die Gefahr, dass die Piloten die Asphaltauslaufzonen in ihre Linienwahl miteinbeziehen, scheint sich aber nicht zu bewahrheiten. "Die Randsteine sind hier aggressiver als auf anderen Strecken", fällt Hülkenberg auf. "Man ist also dadurch nicht schneller."

Kann man in Le Castellet überholen?

Dafür sind die Piloten durch die Asphalt-Ausbesserungen gezwungen, ihre Linie an die unterschiedlichen Gripniveaus anzupassen. "Das fühlt sich seltsam an, den man wechselt vom normalen Belag auf den Belag, der viel Grip bietet", erklärt Hülkenberg. Und Haas-Pilot Kevin Magnussen wirft ein: "Man muss sich merken, wo die Stellen sind."

Bleibt die Frage, ob man auf dem Circuit Paul Ricard überholen kann. "Wenn man 1,5 Sekunden pro Runde schneller ist als der Vordermann, sollte es möglich sein", glaubt der Däne. "Es wird also nicht leicht, aber auch nicht unmöglich." Ähnlich sieht das Ricciardo: "Ich bin am Ende einem Williams nachgefahren, und obwohl wir schneller sind, glaube ich, dass es ein paar Stellen gibt, wo man überholen kann. Ich bleibe zuversichtlich."

Williams-Pilot Sergei Sirotkin ist hingegen eher skeptisch: "Um auf der Gegengeraden zu überholen, muss man nah an den Vordermann heranfahren, was schwierig ist. Und um vor der ersten Kurve zu überholen, muss man nach all den schnellen Kurven im dritten Sektor nah dran sein, was sogar noch schwierig ist."

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