• 27. Mai 2018 · 10:00 Uhr

Williams-Team: Speed wird besser, Stimmung schlechter

Während Sergei Sirotkin ein starkes Monaco-Wochenende fährt, liegen bei Lance Stroll zunehmend die Nerven blank, wie sein Boxenfunk beweist

(Motorsport-Total.com) - Das Williams-Team hat im Qualifying zum Grand Prix von Monaco (Formel 1 2018 live im Ticker) mit Sergei Sirotkin auf Platz 13 ein kleines Erfolgserlebnis verbucht. Auf der anderen Seite der Box, bei Lance Stroll, wird die Stimmung hingegen zunehmend schlechter. Das war am Samstag am Boxenfunk nicht mehr zu überhören.

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Sergei Sirotkin hatte sich trotz Q2 mehr vom Qualifying versprochen Zoom Download

Stroll, das ganze Wochenende deutlich langsamer als sein Teamkollege, meckerte in Q1 zuerst über die "fucking" Kopfstütze, die sich gelöst hatte. Technikchef Paddy Lowe erklärt: "Die ist normalerweise mit zwei Stiften fixiert. Einer davon hatte sich leider gelöst." Als das Team vorschlug, er solle trotzdem weiterfahren, rotzte Stroll zurück: Es sei zwar nicht gefährlich, so zu fahren, aber das Problem gehöre verdammt noch mal gelöst.

Später dann beschwerte sich der 19-Jährige auch noch über die in seinen Augen viel zu schlechte Traktion. Das Ende vom Lied: P18, Aus in Q1, sechs Zehntelsekunden Rückstand auf den Teamkollegen. "Ich hatte gelbe Flaggen und eine lose Kopfstütze. Ein paar Probleme", ärgert er sich.

Insgesamt freilich sei nach dem katastrophalen Wochenende in Barcelona ein Aufwärtstrend erkennbar: "Es sieht ein bisschen besser aus. Wir sind definitiv näher dran", stellt Stroll fest. Das gilt freilich nur für ein Williams-Auto. Und vielleicht auch nur für Monaco? "Es ist schon ziemlich streckenspezifisch. Hoffentlich wird auch Kanada ganz gut", antwortet er.

Das steht freilich in den Sternen, denn Williams hat für 2018 eine bewusste Entscheidung getroffen, das technische Konzept komplett umzukrempeln. Waren früher Highspeed-Strecken bevorzugtes Terrain des Autos, so läuft es plötzlich in Monaco mit am besten. Das ist für Strolls Heimrennen in Montreal eigentlich kein gutes Zeichen.

Die Schlappe in Barcelona, wo Williams Schlusslicht war, sei aber definitiv ein Ausrutscher gewesen: "Barcelona ist eine besondere Strecke", sagt Stroll. "In China und Bahrain schieden wir beide in Q1 aus. In Australien kam ich in Q2. In Baku waren wir beide in Q2, knapp an Q3 dran. Hier ist es ein bisschen wie in Baku und Australien. Das kaschiert unsere Probleme. Ich hoffe aber, dass wir einige Dinge gelöst haben und uns weiterentwickeln können."

Sirotkin in Monaco stark unterwegs

Ein guter Anfang ist diesbezüglich Sirotkin gelungen. Der Russe, bisher wenig auffällig unterwegs, fuhr in allen Sessions in Monaco auf Top-10-Niveau. Selbst in Q1 belegte er Rang acht. Nur im entscheidenden Moment in Q2 konnte er nicht an die vorherigen Ergebnisse anknüpfen. Und trotzdem: "Ich hätte noch 100 Runden fahren können, aber schneller wäre nicht gegangen", sagt er.

"Nach unseren Vorhersagen schien irgendwas zwischen Platz sieben und Platz zehn möglich", erklärt Sirotkin. "So gesehen ist das Ergebnis schlechter als unsere Erwartungen. Aber ich bin mehrere Runden mit einer ganz ähnlichen Zeit gefahren, und ich habe wirklich alles gegeben. Wir haben das Beste rausgeholt."

Monaco sei keine Eintagsfliege, sondern der Anfang eines Aufwärtstrends, denn: "Das Schöne ist, dass wir nicht der Nachzügler sind, der nur so weit vorne steht, weil wer anderer Probleme hat. Wir haben ein Auto, das dazu in der Lage ist, mit anderen zu kämpfen. Und das ist ein schönes Gefühl", freut sich Sirotkin.

"Barcelona war ein Ausrutscher, ein Wochenende zum Vergessen. Dieses Wochenende haben wir als Team gut zusammengearbeitet, mit den Ingenieuren, die Trainings genutzt und das Paket sehr effizient abgestimmt. Vom ersten Training an hatten wir mit der Grundabstimmung und der Balance eine vernünftige Basis."

Sirotkin küsste zwar am Donnerstag einmal die Leitplanken und schlitzte sich dabei den Reifen auf, lieferte danach aber ein Wochenende ohne nennenswerte Fehler ab. Dass er am Ende schneller war als Stroll, "ist schön zu wissen, aber es ändert nichts". Denn, was viele übersehen: In bisher sechs Qualifyings war Sirotkin, dessen Ruf nicht der beste ist, viermal schneller als sein Teamkollege.

Dass er den Fehler am Donnerstag so locker wegsteckte, spricht für ihn. Zumal er sich in Baku schon einen ähnlichen Lapsus erlaubt hatte. "Das hier", sagt Sirotkin, "war einfach ein blöder Fehler. Ich war am Funk und stellte gerade was am Lenkrad um, und da fuhr ich auf der Geraden in die Mauer. Es war nicht so, dass ich zu spät gebremst und die Kurve nicht mehr erwischt hätte. Aber ich habe das gut verkraftet."

Lowe bricht eine Lanze für Sirotkin

Williams-Technikchef Paddy Lowe, der vom Weltmeisterteam Mercedes nach Grove gekommen ist, bäckt inzwischen schon kleine Brötchen: "Unsere beiden Autos sind heil. Das ist nach dem Qualifying auf so einer Strecke schon mal gut", sagt er. Gerade Sirotkin habe ihn "sehr beeindruckt. Er ist ein harter Arbeiter, aber er bleibt immer ruhig." Der schlechte Ruf des Russen sei ungerechtfertigt: "Wir kennen ihn besser als die Medien", hält Lowe fest.

"In den letzten Rennen hatten wir ein paar Probleme, auf die ich nicht näher eingehen möchte. Er hat uns das am Funk nicht gesagt, erst nach dem Rennen. In solchen Situationen bleibt er immer gelassen und tut, was er tun muss. Monaco ist eine Strecke, die er mag. Er stand hier in der GP2 auf dem Podium. Daher lief es vom ersten Tag an gut für ihn", erklärt Lowe.

Die angesprochenen Probleme Sirotkins werden langsam zum echten Mysterium. Zuerst hatte der Russe angedeutet, er habe Schmerzen wegen einer falschen Sitzposition. In Monaco behauptet er, mit dem Sitz habe das alles nichts zu tun. Und auch Lowe schweigt, wenn er darauf angesprochen wird. Was wirklich dahinter steckt, bleibt vorerst ein Rätsel.

"Von der Performance her", fährt Lowe fort, "waren wir nach dem Abschlusstraining sehr optimistisch, dass wir zumindest beide Autos ins Q2 bekommen können, eins vielleicht sogar ins Q3. Und danach sah es auch aus. Sergeis Q1-Zeit hätte für Platz sechs oder sieben gereicht, wenn er sie später gefahren wäre. Er war ja früh draußen, als die Strecke noch nicht maximalen Grip hatte."

"Wir hatten also ein wirklich gutes Gefühl, und so sind wir letztendlich ein bisschen frustriert, dass wir nicht ein Auto ins Q3 bekommen haben", bilanziert er. "Insgesamt sind wir aber zufrieden mit dem Ergebnis, zumindest was Sergei betrifft. Das Potenzial des Autos war jedenfalls wesentlich besser als bei den letzten paar Rennen."

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