• 26. Mai 2018 · 18:42 Uhr

Max Verstappen nach Monaco-Unfall kleinlaut, Kritik wächst

Max Verstappen erklärt sich nach seinem Fauxpas in Monaco kleinlaut - Kritik am Niederländer wird größer - Fehlerserie nagt am Nervenkostüm

(Motorsport-Total.com) - Sieben Vorkommnisse an sechs Rennwochenenden: Max Verstappen steht nach dem Unfall im dritten Freien Training beim Großen Preis von Monaco 2018 und der dadurch bedingten Nicht-Teilnahme am Qualifying mit dem Rücken zur Wand. (Formel 1 2018 im Live-Ticker!) Nach einem Dreher im Rennen in Australien, dem Abschuss von Vettel in Australien, einem Abflug im Bahrain-Qualifying, der Kollision mit Hamilton tags darauf, dem Unfall mit Ricciardo in Baku und dem Auffahrunfall mit Stroll in Barcelona gab es nun also wieder einen Vorfall in Verstappens holprigem Saisonstart 2018.

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Das tut doppelt weh: Max Verstappen kniet ungläubig neben seinem Wrack Zoom Download

Tatort Schwimmbad-Schikane, drittes Freies Training, Generalprobe fürs Qualifying: Verstappen ist auf einer schnellen Runde, schlägt beim Einlenken rechts innen an und fährt dadurch geradeaus in die Mauer. Der Unfall war ein Spiegelbild des Abflugs von 2016 an selber Stelle, nur diesmal war kein Aufhängungsbruch schuld. Besonders ärgerlich: Es passiert bei Red Bulls 250. Grand Prix. Noch schlimmer: Mit dem Auto hätte er gut und gerne auf die Pole fahren und das Rennen gewinnen können. (Das erledigte sein Teamkollege Daniel Ricciardo im Qualifying)

Er reagiert kleinlaut auf den erneuten Fehler. Mit zittriger Stimme beschreibt er in knappen Worten den teuren Fehltritt: "Ich habe die innere Begrenzung touchiert. Kurz zuvor hat mich ein langsameres Fahrzeug irritiert. Aber das darf keine Entschuldigung sein. Dann habe ich die Mauer berührt."


Fotos: Grand Prix von Monaco


Das langsame Fahrzeug war der Renault von Carlos Sainz. Doch warum hat Verstappen in einer Session, in der es um nichts ging, nicht einfach den Versuch abgebrochen? "Ich weiß nicht, es passiert in der Situation alles so schnell", entgegnet er, gibt aber auch zu, dass womöglich der Racer in ihm hochkam. "Ich war zwei Zehntel schneller als in der Runde zuvor. Ich war etwas abgelenkt und habe wohl minimal früher als normal eingelenkt. Oder deutlich früher eingelenkt... In Monaco passiert das einfach so schnell im Vergleich mit anderen Strecken."

Auf die Pannenserie angesprochen reagiert er gereizt: "Worauf möchtest du jetzt hinaus?", unterbricht er den Journalisten, der gerade oben genannte Vorfälle aufzählt. Der entgegnet: Wie er sich all diese Vorfälle in so kurzer Zeit erklären könnte. Max' knappe Antwort:"Momentan kann ich das nicht erklären. Aber den Verlauf dieses Unfalls habe ich euch gerade erklärt."

Mechaniker geben alles und scheitern doch

Nach dem Einschlag folgten zwei dramatische Stunden. Die Red-Bull-Mannschaft ging in einem Rennen gegen die Zeit an ihre Grenzen. Eigentlich hatte alles sehr gut ausgesehen: Die Mechanikercrew von Daniel Ricciardo eilte der Verstappen-Mannschaft zur Hilfe. Gemeinsam brachten es die beiden Crews fertig, das Auto bis zum Beginn des Qualifyings fahrbereit zu bekommen. Doch dann beim Anlassen des Fahrzeugs der große Schock: Aus dem Getriebe trat Öl raus, eine Teilnahme am Qualifying war mit diesem Antriebsstrang nicht mehr zu machen.

Das Ölleck war bis dahin durch ein Gehäuse verdeckt gewesen und nicht sichtbar. Nun war klar: Es würde mindestens fünf Strafplätze geben, doch das war das weit kleinere Problem. Die Zeit drängte. Wieder schraubten beide Crews am Fahrzeug und gaben ihr Bestes. Aber es hätte ein Wunder benötigt, um Verstappen durch das Q1 zu bekommen. "Wir hätten noch 15 Minuten gebraucht, um rausfahren zu können", hadert Helmut Marko im 'ORF'.

Auch Red Bull muss sich eine kritische Frage gefallen lassen: Warum hat man nicht gleich zur Sicherheit das Getriebe gewechselt, sondern hat Risiko gespielt? Die Antwort ist einfach: Erstens passt eine solche Vorsichts-Maßnahme nicht zur Risiko-Philosophie des Bullen-Teams. Und zweitens wären in Monaco auch die fünf Strafplätze für einen Getriebewechsel bereits äußerst schmerzhaft gewesen. Wenn auch natürlich weniger schlimm als das, was nun passiert ist.

Wie sich das als Fahrer anfühlt, der nichts tun kann, als die Fortschritte von außen zu verfolgen? "Das ist ein bisschen eine Achterbahn", sagt der 20-Jährige. "Als ich gehört habe, dass das Getriebe gewechselt werden muss und sie nur 15 Minuten Zeit hatten, war klar, dass es nicht mehr passen wird. Man hofft dann auf eine Rote Flagge oder irgendetwas, wodurch man mehr Zeit bekommt." Aber niemand tat ihm den Gefallen. Dadurch setzte es die Höchststrafe in Monaco: Letzter Startplatz. (Startaufstellung zum Großen Preis von Monaco 2018)

Kritik von Berger und Rosberg

Dass alle Kritiker, die Verstappen schon seit längerer Zeit wegen seiner kompromisslosen Art im Fadenkreuz haben, jetzt leichtes Spiel haben, versteht sich von selbst. Aber selbst von den größten Fans des 20-Jährigen kommt mittlerweile Kritik. Gerhard Berger sagt im 'ORF': "Es tut mir leid: Ich bin normalerweise großer Max Verstappen-Fan, aber so etwas darf nicht passieren. Beim Monaco-Grand-Prix sein Auto im dritten Training zu vernichten, das ist einfach eine schwere Sünde."

"Der 250. Grand Prix für Red Bull ist die eine Sache. Die andere Sache ist: Red Bull hat ein super Auto hierher gebracht. Der Red Bull ist das schnellste Auto das ganze Wochenende. Die Zeiten hier liegen ganz eng beisammen, nur Ricciardo hat einen Riesenabstand. Da ist richtig Luft drinnen. Das dann so zu vernichten, wie es Max im dritten Training gemacht hat, ist schwer verständlich. Wirklich schade, das wäre fast schon ein klarer Doppelsieg gewesen."

Und Nico Rosberg, der mit Verstappen schon die eine oder andere Schlacht geschlagen hat, versteht bei 'RTL' die Welt nicht mehr: "Es ist ja generell gerade so bei ihm. Er lernt irgendwie nicht dazu. Er bleibt auf seiner Linie, immer ein bisschen zu viel Risiko. Und das geht jetzt gerade immer wieder daneben." Ob er es nicht jetzt auf die ganze harte Art lernt? "Ich habe nicht mehr so viel Hoffnung. Er hat ja mittlerweile die Erfahrung. Er ist im vierten Jahr in der Formel 1, da kann man nicht mehr sagen, er sei unerfahren. Das reicht jetzt."

Verstappen ist sich hingegen sicher, dass das Team hinter ihm steht. "Man hat gute und schlechte Zeiten. Es kann in die eine oder andere Richtung gehen." Er verweist auf das Vorjahr, als eine riesige Defektserie zu Saisonbeginn ihn in eine Position gebracht hätte, aus der heraus er das Team leicht hätte attackieren können: "Vergangenes Jahr hatten wir viele technische Probleme, da war ich in derselben Situation (wie das Team jetzt; Anm. d. Red.). Man geht da zusammen als Team durch."

Noch keine Rennstrategie in Sicht

Egal, wie man es dreht und wendet: Er wird sich vom letzten Platz aus durchbeißen müssen. Damit ist längst nicht aller Tage Abend: Fernando Alonso gelang es beispielsweise 2010, vom letzten Platz aus noch auf Rang sechs zu fahren. Verstappen will aber nicht das Rennen des Spaniers von damals analysieren: "In Monaco ist es jedes Jahr ein bisschen anders, wie es läuft. Wir werden schauen, welche Reifen wir benutzen und hoffen auf ein bisschen Glück."

Eine Möglichkeit wäre ein ganz früher erster Stopp, um aus dem Verkehr zu kommen. Oder auf einem härteren Reifen starten und versuchen, möglichst lange auf diesem zu fahren. Doch Verstappen hat noch keine Strategie: "Ich weiß es momentan nicht. Wir müssen uns das ansehen. Ich kann sagen, dass wir die Pace haben. Aber wenn man aufgehalten wird..."

Rat könnte er sich David Coulthard holen, der 2001 einmal das halbe Rennen lang hinter dem fünf Sekunden langsameren Enrique Bernoldi festhing... Geduld wird gefragt sein - bislang nicht gerade eine Stärke des ungestümen Supertalents.

Ob er sich wenigstens für Daniel Ricciardo freut? Er weicht aus: "Das ist eine andere Geschichte. Ich muss auf mich selbst schauen und ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe ihn in seinem Raum gesehen - tolle Performance."

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