Darum bleibt Monaco die ultimative Fahrerstrecke
Warum Monaco für die Kombination aus Geist und Körper der härteste Kurs ist, welchen Unterschied der Fahrer machen kann und wieso das Set-up so wichtig ist
(Motorsport-Total.com) - Wie Hubschrauberfliegen im Wohnzimmer - so beschrieb einst Nelson Piquet die Gratwanderung, mit einem Formel-1-Boliden durch die Häuserschluchten von Monte Carlo zu rasen. Doch ist der Klassiker im Fürstentum nach zahlreichen Umbauten der Strecke und in Boliden, die wie auf Schienen durch die Kurven fahren, noch diese einzigartige Herausforderung (Formel 1 2018 live im Ticker)?
"Für mich auf jeden Fall, jedes Jahr aufs Neue, immer wieder", gibt es für Renault-Pilot Nico Hülkenberg nur eine Antwort. "Es bleibt einfach einzigartig, atemberaubend und spektakulär geil. Das nutzt sich zumindest aus meiner Sicht nicht ab."
Was das Autoroulette in Monaco für den Emmericher ausmacht? "Das erklärt sich doch von selber", wundert er sich über die Frage. "Die Kulisse hier, der Hafen, die Strecke, wie es hier zur Sache geht, die Geschwindigkeiten, die wir hier auch fahren, wie dynamisch es im Auto zugeht. Wir sind hier permanent am Arbeiten. Das ist die einzige Strecke, auf der es nicht mal eine Sekunde geradeaus geht. Man dreht 78 Runden lang am Lenkrad, ist ständig am Schalten. Hier ist dauernd Dampf am Kessel."
Hülkenberg: Für Körper und Geist am Limit
Das sei auch der Grund, warum man als Pilot während des Rennens kaum etwas vom Umfeld und von den Zuschauern mitbekomme: "Du bist ja so beschäftigt, da kriegst du vom Drumherum wenig mit." Aus physischer Sicht gibt es laut Hülkenberg mit Singapur einen Kurs, der den Piloten noch mehr abverlangt.
"Das liegt an den Temperaturen und an der Schwüle", verweist er auf das Tropenklima. "Auch die Strecke ist dort intensiv, obwohl es Geraden gibt." Dafür stelle Monaco vor allem für den Kopf des Fahrers eine Herkulesaufgabe dar: "Es ist auch für die Konzentration unheimlich intensiv, weil es hier wirklich ein Balanceakt ist. Aber genau das ist auch wieder das Spannende, das macht es so attraktiv, so individuell und so herausfordernd. Das gibt es sonst nicht."
Da die Pirelli die Teams dieses Jahr mit dem neuen, besonders weichen Hypersoft-Reifen ausstattet, ist sogar ein neuer Rundenrekord zu erwarten. Wir die Herausforderung noch größer, wenn der Film einen Tick schneller abläuft? "Nein, die Sekunde kommt ja von den Reifen, wir nutzen die einfach. Das würde ich jetzt nicht an die große Glocke hängen. Es wird einfach schneller", relativiert Hülkenberg.
Kann der Pilot den Unterschied machen?
Der Renault-Pilot bestätigt übrigens auch noch einen anderen Mythos: Der Fahrer kann im Leitplankenkanal einen größeren Unterschied machen als auf anderen Rennstrecken. "Und zwar durch mehr Mut, mehr Vertrauen und mehr Einsatz", erklärt Hülkenberg. Das ist hier schon auch eine der Besonderheiten."
Wie viel der Fahrer in Monaco im Vergleich zu anderen Strecken ausmacht, möchte er allerdings nicht beziffern: "Das ist schwierig, und das würde ich auch nicht sagen wollen." Wichtig sei es aber vor allem auch, ein gutes Set-up zu finden, damit der Bolide bei der Millimeterarbeit berechenbar reagiert. "Sonst hast du ein schönes Wochenende vor dir", grinst der 30-Jährige.
Auch Red-Bull-Pilot Max Verstappen ist übrigens der Ansicht, dass der Fahrer in Monaco einen Unterschied machen kann, er will das allerdings nicht überbewerten. "Man benötigt auch ein gutes Auto, denn jeder weiß, dass ein Sauber hier nicht auf der Pole stehen wird, selbst wenn der beste Fahrer im Cockpit sitzt. Man benötigt als auch das beste Auto." Im Vergleich zum Teamkollegen könne man aber als Fahrer den Unterschied machen.
Bottas: Sieg bedeutet mehr als auf anderen Strecken
Genau das hat im Vorjahr Valtteri Bottas bewiesen, als er seinen Teamkollegen Lewis Hamilton das ganze Wochenende lang im Griff hatte. Das lag aber auch daran, dass der Brite mit dem Set-up haderte und im Gegensatz zum am Ende viertplatzierten Finnen die Vorderreifen nicht auf Temperatur brachte.
Ein Sieg im Fürstentum wäre für Bottas etwas ganz Besonderes: "Das würde mir so viel bedeuten. Wenn ich mir ein Rennen aussuchen müsste, das ich diese Saison gewinnen will, dann wäre es dieses."
Das liegt auch daran, dass der Mercedes-Pilot als Wahl-Monegasse einen persönlichen Bezug hat: "Ich wohne hier nun schon ein bisschen weniger als fünf Jahre lang und kenne die Straßen auswendig. Ich fahre hier mit dem Fahrrad, gehe Joggen, fahre mit dem Motorrad oder mit dem Auto. Und ich kenne die Läden in jeder Kurve. Ein Sieg wäre also schon toll."
Worauf es in Monaco ankommt
Dennoch will sich Bottas nicht zu sehr unter Druck setzen: "Ich muss das aus meinem Kopf bekommen und es als normales Rennwochenende sehen. Es gibt hier die gleichen Punkte wie überall, und wir kämpfen hier wie bei jedem Rennen um den Sieg."
Was das Rennen aber dann doch besonders macht? "Dass es so schwierig ist", antwortet Bottas. "Formel-1-Autos sind nicht wirklich für so eine schmale Strecke mit Mauern, Wellen und so engen Kurven gemacht. Man darf sich da keinen Fehler erlauben. Wenn die Kurve einmal nicht kriegt, landet man in der Mauer." Das Geheimnis ist daher "ein guter Rhythmus, damit am Limit sein kann und die Mauern küsst". Dezent, wohlgemerkt.