Trotz Podium in Baku: Force India skeptisch vor Barcelona
Die Aerodynamik-Probleme des VJM11 sind erkannt und werden mit einem neuen Design der Seitenkästen angegangen - Sergio Perez will Team mitreißen
(Motorsport-Total.com) - Und plötzlich strahlten sie wieder. Nach einem schwierigen Start in die Formel-1-Saison 2018 herrscht bei Force India nach dem sensationellen dritten Platz von Sergio Perez in Baku wieder Optimismus. Die Jubelszenen der Mechaniker nach dem Aserbaidschan-Grand-Prix sprachen Bände. Sammelte man in den ersten drei Rennen des Jahres gerade mal einen Zähler, waren die 15 Podiums-Punkte von Perez der erhoffte Befreiungsschlag. Kein Wunder, dass der Mexikaner im Anschluss mit Lob überhäuft wurde.
"Sergio ist einer der unterschätztesten Fahrer im Feld. Sobald es eine Möglichkeit gibt, aufs Podium zu fahren, ergreift er sie", schwärmt der stellvertretende Teamchef Robert Fernley. Der 28-Jährige krönte sich mit dem achten Podium seiner Karriere zum erfolgreichsten Mexikaner in der Formel 1. "Das bedeutet mir viel. Es gibt nur wenige Möglichkeiten, sich in einem Mittelfeldteam auszuzeichnen. Die muss man nutzen", weiß Perez.
Was ihn zudem auszeichnet: Auch in der Stunde des Erfolgs bleibt er auf dem Boden und gibt zu: "Unser Kampf ist nicht hier, sondern im Mittelfeld. Wir müssen den Abstand zu den Teams vor uns, zu den Renaults, verringern." Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich am kommenden Wochenende in Barcelona beim Europaauftakt der Formel 1. "Das wird eine ganz wichtige Nagelprobe. Hier zeigt sich, wo dein Auto wirklich steht, hier offenbart sich dein ganzes Potenzial", schwant Perez. "Es wird interessant, aber ich glaube, wir machen ganz gute Fortschritte."
Landung in der Realität? Force India fürchtet Rückschlag
Die sind auch nötig, denn trotz des Motivations-Boosts von Baku ist das kleine Team aus Silverstone noch immer im Hintertreffen. Zumindest sind die Probleme vom Saisonstart erkannt: Die Aerodynamik beziehungsweise die Korrelation vom Windkanal und von den CFD-Daten auf die Rennstrecke funktionierten nicht, in der Simulation wurden andere Werte ausgespuckt als auf der Strecke. Nach dem Ausschlussprinzip wurde der Fehler gefunden - obwohl das gar nicht so einfach war: Weil der VJM11 im Prinzip eine Weiterentwicklung des Vorjahresmodells ist, steckte der Teufel im Detail.
Genauer gesagt: in den Seitenkästen: "Sie haben eine leicht veränderte Form zum Vorjahr und einen stärkeren Einzug", erklärt Technik-Direktor Andrew Green. Das reichte für Abweichung im Strömungsverlauf - ein Problem, dem sich die Force-India-Ingenieure nun Schritt für Schritt stellen. In Barcelona wird man neue Teile am Unterboden und Veränderungen an den Seitenkästen ausprobieren - ein Update, das bei den Verantwortlichen noch Fragezeichen auf der Stirn hervorruft.
"Ich kann nicht sagen, wie viel des Problems wir ins Spanien mit den neuen Teilen lösen werden", gibt Betriebsdirektor Otmar Szafnauer zu. "Selbst wenn man einen Fehler erkannt hat, dauert es seine Zeit, bis man funktionierende neue Sachen bringen kann. Aber die Neuerungen an Unterboden und Seitenkästen sollten schon helfen", hofft der US-Amerikaner. Skeptische Töne schlägt auch Vize-Teamchef Fernley an: Man müsse noch beweisen, dass man die Korrelationsprobleme vollständig verstanden und gelöst habe.
"Lasst uns die Füße am Boden behalten", warnt er nach dem Baku-Erfolg. "Wir haben noch ein gutes Stück Weg vor uns. Nicht alle Datenfehler, die wir in Melbourne entdeckt haben, konnten wir schon angehen. Wir werden auch in Spanien wieder auf Probleme stoßen", fürchtet er trotz des neuen Designs an den Seitenkästen des VJM11. Im engen Formel-1-Mittelfeld gerät man auch ganz schnell wieder ins Hintertreffen, selbst wenn man ein Rennen zuvor noch die große Überraschung war. Doch zumindest bei einem ist man sich sicher: "Baku war eine riesige Motivation für alle Jungs im Team", pusht Force-India-Pilot Perez seine Truppe weiter voran.