• 29. April 2018 · 18:19 Uhr

Mercedes muntert Hamilton auf: "Das war für Melbourne"

Bei Weltmeister Lewis Hamilton wollte sich nach seinem Sieg beim Aserbaidschan-Grand-Prix nicht so recht die große Freude einstellen - Erster Weg führte zu Bottas

(Motorsport-Total.com) - Mercedes darf sich am vierten Rennwochenende der Saison 2018 über den ersten Sieg freuen. Lewis Hamilton holt sich am Sonntag die 25 Punkte in Aserbaidschan ab, allerdings sah bis zwei Runden vor Rennende noch sein Teamkollege Valtteri Bottas wie der sichere Sieger aus. Ein durch zwei Safety-Car-Phasen chaotisches Rennen bringt am Ende Freude und Leid für die Silberpfeile, die mit Hamilton nun die Fahrer-Weltmeisterschaft anführen. In der Konstrukteurs-WM wurden sie allerdings von Ferrari überholt.

Foto zur News: Mercedes muntert Hamilton auf: "Das war für Melbourne"

Lewis Hamilton zeigt sich nach dem Rennen nicht ganz zufrieden mit sich Zoom Download

"Das war ein ziemlich emotionales Rennen", muss Hamilton kurz nach der Zieldurchfahrt etwas aufgewühlt zugeben. Denn der Brite übernahm erst zwei Runden vor Rennende zum ersten Mal die Führung. "Es fühlt sich etwas seltsam an, dass ich jetzt da ganz oben stehe. Ich habe nicht aufgegeben und habe weiter gepusht. Aber das war wirklich ein chaotisches Rennen." Auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff kann es kaum glauben: "Ein dramatisches Ende würde ich sagen. Mir fehlen die Worte."

Bottas' Reifenschaden und Sebastian Vettels Angriffsversuch nach dem zweiten Safety-Car ließen Hamilton Sieg und WM-Führung in einem Rennen erben, in dem er bis zu der heißen Schlussphase nur ausharren konnte. Er war als Zweiter gestartete, aber das Strategie-Glück lag heute auf der anderen Garagenhälfte.

Ungewöhnlicher Fehler von Hamilton

Hamilton hatte im ersten Stint sein Bestes getan, um sich nicht von Vettel abschütteln zu lassen. Hinter dem frühen Safety-Car drohte gar eine Wiederholung des Vorjahres-Clashs in umgekehrter Reihenfolge. Nach dem Neustart ging die Verfolgungsjagd allerdings auf seine superweichen Reifen.


Fotos: Lewis Hamilton, Grand Prix von Aserbaidschan


Der Abstand, den er zuvor konstant bei zwei bis drei Sekunden halten konnte, vergrößerte sich in rapide, als der Mercedes kurz neben der Strecke fuhr. Als man sich in Runde 22 zum ersten Boxenstopp der Spitzengruppe entschied, war er schon auf acht Sekunden angewachsen.

Vettel konnte noch einige Runden weiterfahren und mit dem Overcut locker vor Hamilton bleiben. Bottas bleib hingegen noch länger draußen und konnte so an beiden vorbeigehen. So hätte das Rennen ausgehen könne, wäre es im letzten Renndrittel nicht zu der teaminternen Kollision zwischen den Red-Bull-Piloten gekommen.

Große Geste nach dem Rennen

Beim Neustart nur vier Runden vor Schluss konnte Hamilton Vettel dann so sehr unter Druck setzen, dass dieser sich gezwungen sah, spät zu bremsen und dabei die Kurve nicht kriegte. Platz zwei schien sicher. Doch plötzlich explodierte der Reifen von Bottas vor seinen Augen, nachdem dieser über ein Trümmerteil gefahren war. Die Siegestrophäe und eine WM-Führung von vier Punkten über Vettel waren sicher.

Zu einer großen Geste kam es nach Rennende: Statt direkt auf Podium zu klettern, suchte Hamilton erst einmal seinen unglücklichen Teamkollegen. "Ich wollte ihn dafür gratulieren, was für ein unheimlich gutes Rennen er gefahren ist", entschuldigt er sich, dass er die Zeremonie damit aufhielt.

"Ferrari war das ganze Wochenende schneller als wir. Valtteri hat heute unglaubliche Arbeit geleistet und hätte den Sieg heute verdient", erklärt er seine Bescheidenheit. "Ich bin sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, das Rennen zu gewinnen. Andererseits habe ich nicht das Gefühl, dass ich nicht so gefahren bin, wie ich normalerweise in der Lage bin zu fahren. Das tut ein wenig weh."

Mercedes lobt Hamilton

Laut Teamchef Wolff muss sich der viermalige Champion aber nicht schämen. "Valtteri war richtig stark, er hätte einen Rennsieg verdient heute", räumt er zwar ein, betont aber auch: "Ich freue mich für Lewis, denn er hat zuletzt so viel Pech gehabt." Dabei erinnert er noch einmal an den Saisonauftakt, als das Team durch eine fehlgeschlagene Strategie Hamilton um den Sieg gebracht hatte. "Er hätte in Melbourne gewinnen müssen", so Wolff. "Jetzt hat er's zurückbekommen."

Auch Hamilton weiß, dass es im Motorsport auch manchmal das Quäntchen Glück braucht. "In den vergangenen Jahren habe ich hier Rennen angeführt und alles dafür getan und dann hat sich das Glück gegen mich gewendet", erinnert er sich. "Heute Morgen habe ich noch gesagt: vielleicht sind ja alle guten Dinge drei. Und genau so ist es gekommen. Auf dieser Strecke braucht man aber Glück. Es gibt viele Vorfälle und Safety-Cars. Ich bin stolz darauf, dass ich nicht darin verwickelt war."

Deshalb sieht er sich heute selbst als Sinnbild für das Glück des Tüchtigen. "Ich gebe niemals auf - das hat mir mein Vater schon vor vielen Jahren beigebracht. Es wurde aber schon lange nicht mehr so deutlich wie heute. Ich habe einfach immer weiter gepusht und dann ist so viel passiert. Das hat mir klar gemacht, wie wichtig diese Einstellung ist."

Hamilton gesteht Fehler ein

Aber ist mit dem ersten silbernen Sieg 2018 und der errungen WM-Führung nun auch die Trendwende in der Saison eingeleitet? "Barcelona sollte interessant werden", schaut Wolff schon auf das Rennen in zwei Wochen. "In den Tests waren wir die Schnellsten dort, daher müssen wir sehen, wohin sich unsere Pace entwickelt hat und ob das von der Strecke abhängt. Aber es gibt immer noch viel Arbeit für uns. In einigen Bereichen müssen wir aufholen. Im Moment scheint der Ferrari das schnellste Auto zu sein."

"Ich denke, Ferrari hat noch immer die Oberhand", mahnt auch Hamilton. "Sie sind uns wirklich überlegen. Im Rennen können wir noch mithalten, aber unsere Qualifying-Pace kommt nicht an sie ran. Es wird eng bleiben und es werden noch mehr Tage wie dieser kommen."

"Erleichtern bin nicht gerade. Ich habe es zwar im Qualifying mit einer guten Runden rausreißen könne, dafür habe ich im Rennen aber einige Fehler begangen. Ich hatte Probleme mit meinem Auto und mit den Reifen - das nehme ich nicht auf die leichte Schulter."

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