Mercedes in Baku nur dritte Kraft? W09 "schwierig zu fahren"
Valtteri Bottas kann Lewis Hamilton erneut hinter sich lassen, dennoch liegt Mercedes in den ersten Trainings in Baku hinter Ferrari & Red Bull, auch im Longrun
(Motorsport-Total.com) - Das Mercedes-Team scheint auf dem Straßenkurs in Baku, Aserbaidschan, an diesem Rennwochenende nur über das drittschnellste Auto zu verfügen. (Live im Ticker verfolgen!) Lewis Hamilton und Valtteri Bottas kamen sowohl im Qualifying-Run, als auch in der Rennsimulation im zweiten Freien Training nicht an die Spitzenzeiten der Red-Bull-Fahrer heran, dazwischen landete noch Kimi Räikkönen im Ferrari. Rund acht Zehntelsekunden lag Bottas, der abermals schnellere Silberpfeil-Pilot, hinter der Bestmarke am Nachmittag.
Der Finne konnte sich im ersten Training noch die Bestzeit (1:44.242 Minuten) sichern, im zweiten Training bei kühleren Temperaturen gelang ihm nur noch Platz vier. Mit einer 1:43.570 Minuten, gefahren auf Ultrasoft, blieb Bottas hinter seiner Trainingszeit aus dem Vorjahr. "Das erste Training lief besser als das zweite, da uns am Nachmittag etwas Pace gefehlt hat verglichen mit Ferrari und Red Bull", weiß Bottas. "Es war ziemlich schwierig, eine saubere Runde zusammenzubringen. Auch meine beste Runde war etwas chaotisch." Immer wieder kamen die Piloten in den Verkehr oder wurden durch Gelbe Flaggen behindert.
Er konnte seinen Teamkollegen zweimal hinter sich lassen. Bottas gibt dennoch zu: "Das Auto ist zur Zeit nicht so einfach zu fahren. Vor allem an der Balance müssen wir noch arbeiten. Wenn wir alles richtig hinbekommen, sollte das Auto schnell sein." Ansonsten scheint der Mercedes sein divenhaftes Verhalten aus dem Vorjahr noch nicht abgelegt zu haben.
Mercedes hinkt im Longrun hinterher
Am Nachmittag fehlten Hamilton nur wenige Hundertstelsekunden auf Bottas, der Brite fuhr eine 1:43.603 Minuten. Damit schaffte er zwar eine Zeitverbesserung von über eineinhalb Sekunden gegenüber dem Vormittag, dennoch fehlten den Mercedes-Fahrern rund acht Zehntelsekunden auf die Ricciardo-Bestzeit. Hamilton scheint trotzdem nicht zu besorgt zu sein: "Das war ein reibungsloser Tag. Wir konnten unser Programm ohne gröbere Fehler abarbeiten und so viele Informationen sammeln."
Für ihn begann das zweite Training allerdings mit einer Viertelstunde Verspätung, der Grund dafür ist nicht bekannt. Der Brite ging auf seinem ersten Stint auf dem Soft-Pneu auf die Strecke und wechselte danach auf den Ultrasoft, von dem ihm neun Sätze an diesem Wochenende zur Verfügung stehen. Auf der weichsten Mischung gelang ihm schließlich seine persönliche Bestzeit, allerdings ließ er vor allem im kurvenreichen Mittelsektor viel Zeit auf Red Bull liegen. Im ersten Streckenabschnitt stellte der Weltmeister die Sektorbestzeit auf, im zweiten und dritten Sektor verlor er allerdings insgesamt fast eine Sekunde auf Ricciardo.
In seiner Rennsimulation lag Hamilton auf dem lila Pneu rund drei Zehntelsekunden hinter den Spitzenzeiten von Max Verstappen. Der Niederländer fuhr seine Simulation zwar etwas später, dennoch gab er auf der weichsten Mischung den Ton an. Gegen Sessionende verwendete Hamilton schließlich noch einmal den gebrauchten Soft, an die Zeiten von Red Bull und Ferrari kam er allerdings nicht heran.
Hamilton: "Waren heute nicht schnell genug"
Im Durchschnitt lag er auf der härtesten Mischung rund drei Zehntelsekunden hinter den schnellsten Soft-Zeiten, gefahren von Räikkönen. Den Supersoft, von dem ihm zwei Sätze zur Verfügung stehen, rührte er nur am Vormittag an. Insgesamt spulte der Brite 31 Runden im zweiten Training ab, im ersten schaffte er 24 Runden.
"Am Nachmittag hat es etwas abgekühlt, was die Reifenwahl spannend gemacht hat. Wir versuchten zu verstehen, wie sie in beiden Bedingungen arbeiten. Insgesamt waren wir heute aber nicht schnell genug", muss der Titelverteidiger einsehen, der in Baku noch nie gewinnen konnte. "Sowohl Red Bull, als auch Ferrari scheinen im Moment vor uns zu liegen. Daher müssen wir noch Arbeit erledigen. Ich werde heute Abend an jede einzelne Tür der Ingenieure klopfen, damit wir die richtigen Änderungen für morgen vornehmen." In seiner Presserunde am Abend betonte der WM-Zweite erneut, dass er vor allem Red Bull vor Mercedes sehe.
Bei Bottas kam eine andere Strategie zum Einsatz. Der Finne hat nur einen Soft-Satz an diesem Wochenende zur Verfügung, um sich diesen für das Rennen aufzusparen, ging er nur auf dem Supersoft und den Ultrasoft auf die Strecke. Auffallend: In den entscheidenden letzten zehn Minuten des zweiten Trainings, in denen alle anderen Toppiloten ihre Rennsimulationen zu Ende fuhren, blieb der Mercedes-Pilot in seiner Garage. Zuvor absolvierte er einen 22-Runden-Run auf dem Ultrasoft. Auf dem Pneu fehlten ihm im Renntrimm-Durchschnitt allerdings fast eine Sekunde auf den Teamkollegen.
Bottas besorgt: Wind könnte entscheidende Rolle spielen
Auch er merkt an, dass die Vorverlegung des Rennens sich auf die Reifentemperaturen auswirke. Da es am Kaspischen Meer im April deutlich kälter ist als im Juni haben die Fahrer diesmal mehr Mühe, die Reifen ins Arbeitsfenster zu bringen. "Das beeinflusst die Reifen, aber unsere größte Sorge ist der Wind", merkt Bottas außerdem an. "Morgen und am Sonntag soll es sehr windig werden, das kann auf einem Straßenkurs einen großen Unterschied ausmachen." Vor allem am Sonntag sind starke Windböen prognostiziert.
Aber schon am Freitag hatten beide Piloten Mühe, ihren W09 auf der Strecke zu halten. Hamilton drehte sich bereits am Vormittag in Kurve 2 in die Auslaufzone, er konnte aber ohne Schaden wieder weiterfahren. Am Nachmittag sorgte er in Kurve 8 erneut kurzzeitig für Gelbe Flaggen. Auch Bottas erlebte im zweiten Training einen Rutscher, außerdem ging er in Kurve 1 zu weit und musste in den Notausgang. Die Mercedes blieben bei den kleinen Ausrutschern aber unbeschadet und können im dritten Training am Samstag die blaue und rote Konkurrenz angreifen.
Mercedes-Technikchef James Allison weiß: "Das war ein Lerntag auf dieser sehr ungewöhnlichen Strecke. Aber obwohl uns Fortschritte gelungen sind, haben wir heute Abend noch viel zu tun, um gegen die sehr schnellen Red Bull kämpfen zu können." In welche Richtung die Silberpfeile arbeiten werden, wurde noch nicht festgelegt: "Es gibt allerdings jede Menge Richtungen, die wir einschlagen können. Ich freue mich auf den Rest des Wochenendes, das ganz sicher hart umkämpft sein wird."