• 15. April 2018 · 04:17 Uhr

Mercedes rätselt: Ist der W09 am Ende doch eine Diva?

Totgesagte leben länger: Toto Wolff glaubt nicht an ein fundamentales Problem mit dem 2018er-Auto, sieht aber Schwächen unter bestimmten Bedingungen

(Motorsport-Total.com) - Toto Wolff hat über den Mercedes F1 W09 EQ Power+ schon nach dem Grand Prix von Bahrain gesagt, dass das Auto im Gegensatz zum Vorgängermodell keine Diva ist. Doch nach der klaren Niederlage gegen Ferrari im Qualifying zum Grand Prix von China in Schanghai (Formel 1 2018 live im Ticker) kommen daran Zweifel auf.

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Nach Bahrain schon gelobt, ist der F1 W09 am Ende doch wieder eine Diva ... Zoom Download

"Wir hatten heute wieder ein bisschen eine Diva", räumt Wolff ein. "Ich glaube aber nicht, dass sie wirklich eine Diva ist. Vielleicht wäre 'kapriziöse Frau' eine treffende Bezeichnung. Denn wenn du den Nagel auf den Kopf triffst, den 'sweet Spot', dann ist unser Auto großartig. Aber das ist uns heute nicht gelungen."

Eines der ersten Muster, das sich 2018 langsam erhärtet, scheint zu sein: Je weicher die Reifenmischung, desto schwerer tut sich Mercedes. Das war gestern in Q2 zu sehen, als Lewis Hamilton und Valtteri Bottas im zweiten Run plötzlich wie aus dem Nichts Bestzeit fuhren und Ferrari um vier Zehntelsekunden abhängten.

Als dann für Q3 auf Ultrasoft gewechselt wurde, war da auf einmal wieder eine halbe Sekunde Rückstand. "Ich kann es nicht erklären. Ich kann es einfach nicht erklären", rätselt Hamilton. "Bei dem einen Run fühlte sich das Auto normal an. Bei allen anderen nicht. Aus irgendeinem Grund waren die Reifen da anders. Liegt wahrscheinlich an den Temperaturen. Mit den weichen Reifen fühlte sich das Auto bei weitem nicht so gut an. Ich kann aber nicht sagen warum."

Als Hamilton in Q2 plötzlich Bestzeit fuhr, fiel auch Alexander Wurz im 'ORF'-Kommentar auf, dass der Speed nichts mit dem "Party-Modus" zu tun habe, sondern das Auto in den Kurven wie auf Schienen liege - was davor nie der Fall war. Es scheint, dass Mercedes für einen ganz kurzen Zeitraum den von Wolff erwähnten "sweet Spot" getroffen hatte, ihn dann aber gleich wieder verlor.

Hamilton: Seltener Dreher im Training

Der W09 habe sich da "wie Tag und Nacht" angefühlt, erklärt Hamilton: "Von der Balance her war er am Vormittag schwierig, im Qualifying ein bisschen besser - aber bei weitem nicht so gut wie gestern." Was im dritten Freien Training zu einem seiner seltenen Dreher führte. Den nimmt der Weltmeister auf seine Kappe: "Wir müssen hier pushen, weil wir nicht schnell genug sind. Da ging mir halt die Straße aus."

"Ich versuche zu verstehen, warum wir nicht schnell genug sind", seufzt er. "Aus irgendeinem Grund funktioniert der Ferrari überall. Sehr eigenartig. Wir kommen nach Bahrain, wo es sehr heiß ist und wir schon damit rechnen, dass der Ferrari gut geht. Letztendlich sind sie noch besser als erwartet. Andererseits waren wir im Rennen auch gar nicht so schlecht, und damit hatten wir auch nicht gerechnet."

"Dann kommen wir hierher, bei Bedingungen, die uns eigentlich entgegenkommen müssten, aber ihr Auto scheint einfach überall zu funktionieren. Ein bisschen wie vergangenes Jahr", sagt Hamilton. "Wie lange das so bleibt, weiß ich nicht. Ich kann nichts tun, ich war die ganze Woche diszipliniert, habe mit dem Set-up das Bestmögliche herausgeholt."

"Als das Auto im dritten Freien Training plötzlich ganz anders zu fahren war, war das ein Schock für mich", ergänzt er. "Aber ich habe mich auf keine Unsinnigkeiten eingelassen. Erstens, weil wir das morgen im Rennen bereuen würden. Aber das Qualifying hätte anders ausgehen können. Ich hatte heute ehrlich gesagt keine große Freude am Fahren."

Die Hoffnung, dass der Silberpfeil plötzlich ins richtige Fenster kommt, wenn die Temperaturen im Rennen steigen, besteht: "Morgen wird sich zeigen, ob unser Konzept funktioniert. Wenn nicht, dann haben wir Hausaufgaben", räumt Sportchef Wolff ein. Er betont aber: "Die fundamentale Basis des Autos ist gut. Es geht - die unendliche Geschichte - darum, die Reifen ins richtige Temperaturfenster zu bekommen."

Reifen: Meistens zu heiß, in China zu kalt

"In der Vergangenheit hatten wir oftmals Probleme mit Überhitzung der Reifen. Heute war es genau andersrum. Wir waren viel mehr auf der kühleren Seite. Dadurch hat uns dann letztendlich Grip gefehlt", analysiert er. "Man kann schön sehen, wie der Ferrari in der Onboard wie auf Schienen liegt, weil er die Reifen im richtigen Fenster hat. Ganz ähnlich, wie es bei uns in Melbourne der Fall war."


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"Dort haben wir gesehen, dass unser Auto sehr schnell ist, wenn wir den 'sweet Spot' treffen. Aber wir haben öfter als Ferrari den Fall, dass wir aus dem Fenster fliegen, wenn es zu heiß oder zu kalt ist. Ob das an unserem Auto liegt? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es schwieriger, unser Auto ins perfekte Fenster zu bekommen. Aber wenn es mal dort ist, ist es vielleicht auch überlegen", spekuliert Wolff.

Hamilton ist für das Rennen in Schanghai jedenfalls insofern optimistisch, als es schlechter nicht werden kann. Und dass Red Bull mit den weicheren Ultrasofts am Start zur ernsten Gefahr werden könnte, hat er eher nicht auf dem Schirm: "Soweit ich weiß, sollte das keine Sorge sein", winkt er ab. Plus: Mercedes hat im Gegensatz zu Bahrain von Anfang an beide Autos in der Verlosung. Das kann in Sachen Strategie helfen.

Wolff: "Der Löwe wartet nur darauf, auf die Beute loszugehen! Im Ernst: Hinten zu sein, macht Möglichkeiten auf. Anders als in Bahrain haben wir diesmal zwei Autos. Nicht zu vergessen Max, der da auch mitmischt und auf den Ultras startet. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Vielleicht splitten wir die Strategien, vielleicht machen wir Undercut/Overcut. Es gibt viele verschiedene Spielvarianten."

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