• 12. November 2017 · 20:34 Uhr

Vettels hartes Vollgas-Rennen: "Dachte, wir seien schneller"

Sebastian Vettel spricht über einen anstrengenden Brasilien-GP und wieso er die ganze Zeit pushen musste: Bottas härtere Nuss als gedacht, Hamilton keine Gefahr

(Motorsport-Total.com) - Lange genug hat es gedauert, doch endlich ist Sebastian Vettel und Ferrari der erste Sieg nach der Sommerpause gelungen - aus seiner WM-Sicht leider zu spät. Im ersten Rennen nach der Krönung von Lewis Hamilton fuhr der Heppenheimer in Brasilien zu seinem fünften Saisonsieg und machte damit einen großen Schritt in Richtung Vizemeisterschaft, die trotz Rang zwei von Valtteri Bottas nun greifbar scheint.

"Es war ziemlich anstrengend, ziemlich hart, aber für uns alle ein tolles Ergebnis und die Belohnung für ein paar schwere Wochen. Deswegen bin ich froh, dass es mal geklappt hat, um ehrlich zu sein", lacht der Deutsche nach den 71 Runden auf dem Autodromo Jose Carlos Pace erleichert. Für Ferrari ging damit eine Strähne von sieben sieglosen Rennen in Folge zu Ende. Doch für den Sieg musste Vettel härter arbeiten, als er eigentlich gedacht hätte.

"Ich dachte, dass wir im Rennen ein bisschen schneller sind", meint er. Doch Bottas hinter ihm ließ nicht locker und fuhr schließlich mit 2,7 Sekunden Rückstand ins Ziel. "Wir hatten alle ungefähr die gleiche Pace. Der Start war dann natürlich sehr entscheidend - ich glaube, sonst wäre es schwer geworden." Und genau der Start gab am Ende den Ausschlag, weil sich Vettel schon auf den ersten Metern auf Rang eins setzen konnte.

Der viermalige Weltmeister kam gut von der Linie weg und wähnte sich schon in Führung. "Im ersten Moment dachte ich: 'Yes! Jetzt habe ich ihn!' Und dann war ich wohl etwas zu euphorisch und war ein bisschen zu schnell am Gas und hatte Wheelspin. Ich dachte mir: 'Oh nein! Jetzt zieht er wieder weg!'", schildert der Sieger lachend. Doch weil Bottas noch mehr Wheelspin hatte, konnte Vettel profitieren und sich in der ersten Kurve innen danebensetzen.

Vettel wird Bottas nicht los

Nach der Safety-Car-Phase versuchte er dann alles, um seinen Verfolger im Rückspiegel abzuschütteln, doch eine Lücke konnte der Ferrari-Pilot nicht aufreißen. Vor allem im ersten und dritten Sektor konnte Bottas viel Zeit gutmachen, von daher musste Vettel zusehen, dass er vor allem im zweiten Sektor schnell ist, um keine Angriffsfläche zu bieten. "Er war die ganze Zeit in meinem Windschatten. Ich wollte, dass er endlich aus meinem Spiegel verschwindet, aber das hat nicht so geklappt", so Vettel.

Ganz besonders knapp wurde es schließlich beim einzigen Boxenstopp des Führungsduos. Bottas bog nach 27 Runden zum Service ab, was Ferrari umgehend konterte, um den Undercut nicht zuzulassen. Glücklicherweise aus Scuderia-Sicht reichte der Vorsprung Vettels aus und er konnte sich äußerst knapp vor dem Mercedes-Piloten behaupten - dafür musste er aber in der engen Boxenausfahrt alles geben. "Als ich dann gesehen habe, dass wir knapp vorne sind, war ich natürlich erleichtert", sagt er.

Doch noch galt es, den Vorsprung auch ins Ziel zu tragen, denn mehr als 40 Runden galt es auf dem Soft-Reifen zu absolvieren. Vettel fühlte sich auf diesen nicht so wohl wie auf den Supersofts und bekam gegen Rennende ziemlich starke Vibrationen. "Und der linke Vorderreifen sah nicht so gesund aus", wirft er ein. "Aber die letzten Runden konnte ich dann ein bisschen kontrollieren." Und schließlich als Sieger über die Ziellinie fahren.

Kimi Räikkönen: Dreimal in Folge Dritter

Das gute Ergebnis machte Kimi Räikkönen als Dritter perfekt. Der "Iceman" landete bereits zum dritten Mal hintereinander auf Rang drei und musste sich in der Schlussphase gegen den heranstürmenden Lewis Hamilton (Mercedes) erwehren. Im Gegensatz zu seinem Teamkollegen hatte der Finne auf dem ersten Reifensatz eine schwierige Balance und fand erst gegen Ende richtig in die Spur.

Räikkönen kam noch einmal an Vettel und Bottas heran, doch an ein Überholmanöver war für ihn nicht zu denken, sodass er sich 1,8 Sekunden hinter dem Mercedes mit Rang drei abfinden musste. "Man kann nah herankommen, aber tun kann man nichts", winkt er ab. "Ich hatte zwar viel Speed, trotzdem blieben wir immer beim gleichen Abstand."

Aus diesem Grund sorgte er sich auch nicht vor Hamilton im Rückspiegel. "Ich habe gar nicht genau geschaut, was er tut", zuckt er mit den Schultern. "Ich mache mein eigenes Ding." Räikkönen kam im zweiten Sektor etwas weg und hatte auch stets einen guten Kurvenausgang vor der Start-Ziel-Gerade. "Von daher habe ich mir auch keine großen Sorgen gemacht."

Vettel: Hamilton war keine Gefahr

Trotzdem kam Hamilton zeitweise ziemlich nah, und Räikkönen muss zugeben, dass er Hamilton am Ende doch etwas mehr im Blick hatte. Etwas mehr als ihm lieb war. "Ich habe mich in der ersten Kurve ein paar Mal etwas verbremst, weil ich zu sehr in den Rückspiegel geschaut habe und nicht genug gebremst habe", gibt er zu. Einen ernsthaften Angriff des Briten musste er aber nicht befürchten.

Das gilt auch für Sebastian Vettel, der möglicherweise noch in Reichweite Hamiltons gewesen wäre, wenn dieser schnell an Räikkönen vorbeigekommen wäre. Zeitweise lag der Weltmeister trotz Start aus der Boxengasse sogar vor dem Heppenheimer in Führung, doch ernsthaft rechnete dieser nicht mit ihm: "Es ist nicht das erste Mal, dass eine andere Strategie Vorteile hat. Das ist nicht attraktiv, wenn man vorne startet, kann aber in seiner Position attraktiv sein", meint er.

Außerdem ist sich Vettel sicher, dass er wie Bottas hinter ihm nicht seine Pace hätte fahren können, weil er im zweiten Sektor Boden verloren hätte. "Von daher war er keine wirkliche Gefahr", winkt Vettel ab. Und so fuhr der Heppenheimer schließlich als Sieger über die Ziellinie und konnte Ferrari nach einigen schwierigen Wochen endlich wieder einen Erfolg schenken. "Die Erleichterung ist jetzt groß", strahlt er.

Denn Vettel weiß, was der Sieg für sein Team bedeutet: "Das war für alle sehr wichtig", betont er. "Wir hatten viele lange Nächte in der Fabrik, die die Ergebnisse nicht widergespiegelt haben. Von daher war es gut, heute beide Autos auf dem Podium zu haben." Das gibt nicht nur Schub für das letzte Saisonrennen, sondern auch für den anstehenden Winter und die kommende Saison.

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