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Rennvorschau Sao Paulo: Wird Bottas noch Vizeweltmeister?
Wie Valtteri Bottas seine Chancen, Sebastian Vettel doch noch abzufangen, in Interlagos wahren kann und wieso Max Verstappen erneut nicht zu unterschätzen ist
(Motorsport-Total.com) - Die WM ist entschieden: Lewis Hamilton krönte sich in Mexiko zum vierten Mal in seiner Karriere zum Weltmeister. Geht es daher in Interlagos (im Motorsport-Total.com-Live-Ticker) nur noch um die Ehre? Nicht unbedingt, denn Sebastian Vettel könnte im Klassement noch von Mercedes-Pilot Valtteri Bottas überholt werde. Für beide geht es außerdem darum, sich für die kommende Saison in eine gute Ausgangslage zu bringen: Wie Nico Rosberg im Vorjahr bewiesen hat, legte er mit Siegen zu Saisonende 2015 bereits den Grundstein zum Titel und ging so mit einem positiven Momentum in die Erfolgssaison.
Wenn es um das Momentum geht, dann haben sowohl Vettel als auch Bottas derzeit deutlich Luft nach oben: Der Ferrari-Pilot ist in der zweiten Saisonhälfte nie so recht in Schuss gekommen, was auch an technischen Defekten bei seinem Ferrari lag. Nur mit einem Sieg würde er den enormen Druck, der derzeit auf der Truppe aus Maranello lastet, etwas lindern.
Und Interlagos könnte dafür ein guter Boden sein. Denn das winkelige Infield sollte dem wendigen SF70H perfekt liegen, während die lange Bergaufpassage vor der Start-Ziel-Gerade eher Mercedes-Revier ist. Was Ferrari außerdem gut tun sollte: Endlich ist die Last, dass durch die schwierige WM-Situation keine weiteren Fehler mehr erlaubt sind, vom Traditionsteam abgefallen.
Wie Bottas den Kampf um Platz zwei offenhält
Doch wie kann Bottas, der zuletzt stets klar im Schatten von Lewis Hamilton gestanden ist und sich ebenfalls rehabilitieren muss, die WM offen halten? Der Finne, der 15 Punkte hinter Vettel liegt, muss bei einem Sieg des Ferrari-Piloten Dritter werden, will er in Abu Dhabi doch noch Vizeweltmeister werden und damit den Mercedes-Triumph 2017 perfekt machen.
Wird Vettel Zweiter, muss Bottas Fünfter werden, wird der Rivale Dritter, reicht dem Mercedes-Piloten Platz sieben. Bei einem Ausfall von Bottas reicht Vettel Rang fünf, um den Kampf um Platz zwei vorzeitig zu entscheiden.
Eigentlich müsste der Kurs in Interlagos Bottas entgegenkommen, denn die üblicherweise hohen Temperaturen belasten den Hinterreifen enorm. Doch dieses Jahr sind - wieder einmal - Wetterkapriolen angesagt: Am Freitag und am Samstag sind mit an die 100 Prozent grenzender Wahrscheinlichkeit Niederschläge und Gewitter prognostiziert, am Sonntag geht das Regenrisiko aus aktueller Sicht auf zehn Prozent zurück. Doch in dieser Saison sah es schon öfter nach Regen aus, der dann vor allem am Renntag meist nicht kam.
Red Bull: Zumindest ein weiterer Sieg 2017 eingeplant
Auch die Temperaturschwankungen könnten es den Teams schwer machen: Von 20 bis an die 30 Grad scheint alles möglich. Ganz und gar nicht unglücklich über diesen Wetterbericht dürfte das Red-Bull-Team sein, denn wegen der langen Vollgas-Bergauf-Passage vor und bei Start-Ziel erweist sich das Autodromo Jose Carlos Pace nicht als Paradestrecke für die Siegertruppe von Mexiko. Wenn es aber regnen sollte, dann muss man Max Verstappen und Daniel Ricciardo im Kampf um den Sieg auf der Rechnung haben.
"Bei den vergangenen vier Rennen hatten wir das schnellste Auto am Sonntag", gibt sich Teamchef Christian Horner schon jetzt selbstbewusst. "Hoffentlich ist Brasilien für uns eine gute Strecke. Und warum nicht auch Abu Dhabi? Es wäre großartig, wenn wir die Saison mit zumindest einem weiteren Sieg beenden könnten."
Während Red Bull in der Konstrukteurs-WM auf Platz drei einzementiert ist, könnten sich bei den Fahrern die Positionen verschieben: Ricciardo liegt 14 Punkte vor Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen auf Rang vier, Verstappen befindet sich 44 Zähler hinter dem Teamkollegen. Rein theoretisch könnte sogar er noch Vierter werden, auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist.
Luft für Renault wird immer dünner
Bei der Reifenwahl gibt es in Brasilien keine großen Überraschungen: Pirelli hat wie auch zuletzt Pneus ausgewählt, die um eine Stufe weicher sind als im Vorjahr. Der Medium-Pneu bleibt dabei ein absoluter Ladenhüter: Alle Piloten haben nur eine Mischung nominiert. Die Ferrari-Piloten setzen auf neun Supersoft-Sätze, während die Mercedes-Fahrer acht Sätze der weichsten Mischung ausgewählt haben. Und bei Red Bull setzt man auf eine gemischte Strategie: Verstappen forderte neun Supersoft-Sätze an, Ricciardo acht.
Während bei den drei Topteams die Platzierungen in der Konstrukteurs-WM feststehen und auch Force India Platz vier in Mexiko endgültig absicherte, tobt im Mittelfeld der Kampf um Platz fünf. Williams gelang es mit Lance Strolls starkem sechsten Platz in Mexiko, sich ein bisschen freizuschwimmen - die Truppe aus Grove hat nun einen Vorsprung von 23 Punkten auf das nach dem Abgang von Carlos Sainz geschwächte Toro-Rosso-Team, Nico Hülkenbergs Renault-Truppe fehlen 28 Zähler auf Williams.
Die beiden Teams mit Renault-Motoren litten in Mexiko unter überraschenden Antriebsdefekten, weil die Höhenluft dem Turbolader zu schaffen machte. Auch Interlagos liegt auf 800 Metern Seehöhe, aber Renault hat eine Lösung des Problems versprochen. Da das Renault-Werksteam aber in den vergangenen Rennen so viele verschiedene Defekte verzeichnete, wäre Platz fünf für die auf Platz sieben liegende Truppe aus Enstone inzwischen bereits eine große Überraschung.
Wird Massa bei Heim-Abschied zum Williams-Helden?
Außerdem wird Lokalmatador Felipe Massa, der eben zum zweiten Mal nach dem Vorjahr seinen Rücktritt bekannt gegeben hat, hochmotiviert sein, sich auf gebührende Art und Weise mit einem guten Ergebnis von seinen Fans zu verabschieden. Und wenn er Williams damit Platz fünf sichert, wäre das ein angenehmer Nebeneffekt. Auch Haas könnte rein theoretisch in den Vierkampf noch eingreifen, da man nur einen Punkt hinter Renault liegt, doch die US-Truppe wirkte zuletzt sehr inkonstant: Romain Grosjean und Kevin Magnussen müssen vermutlich auf Fehler und Defekte der Konkurrenz hoffen.
Oder Kollisionen, wie sie nun möglicherweise auch bei Force India wieder auftreten könnten. Denn durch den abgesicherten vierten Platz in der Konstrukteurs-WM hoffen die Streithähne Sergio Perez und Esteban Ocon, nun wieder auf der Strecke gegeneinander kämpfen zu können. "Das haben sie uns gesagt", bestätigt der Mexikaner. Und das hat in dieser Saison schon öfter für Zündstoff gesorgt.
Bekommen Force-India-Streithähne freie Fahrt?
Force-India-Betriebsleiter Otmar Szafnauer, dessen Rennstall die verbleibenden zwei Rennen für Experimente für die kommende Saison nutzen will, gibt seinen Piloten aber noch keine freie Fahrt. "Wir müssen das noch intern besprechen", relativiert der US-Amerikaner mit rumänischen Wurzeln. "Autoteile sind nicht billig. Wenn es einen Crash gibt, dann müssen wir vielleicht für das letzte Saisonrennen neue Teile anfordern. Und dann haben wir noch diesen Test nach Abu Dhabi. Das müssen wir also mitbedenken."
Auch bei McLaren-Honda und Sauber sind die Position in der Konstrukteurs-WM im Grunde bezogen, wenn nicht ein Wunder geschieht. Fernando Alonso und Stoffel Vandoorne sind aber immerhin zuversichtlich, dass der Kurs in Interlagos ihren Boliden mehr entgegenkommt als die vergangenen Strecken. Vielleicht gelingt es zum Abschluss der Zusammenarbeit mit Honda, doch noch für ein versöhnliches Ende zu sorgen.