• 30. Oktober 2017 · 01:11 Uhr

Titelduell endet mit Kollision: Vettel-Freispruch WM-Bonus?

Am Start krachte es in Mexiko noch einmal zwischen den WM-Rivalen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel: Dass es keine Strafe gab, macht Mercedes am WM-Duell fest

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel wollte seine wohl letzte WM-Chance in Mexiko nutzen, doch die Entscheidung im Titelduell mit Lewis Hamilton war beim Grand Prix in Mexiko-Stadt praktisch bereits nach drei Kurven gefallen. Beide Kontrahenten berührten sich im Startgetümmel und fielen nach fälligen Boxenstopps ganz ans Ende des Feldes zurück. Das half jedoch nur Hamilton: Vettel konnte den benötigten zweiten Platz nicht mehr erreichen und verlor den Titel auch rechnerisch.

Der Ferrari-Pilot wollte von der Pole-Position aus alles wagen, doch als Max Verstappen bereits in Kurve 1 aus dem Windschatten angriff, hielt Vettel dagegen und bezahlte den Preis. Der Deutsche drückte den Red-Bull-Piloten weit nach außen, doch weil die nächste Kurve nach links ging, hatte Verstappen plötzlich die besseren Karten und es kam zum ersten Kontakt. Vettel demolierte sich einen Teil des Frontflügels, während Hamilton sofort reinstach und Platz zwei übernahm.

In der folgenden Rechtskurve wollte er sich auch Verstappen greifen, doch weil dieser blockte, verlor Hamilton Momentum. In diesem Moment kam Vettel von der Kurveninnenseite reingerutscht und berührte mit seinem Flügel Hamiltons rechtes Hinterrad. Vettels Flügel ging noch mehr zu Bruch, Hamilton wurde schlagartig langsamer, weil er einen Plattfuß davongetragen hatte. Beide mussten daher noch in der ersten Runde an die Box kommen.

Mercedes versteht Manöver nicht

Bei Mercedes hadert man trotz des dadurch praktisch sicheren WM-Titels mit der Situation: "Es war unnötig. Ich verstehe sein Manöver nicht", ärgert sich der Aufsichtsratsvorsitzende Niki Lauda. Die Schuld lässt sich wohl eher Vettel zuschreiben, der Hamilton nicht einfach so wegziehen lassen wollte. Die Rennkommissare untersuchten die Szene zwar noch einmal, entschieden sich aber letzten Endes gegen eine Strafe.

Das kann Motorsportchef Toto Wolff jedoch nicht ganz nachvollziehen und wirft den Stewards vor, dass sie das WM-Duell noch offen halten wollten: "Es geht um die Weltmeisterschaft, und unter normalen Umständen hätte er wohl eine Strafe bekommen", glaubt er, winkt aber gleich ab: "Aber ich möchte mir die Stimmung nicht vermiesen lassen durch eine Entscheidung, die ich nicht nachvollziehen kann."

"Sebastian ist mit Untersteuern in Lewis' Hinterreifen gefahren. Hätte er ein bisschen langsamer gemacht, wäre nichts passiert", sieht auch Lauda die Schuld beim Deutschen. Allerdings kann er akzeptieren, dass man die Szene für einen Rennunfall hält - fordert dann aber Konstanz in den Entscheidungen. "Was mich immer ärgert: Einmal wird so entschieden und einmal da", sagt er. Denn im Grunde hat Vettel Hamiltons Rennen damit zerstört, denn auch der Diffusor des Briten wurde stark in Mitleidenschaft gezogen und erschwerte den Weg nach vorne.

Verstappen nutzte Unbekümmertheit aus

"Er hat das mit Absicht gemacht", meldete sich Hamilton sogleich bei seinem Team über Funk, das ihn aber beruhigte. Der Brite sieht sich als Opfer: "Ich denke nicht, dass ich zu aggressiv war. Ich habe mein Auto in die perfekte Position gebracht und dem Auto dahinter viel Platz gelassen", verteidigt er seine Sicht und bekommt Zustimmung aus dem Mercedes-Lager: "Lewis kann überhaupt nichts dafür. Er war klar vorne, und Sebastian ist hineingedriftet", so Lauda. "Sebastian hat sich in dem Moment einfach ein bisschen vertan", stimmt auch Ex-Pilot Timo Glock zu.

Der einzige, der heil aus der Angelegenheit herausgekommen war, war Max Verstappen. Der Niederländer holte sich im Durcheinander die Führung und fuhr zu seinem dritten Formel-1-Sieg. Er sieht das Getümmel am Start mit Wohlwollen: "Ich dachte, dass ich gestern etwas verpasst hätte, also musste ich es heute richtig machen", lacht er über seine aggressive Fahrweise.

"Max wusste genau, dass für die anderen beiden viel auf dem Spiel steht", ergänzt Wolff. "Für Lewis und Sebastian ist es extrem schwierig. Du musst aggressiv sein und versuchen, das Rennen zu gewinnen. Wenn du immer zurücksteckst - dafür sind wir nicht hier", so der Österreicher. Das war auch das Motto von Hamilton, der das Rennen eigentlich gewinnen wollte: "Ich habe gesagt, dass ich mich in Kurve 1 nicht zurücknehmen werde", meint dieser nur.

Vettel blockt Kommentare ab

Vettel selbst will sich nach dem Rennen nicht groß zur Startkollision äußern: "Lewis hat heute die Weltmeisterschaft gewonnen. Das ist das Wichtigste, und das solltest du in deiner Zeitung, deinem Blog oder was auch immer schreiben", blockt er Fragen über die Situation ab. Denn ändern würde das ohnehin nichts mehr. "Ich habe so hart gekämpft wie ich konnte. Doch nach dem Flügelwechsel war das Rennen beeinträchtigt."

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Vettel gratuliert Hamilton nach dem Rennen - und gönnt ihm das Rampenlicht Zoom Download

Das gilt auch für Lewis Hamilton. Bei Mercedes ist man der Meinung, dass Hamilton den Grand Prix bei einem sauberen Rennen gewonnen hätte - oder zumindest eine sehr gute Chance gehabt hätte. "Die Pace war mit dem beschädigten Auto sehr gut", betont Wolff. Denn durch den beschädigten Diffusor ging viel Performance verloren - trotzdem schaffte es Hamilton noch auf den neunten Rang.

Doch weil das Rennergebnis heute nicht ganz so im Vordergrund stand, kann sich Hamilton trotzdem als großer Gewinner fühlen. Die Kollision brachte ihm den Titel. Dass er diesen nicht als Sieger feiern konnte, wurmt ihn schon. Doch er hat es abgehakt: "'Still I rise' (Hamiltons Motto; Anm. d. Red.) - das ist alles, was ich sage. Ich habe weitergemacht und bin zurückgekommen."

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