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Der Rauch des Todes: Motoren-Debakel dank Renault-Fehler
Die Renault-Motoren machten dem "Tag der Toten" in Mexiko alle Ehre und starben reihenweise ab: Die Franzosen erklären das Debakel mit einer Fehleinschätzung
(Motorsport-Total.com) - Das Wochenende von Renault kann mit einem einzigen Wort beschrieben werden: Debakel. Der Sieg von Max Verstappen im Kundenteam Red Bull täuscht ein wenig darüber hinweg, dass der französische Motorenhersteller eines der desaströsesten Wochenenden seiner Geschichte erlebte. In der Höhe von Mexiko flogen den Renault-befeuerten Piloten ihre Antriebe reihenweise um die Ohren. Das Motto "Tag der Toten" war eher als Synonym für die Renault-Motoren zu sehen.
Nico Hülkenberg und Carlos Sainz sahen die Zielflagge im Werks-Renault jeweils nicht, und Daniel Ricciardos Red Bull gab trotz brandneuem Motor, der erst in der Nacht gewechselt wurde, bereits nach fünf Runden den Geist auf. Am schlimmsten erwischte es aber Toro Rosso: Erst gab es zahlreiche Defekte im Training, dann konnte Pierre Gasly das Qualifying gar nicht erst aufnehmen, und Brendon Hartley rauchte im Rennen ab - die Jungbullen waren mit fünf Antriebsschäden stark gebeutelt.
"Mit Sicherheit läuft da fundamental irgendetwas schief", äußert sich Daniel Ricciardo nach seinem Ausfall. In Mexiko werden die Aggregate durch die große Höhenlage stärker als sonst beansprucht, weil weniger Luft zur Kühlung vorhanden ist, doch das ist für den Australier keine Ausrede: "Wir kommen schon ein paar Jahre hier nach Mexiko, von daher sollte es eigentlich keine Überraschungen geben", sagt er.
Zu viel Performance, zu wenig Zuverlässigkeit
Laut Renault-Teamchef Cyril Abiteboul war es am Ende einfach eine Fehleinschätzung des Motorenherstellers, die in Mexiko-Stadt zum Bumerang wurde. "Wir haben einen Fehler bei der Beurteilung in unserer Vorbereitung gemacht, wie wir Performance gegenüber Zuverlässigkeit balancieren wollen", sagt er. Oder anders ausgedrückt: "Wir waren extrem konkurrenzfähig. Ich würde fast sagen zu konkurrenzfähig."
Renault hat die Waage in Mexiko zu sehr in Richtung Performance gelegt und dabei die Zuverlässigkeit außer Acht gelassen. "Das ist eine Fehleinschätzung, die am Wochenende und im Rennen zu einer großen Zahl von Problemen geführt hat", muss Abiteboul einräumen. "Gleichzeitig ist es aber eine Einschätzung, die einem Auto mit Renault-Power auf das oberste Treppchen geholfen hat", sieht er die positive Seite daran.
Warum Max Verstappen aber der einzige Renault-Fahrer war, der ohne größere Probleme durch das Wochenende gekommen ist, gilt es jetzt zu analysieren. "Wir müssen verstehen, was im Verlauf des Wochenendes falsch lief, obwohl es eigentlich lange bekannt war", sagt Abiteboul. Denn eigentlich weiß man bei den Franzosen natürlich von den Besonderheiten in Mexiko - immerhin war man bereits zum dritten Mal zu Gast. "Wir wissen, was wir erwarten müssen. Es gibt keine Ausrede", stellt er klar.
Vorbild Mercedes-Ansatz
Doch die anderen Hersteller haben die Herausforderungen in 2.300 Metern Höhe besser antizipiert. Besonders deutlich wurde das bei Mercedes, die einen konservativeren Ansatz gewählt haben. Lewis Hamilton konnte nicht wie sonst einfach spielerisch durchs Feld pflügen, als er nach dem Startunfall ganz hinten landete. Zwar war sein Diffusor beschädigt, doch selbst an vermeintlich deutlich schlechteren Autos wie Sauber oder Honda kam der Brite nur mühsam vorbei.
"Das sagt eine Menge darüber aus, wie Mercedes dieses Wochenende angegangen ist", sagt Abiteboul und stellt heraus, dass man sich das als Vorbild für die kommenden Jahre nehmen möchte. Denn so etwas soll und darf nicht noch einmal passieren. (Zur Kolumne "Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat" auf unserer Partnerseite Motorsport.com) "Wir haben einfach versucht, zu viel zu erreichen. Wir müssen vielleicht einen demütigeren Ansatz wählen und akzeptieren, dass ein Motor auch gemanagt werden muss."
Dabei sollte man diesen Umstand bei Renault eigentlich wissen. Bereits in Austin gab es einige Probleme mit der Power-Unit, die zu Ausfällen von Hülkenberg und Ricciardo geführt haben. Der Renault-Boss kündigte danach an, dass man die Zuverlässigkeit in den Griff bekommen müsse und für 2018 neue Arbeitsweisen bei der Entwicklung der neuen Antriebe einführen werde. Trotzdem wählte man in Mexiko den falschen Ansatz.
Angstschweiß bei Max Verstappen
Dass es Max Verstappen letzten Endes nicht auch erwischte, ist dem manuellen Management von Red Bull und dem Niederländer zu verdanken. Verstappen hatte nach der Kollision zwischen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel an der Spitze leichtes Spiel und konnte seine Komponenten schonen - zudem hatte er im Gegensatz zu den Konkurrenten freie Fahrt und somit etwas mehr Luft zur Kühlung zur Verfügung.
Trotzdem herrschte im Cockpit und am Kommandostand natürlich Anspannung: "Ich habe auf der Anzeigetafel gesehen, dass er (Ricciardo; Anm. d. Red.) ausschied, und dann sah ich vor mir einen Toro Rosso in Flammen. Ich dachte nur: 'Oh mein Gott, bitte lass das nicht mir passieren!'", schildert der Rennsieger seinen Gedankengang. Bei Red Bull versuchte man daher fieberhaft, alles in den Grünen Bereich zu bringen.
Fotostrecke: GP Mexiko, Highlights 2017
Zum ersten Mal seit Fuji 1976 wird der neue Weltmeister überrundet. Aber das kümmert Max Verstappen wenig. Er gewinnt zum dritten Mal ein Formel-1-Rennen. "Red Bull war zu schnell für uns", muss sich Valtteri Bottas eingestehen. Zum ersten Mal seit Belgien stehen die drei Topteams in Mexiko gemeinsam auf dem Podium. Fotostrecke
"Alles was wir tun konnten, war die Temperaturen an Max' Auto zu managen und sie so kühl wie möglich zu halten", sagt Teamchef Christian Horner. "Wir haben den Benzinfluss runtergedreht und so viel Puffer gelassen, dass die Temperaturen so niedrig wie in Japan waren." Trotzdem konnte Verstappen die Konkurrenz auf Abstand halten und das Rennen souverän gewinnen. "Er hat einen sehr, sehr guten Job gemacht, alles unter Kontrolle zu halten", lobt Horner.
Und so geht Renault zumindest mit einem Erfolgserlebnis aus dem Mexiko-Grand-Prix. Den Rest würde man wohl am liebsten vergessen, doch es gilt, die Lehren aus dem Debakel zu ziehen. Horner: "Ich habe keine Zweifel, dass sie eine ernsthafte Analyse durchführen werden, warum sie hier so auf dem falschen Fuß erwischt wurden."