Formel 1 Mexiko 2017: Vettel schlägt Verstappen knapp
Sebastian Vettel holt sich die 50. Pole-Position seiner Karriere mit hauchdünnem Vorsprung auf Max Verstappen, der diesmal ohne FIA-Strafe davonkommt
(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel hat sich beim Grand Prix von Mexiko (Formel 1 2017 live im Ticker) die 50. Pole-Position seiner Formel-1-Karriere gesichert. Zwar sah es lange Zeit so aus, als wäre Max Verstappen (Red Bull) im Autodromo Hermanos Rodriguez nicht zu schlagen, aber letztendlich war der Ferrari-Star mit einem neuen Streckenrekord von 1:16.488 der Schnellste - dank einer Steigerung von 0,3 Sekunden vom ersten auf den zweiten Q3-Run.
Verstappen ist "super sauer", dass es nicht mit seiner ersten Pole geklappt hat. "Besonders, weil sie heute ziemlich leicht zu holen gewesen wäre", ärgert sich Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko. Verstappen hatte Vettel in Q2 um 0,3 Sekunden abgehängt und lag auch nach dem ersten Q3-Run um 0,3 Sekunden vor dem Deutschen. Aber als es drauf ankam, "bekam ich die Reifen nicht auf Temperatur".
Während Ferrari und Mercedes gleich auf der ersten Runde mit einem neuen Reifensatz attackieren konnten, brauchte Verstappen eine zweite Aufwärmrunde, um auf Speed zu kommen. Beim Warm-up dürfte ihm im Finish ein kleiner Fehler unterlaufen sein. Letztendlich fehlten nur 0,086 Sekunden auf die Pole.
Nach hinten hatten Vettel und Verstappen vier Zehntelsekunden Puffer. "Das war schon eine starke Runde, muss ich sagen", freut sich Vettel. "Ich bin sehr, sehr glücklich. Es war sehr rutschig und damit sehr schwierig, eine gute Runde hinzubekommen. In Kurve 6 hätte ich das Auto fast verloren, ich musste in den ersten Gang runterschalten. Das hat aber nichts gekostet. Von da an wusste ich, dass es reichen würde, wenn ich die Runde sauber ins Ziel bringe."
Ganz anders der angehende Weltmeister Lewis Hamilton (Mercedes), dem am Sonntag selbst bei einem Vettel-Sieg ein fünfter Platz reicht, um den Sack vorzeitig zuzumachen. "Die letzte Runde", ärgert er sich über seine 0,446 Sekunden Rückstand, "hätte schneller sein könnten. Aber es hätte nicht gereicht, um die Jungs vor mir anzugreifen." Was Niki Lauda anders sieht: "Ohne den Fehler wäre er Zweiter geworden."
Valtteri Bottas (Mercedes) wurde Vierter, nur 0,024 Sekunden hinter seinem Teamkollegen. Wegen einer Irritation durch Verstappen im Stadion? Verstappen stand gerade vor Beginn seiner schnellen Runde, als der Silberpfeil schon mit voller Geschwindigkeit ankam - und nach einem Verbremser leicht nach außen rutschte. Die FIA-Rennkommissare untersuchten die Aktion nach dem Qualifying, entschieden aber: "No further action."
"Ich hatte nicht das Gefühl, dass Bottas behindert wurde", findet der neutrale Experte Marc Surer. Helmut Marko nickt zustimmend: "Max ist absolut an den linken Straßenrand gefahren. Wo hätte er sonst hin sollen?" Aber Bottas akzeptiert diese Darstellung nicht: "Er hat meine Runde ruiniert, so hatte ich nur einen Versuch." Und Verstappen selbst? "Für mich war das gar kein Zwischenfall. Das ist sein Problem", winkt er ab.
Dass Mercedes diesmal in Q3 nicht wie gewohnt zulegen konnte, könnte an der Höhenlage in Mexiko-Stadt liegen. In der dünnen Luft kommt die Motorleistung weniger zum Tragen als anderswo. Gleichzeitig ist aerodynamischer Anpressdruck in der Wirkung reduziert. "Das sind offenbar Bedingungen, die dem Red Bull entgegenkommen", analysiert Surer.
Aber nicht Daniel Ricciardo. "Ich verstehe nicht, was los ist", seufzt der Australier. "Wir haben das Auto nicht angerührt, aber der Grip ist weg. Wir haben sogar eine zweite Aufwärmrunde probiert, aber es half nichts. Jeder Run das Gleiche. Das ist super frustrierend." Am Ende wurde er Siebter, geschlagen sogar von Esteban Ocon (6./Force India) - und 0,959 Sekunden hinter Vettel.
Lokalmatador Sergio Perez (Force India) blieb hinter den hohen Erwartungen zurück. "Je schneller die Strecke wurde, desto langsamer wurden wir", rätselt der Mexikaner. "Wir haben die Reifenstrategie nach Q1 geändert. Platz zehn ist ein sehr schlechtes Ergebnis für uns." Noch hinter dem Renault-Duo Nico Hülkenberg (8./+0,978) und Carlos Sainz (9./+1,306), das sich über weite Strecken einen spannenden Schlagabtausch lieferte.
Abseits der drei Topteams hätte unter anderen Umständen womöglich Fernando Alonso (14.) die große Sensation werden können, aber der McLaren-Star ging mit einer Plus-20-Strafe vorbelastet ins Qualifying. Somit verglühte seine absolute (!) Bestzeit im Mittelsektor in Q1 ebenso wie sein fünfter Zwischenrang zu dem Zeitpunkt. In Q2 gingen er und Teamkollege Stoffel Vandoorne (15.), der gleich um 35 Plätze nach hinten muss, gar nicht mehr auf Zeitenjagd.
Pascal Wehrlein war dicht an einer Überraschung dran, lag er doch bis kurz vor Ende von Q1 auf dem 15. Platz. Doch dann wurde er zuerst von Vandoorne auf Position 16 verdrängt, und später fiel er auch noch um 0,157 hinter Teamkollege Marcus Ericsson zurück. Der Schwede verkürzt im Qualifying-Stallduell auf 7:9 und gibt somit eine Empfehlung ab, wenn es um ein Stammcockpit für 2018 geht.
Aber: "Es war nur der letzte Run nicht gut. Davor war ich einmal zwei Zehntel und einmal sechs Zehntel schneller als Marcus", relativiert Wehrlein. "Ich ärgere mich, weil ich in der ersten Kurve einen Fehler gemacht habe, der drei Zehntel gekostet hat. Schade, denn wir haben ein gutes Set-up gefunden." Dass er am Donnerstag nicht ganz fit in Mexiko ankam, lässt er als Ausrede nicht gelten: "Es geht mir wieder gut. Beim Fahren beeinträchtigt mich das gar nicht."
Toro-Rosso-Junior Pierre Gasly konnte nach seinem Motorschaden im dritten Freien Training gar nicht erst antreten. Zwar versuchten seine Mechaniker, das Auto rechtzeitig flott zu machen, doch wenige Minuten vor Q1-Ende war klar, dass es nicht reichen würde. Schwacher Trost: Wegen seiner Plus-15-Strafe wäre er so oder so hinten gestanden. Auch Brendon Hartley (13.) rollte mit Renault-Motorschaden aus. Es war schon der vierte (!) in Mexiko.
Eine schwere Niederlage musste übrigens das Haas-Team einstecken. Die Befürchtung von Teamchef Günther Steiner, dass Mexiko das schwierigste Wochenende der Saison werden könnte, bewahrheitete sich. Der gesundheitlich angeschlagene Kevin Magnussen belegte den 18., Romain Grosjean den 19. Platz. Nur Gasly, der keine gezeitete Runde fahren konnte, wurde hinter den beiden gewertet ...
Vettel ist nun trotz der eher durchschnittlichen Longruns am Freitag optimistisch, ein Wörtchen um den Sieg mitreden zu können: "Der Freitag war nicht so toll, aber über Nacht haben wir uns gesteigert. Wir haben an vielen Dingen gearbeitet und sind jetzt zufrieden." Auch Hamilton macht sich "keine Sorgen" wegen des Renntempos. Wegen etwas anderem schon eher: "Wenn du nicht 1,3 Sekunden schneller bist, kannst du hier nicht überholen. Der Start wird wichtig."