Bottas enttäuscht weiter: Musterbeispiel einer Formkrise
Nur Rang fünf, Rettung aber in Sicht: Wieso langsame Kurven, überhitzende Reifen und Mercedes-Taktikfehler Bottas' Untergang in Austin besiegelten
(Motorsport-Total.com) - Rennwochenende für Rennwochenende das gleiche Bild: Während der eine Mercedes-Pilot - Lewis Hamilton - im Freudentaumel über das Leben sinniert, erklärt sein Teamkollege den Journalisten in seinen Medienrunden zerknittert bis zerknirscht die Gründe für seine Niederlagen. Oder alternativ, warum er sie nicht kennt. Der US-Grand-Prix in Austin am Sonntag war keine Ausnahme, schließlich fiel Valtteri Bottas leistungsmäßig als Fünfter erneut ab. Auch gegenüber Ferrari und Red Bull.
Dabei hatte das Rennen gut begonnen: Bottas hielt am Start die dritte Position und verteidigte sich im heißesten Duell von Texas hart aber fair gegen Daniel Ricciardo, bevor er nach seinem Wechsel von Ultrasoft auf Soft die Ferrari von Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel in Schach hielt respektive attackierte. Das Podium und Rang zwei schienen in Reichweite. "Bei hoher Geschwindigkeit fühlte sich das sehr gut und stabil an", sagt der Finne. Doch altbekannte Probleme holten ihn ein.
Sportchef Toto Wolff erinnert sich mit Schrecken an die Mitte von Bottas' zweitem Stint: "Der Spagat zwischen Vollgas und dem Haushalten mit den Reifen ist sein Problem. Am Sonntag haben wir ein Musterbeispiel erlebt. Es sah alles gut aus und dann ist er eine Klippe heruntergestürzt." Die Rudnenzeiten brachen schlagartig ein und zu allem Überfluss verpasste es Mercedes, Bottas an die Box zu holen, um noch rechtzeitig auf eine Strategie mit zwei Boxenstopps umzuschwenken.
"Ich weiß nicht, was bei dem Team hinter den Kulissen passiert, aber mit mir wurde darüber nicht gesprochen", sagt Bottas. "Wir dachten, dass wir wie Lewis eine Einstopptaktik durchziehen könnten. Der Unterschied war, dass sich bei freier Fahrt mit den Reifen besser haushalten lässt. Man kann fahren wie man will, sie schonen wo man möchte." Im Verkehr und im Zweikampf hatte er nicht die Voraussetzungen wie der Brite: "Der Kampf mit den Ferraris hat meine Taktik ruiniert."
Dennoch erkennt Bottas Fortschritte, zumal der Unterboden an seinem Auto nicht mehr unversehrt war: "Sonst hätte es sogar sehr gut laufen können", hadert er, und ist bemüht, positive Aspekte hervorzuheben: "Immerhin stimmte die Balance. Nur bei niedrigem Tempo hatte ich Probleme." Insbesondere im zweiten Stint überhitzten die Hinterreifen. Das Set-up war in langsamen Passagen nicht nach seinem Geschmack, doch Mercedes hatte sich zu einem Kompromiss gezwungen gesehen. Schließlich war Bottas im Training mit einer angenehmeren Abstimmung schlicht zu langsam.
Doch liegt es nur am Set-up, dass Bottas sich im Silberpfeil schwertut? Oder kann er seinen Fahrstil nicht adäquat anpassen? "Beides", sagt Bottas und erhält Rückendeckung von Team-Aufsichtsrat Niki Lauda: "Wenn man ihm ein Auto gibt, das einfach zu fahren ist und wie er es mag, wird er voll auf der Höhe sein. Aber es widerspricht seinem Fahrstil, wie sich unser Auto derzeit verhält. Sogar Lewis beschwert sich teils darüber, wie schwierig es zu fahren ist - trotzdem kann er gewinnen." Dennoch müsse sich Mercedes an die eigene Nase packen und hinterfragen, warum Bottas nicht das gewünschte Material bekäme.
Für das Rennen in Mexiko hofft Bottas auf eine ähnliche Leistung wie in Italien, als er jügst in der Lage war, Hamilton einigermaßen zu folgen: "Wir fahren mit weniger Abtrieb als in Monza. Normalerweise funktioniert dieses Paket mit wenig Flügel für uns immer gut", analysiert der Finne. "Aber dort sind die Gesetzmäßigkeiten andere. Es ist eine Unbekannte." So wie vieles in der Causa Bottas.