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Haas beinahe Letzter: Fehlen fünf Jahre Erfahrung mit Pirelli?
Zynismus als letzter Ausweg: Wieso bei Haas in Sepang die Nerven blank liegen und man trotz eines guten Autos in den Kurven sogar langsamer ist als Sauber
(Motorsport-Total.com) - Bei Haas macht sich nach den Startplätzen 16 und 17 für Romain Grosjean und Kevin Magnussen Sarkasmus breit. Worauf der Franzose am Sonntag hoffe? "Ein gutes Frühstück und dann eine ordentliche WC-Sitzung", grinst Grosjean. "Okay, den Kaffee habe ich jetzt vergessen. Im Ernst: Uns kann nicht viel helfen. Der Regen eröffnet immer viele Möglichkeiten, aber wenn es richtig heiß wird, dann brechen vielleicht auch viele Autos zusammen. Warum nicht..."
Dass der Haas-Bolide am Sonntag plötzlich funktioniert, kommt nicht in Grosjeans Wunschliste vor. Diese Hoffnung hat der Routinier zumindest in Sepang aufgegeben. Ein Blick auf die Zeiten erklärt warum. Grosjean und Magnussen konnten sich gerade mal mit Müh und Not vor dem Sauber von Pascal Wehrlein retten. Der Mercedes-Schützling war am Ende um nur 0,049 Sekunden langsamer als der Däne.
Da Haas im Vorjahr den Ferrari-Motor nutzte, der nun im Sauber eingebaut ist und der deutlich langsamer ist, kann das Team die Situation genau einschätzen. "Wir wissen also, wie groß der Unterschied ist", sagt Grosjean. "Und wir wissen auch, dass wir mehr Abtrieb haben als sie. Der Abtrieb ist aber offensichtlich nicht das Problem, sondern dass wir einfach nicht den Grip zusammenbekommen. Das ist frustrierend, denn das Auto ist viel besser als es aussieht. Das haben wir in Österreich gesehen, als wir vom ersten Training bis zur letzten Rennrunde mit den Reifen immer im Fenster waren."
Im Teufelskreis: Wie die Reifen Haas zur Verzweiflung bringen
Damals war Haas noch das gesamte Wochenende lang die vierte Kraft. Auch in Sepang startete man mit der Soft-Reifenmischung gut in das erste Training. "Außer Ocon war - abgesehen von den Top-3-Teams - niemand schneller als wir, und das Auto hat sich großartig angefühlt", blickt Grosjean zurück. "Als wir aber dann den Supersoft-Reifen aufzogen, hatte ich plötzlich extremes Untersteuern. Es fühlte sich an, als würde ich auf der Felge fahren. Ich kannte mich nicht mehr aus."
Haas probierte, die Probleme an der Vorderachse zu lösen, bastelte an der Balance. "Aber dadurch hatten wir plötzlich auch Schwierigkeiten mit den Hinterreifen, ohne das Problem an der Vorderachse gelöst zu haben", beschreibt Grosjean den Teufelskreis, den man seitdem nicht mehr verlassen hat. Auf die Frage, ob man nun eine Balance gefunden habe, zuckt der Haas-Pilot nur mit den Schultern: "Wir haben eine Balance, ohne eine Balance zu haben. Alles ändert sich ständig, weil die Reifen nicht im richtigen Temperaturfenster sind."
Dieses Problem verfolgt Haas seit einigen Rennen. Man versteht die Pirelli-Reifen einfach nicht. Wenn sich die Lufttemperatur nur um ein paar Grad ändert, gerät die Situation beim US-Team, das viele Teile von Ferrari bezieht, außer Kontrolle. Grosjean hat dafür eine Theorie. "Die anderen Teams verwenden die Pirelli-Reifen seit 2011", spielt er darauf an, dass Haas erst seine zweite Saison bestreitet. "Da haben die anderen Teams einen Erfahrungsvorsprung von fünf Jahren."
Sogar Sauber in den Kurven schneller
Auch Teamkollege Magnussen leidet unter den Problemen. "Was auch immer wir an diesem Wochenende probiert haben... wir sind einfach nicht vom Fleck gekommen", klagt er. "Wir haben nach dem dritten Training fast alles geändert, und ich hätte im Qualifying trotzdem nicht schneller fahren können."
Auch ihm macht der Vergleich mit Sauber Sorgen: "Wenn ich mir die GPS-Daten ansehe, dann sind wir in den Kurven langsamer als sie, aber das entspricht nicht unserem Auto. Was Abtrieb, Aerodynamik und die Aufhängung angeht, ist es viel besser. Ich will einfach nicht glauben, dass die anderen uns mit ihrer Entwicklung überholt haben."
Teamchef Steiner hadert mit dem Schicksal
Und zu allem Überdruss musste die Haas-Mannschaft auch noch Überstunden machen, nachdem Grosjean am Freitag-Nachmittag wegen eines losen Kanaldeckels mit hoher Geschwindigkeit von der Strecke geflogen war. "Es kann immer noch schlimmer werden", hat auch Teamchef Günther Steiner schon den Eindruck, dasss in Sepang ein Fluch auf seinem Team lastet. "Derzeit kann bei uns auch nichts klappen. Wir haben auch so schon so große Probleme, und es hätte gestern 19 andere Autos treffen können, aber es muss natürlich uns passieren."
Trotz allem glaubt das Haas-Team an eine Lösung. "Ich glaube, wir wissen, warum wir so langsam sind", sagt Steiner. "Wir kennen aber noch nicht des Rätsels Lösung." Das bestätigt auch Grosjean: "Wir haben ein paar Ideen, was wir probieren könnten, und wir werden es irgendwann lösen. Das sollte die Performance deutlich verbessern."
In Anbetracht der Reifenproblematik ist das Thema Bremsen, das Haas und vor allem Grosjean auch schon seit dem Vorjahr verfolgt, übrigens etwas in den Hintergrund gerückt. Nach dem Experiment mit einer neuen Spezifikation von Bremsenzulieferer Carbon Industries am Freitag wechselte Magnussen wieder zu Brembo zurück, während Grosjean bei seinem Lieblingsanbieter blieb.
"Ich bin sehr zufrieden", lobt der Franzose die Bremsscheiben von Carbon Industries. Auch wenn die Kühlung für den Kurs in Sepang noch nicht optimal ist. "Das muss ich im Rennen kontrollieren."