• 17. September 2017 · 19:43 Uhr

Angst und Taktik: Warum Mercedes Hamilton einbremste

Die Befürchtung, dass Hamilton einen Fehler machen und Red Bull eine Safety-Car-Phase ausnützen könnte, ließen das Team in Singapur die Notbremse ziehen

(Motorsport-Total.com) - Der Mercedes-Kommandostand war nicht nur aufgrund des monsunartigen Regens beim Singapur-Grand-Prix klatschnass, sondern auch, weil den Ingenieuren der Angstschweiß von der Stirn heruntertropfte. Grund: Lewis Hamiltons Gasfuß. Der WM-Führende war ihnen auf dem Weg zum scheinbar sicheren Sieg zu schnell, sodass sie ihn einbremsten. "Es war wahrscheinlicher einen Fehler zu machen als es nach Hause zu fahren", beschreibt Sportchef Toto Wolff die prekäre Situation.

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Lewis Hamilton war an der Spitze ungefährdet - und trotzdem verwundbar Zoom Download

Nach der dritten Safety-Car-Phase wurde es Mercedes zu bunt: Hamilton, der locker von Verfolger Daniel Ricciardo im Red Bull wegzog, wurde mit einem Funkspruch eingebremst. "Wir hatten die Sorge, dass er die Reifen zu stark beanspruchen würde", meint Wolff. "Er hat binnen einer Runde zwei Sekunden herausgefahren - das war viel. Deshalb haben wir ihm gesagt, er soll es locker nehmen." Hamilton hielt sich an die Anweisung des Teams, die noch einen anderen Hintergrund hatte.

Er sollte die Lücke zu Ricciardo auch deshalb nicht weiter aufreißen, weil sich für seinen Rivalen sonst taktische Möglichkeiten ergeben hätten. Das sogenannte Safety-Car-Fenster hätte sich weiter geöffnet. Heißt: Wäre das Führungsfahrzeug ein weiteres Mal und in einem Moment ausgerückt, in dem Hamilton die Einfahrt zur Boxengasse gerade passiert hätte, wäre Red Bull genügend Zeit geblieben, um seinen Mann ohne Positionsverlust zur Crew zu holen und frischen Reifen auszustatten.

Mit besseren Pneus und dem durch das Safety-Car eingedampften Rückstand wäre ein Geniestreich des Australiers denkbar gewesen. "Dann hätte er uns überholen können", weiß Hamilton, der nach dem besagten Funkspruch in Runde 44 zwei Sekunden im dritten Sektor verlor - nach eigener Aussage keinen Fahrfehler beging, sondern sich blind auf das Team verließ und vom Gas ging. "Die Ansage war verwirrend und deshalb haben wir uns binnen einer Runde korrigiert", klärt Wolff auf.

Das Vertrauen kam nicht von ungefähr: Die Ingenieure hatten schon beim Wechsel von Intermediates auf Trockenreifen ein goldenes Händchen bewiesen. "Es war eine schwierige Entscheidung, es war noch sehr rutschig", erinnert sich Wolff an die Phase gegen Rennhalbzeit. Bei Mercedes war man Haas-Pilot Kevin Magnussen dankbar, dass er als erster Fahrer pokerte und vorführte, ob der Asphalt bereits trocken genug war, um mit den Ultrasofts schneller zu sein als mit den Profilpneus.


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Als der Däne so schnell war wie die Spitze, wartete Mercedes nur noch auf den Gegner. "Wir haben bei Ricciardo gehört, dass er an die Box kommen würde. Da war es keine Frage mehr", sagt Wolff über den Stopp in Runde 29 und erklärt, warum man Hamilton auf keinen Fall vor dem Widersacher an die Box holen wollte:"Er hätte das Gegenteil machen können und wir wären auf Platz zwei gelandet. Es war keine Option." Es galt, den Status Quo zu sichern, weil es sonst keine Gegner gab.

Der Sportchef reibt sich die Hände wegen seines unverhofft schnellen Silberpfeils: "Wir sind unter verschiedenen Bedingungen und auf unterschiedlichen Reifen weggezogen. Es wird interessant zu analysieren, warum es so war." Vielleicht lag es am Piloten, den Wolff offenbar liebend gerne einbremsen muss. "An einem schwierigen Tag wünscht man sich Lewis im Auto", schwärmt er.

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