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Mercedes wundert Ferrari-Debakel: "Wir hatten Reserven"
Dass Hamilton und Bottas im Schongang zum Sieg cruisten, sei ein Zeugnis der Ferrari-Schwäche gewesen - Der Finne löste letzte Probleme per Glanzmanöver
(Motorsport-Total.com) - Es war ein einsamer Doppelerfolg für die Mercedes-Mannschaft beim Italien-Grand-Prix am Sonntag in Monza: Lewis Hamilton siegte mit einer scheinbaren Spazierfahrt vor seinem Teamkollegen Valtteri Bottas - und 36,317 Sekunden vor der Konkurrenz, angeführt von Sebastian Vettel im Ferrari. Es war der erste "Back-to-Back"-Sieg der Formel-1-Saison 2017, der dem Briten auch die Führung in der WM-Gesamtwertung einbrachte. Probleme? "Nullkommanull", so die Fahrer unisono.
Hamiltons Brust war auf dem Podium so breit, dass er einen kleinen Pfeil in Richtung der Unmengen von Tifosi auf der Strecke und der Haupttribüne abschoss: "Ich liebe die Ferrari-Fans, sie sind fantastisch", rief der Ex-Champion, der in den vergangenen Tagen oft Pfiffe geerntet hatte, um anschließend die Muskeln spielen zu lassen: "Die Mercedes-Power ist einfach besser als die Ferrari-Power. Das hat uns zum Sieg geführt." Ein wahres Wort. Silber war im Feindesland brutal schnell.
So schnell, dass sogar Sportchef Toto Wolff staunt - jedoch nicht über die eigene Leistung, sondern über die Versäumnisse der Konkurrenz: "Unsere Pace war gut, aber eher war es so, dass der Ferrari heute nicht funktioniert hat. Im Mittelsektor waren sie zu weit weg. Es war eher ein Problem an ihrem Auto als eine Dominanz von uns." Konkret vermutet er, dass die Scuderia ihre Reifen nicht in das Arbeitsfenster gebracht hätte, wundert sich aber über die häufigen Schwankungen in der Saison.
"Wir haben Rennen gehabt, in denen wir viel stärker waren - Silverstone oder Monza. Und dann welche wie in Budapest oder überraschenderweise Spa", sagt Wolff. Er meint die WM-Läufe, in denen Rot Silber die Sporen gab, obwohl die Charakteristik der Kurse es nicht hatte vermuten lassen. "Mit den neuen Autos muss man seine Hausaufgaben machen, sie verstehen. So wie Ferrari heute die Antworten gefehlt haben, haben sie uns bei vorherigen Rennen gefehlt." Mercedes opferte in Spa Tempo für ein gutes Auto auf den Longruns, was Stabilität auf der Bremse und in den Kurven kostete. In Monza seien die Defizite wie weggeblasen gewesen, resümiert ein erfreuter Wolff.
Hamilton brauchte nur auf den ersten Metern Antworten: "Der Start war schwierig. Es war nicht so viel Grip da", sagt er über die kniffligste Phase am Sonntag, die rasch vorbei war, als er an der Spitze einsam seine Kreise zog. Bottas, der nach dem Start Räikkönen in einem beinharten Duell samt Berührung am Eingang der Curva Grande vorbeilassen musste, war eher gefordert: "Als er von Kimi überholt wurde und hinter den Kids steckte, hätte es ein schwieriges Rennen werden können. Aber er hat sich zurückgekämpft und einen fantastischen zweiten Platz geholt", schwärmt Wolff.
In der Tat arbeitete sich der Finne mit Bravour nach vorne. Er konterte Räikkönen in der Parabolica-Kurve auf der Außenbahn, ließ dann die "Kids" - also Lance Stroll und Esteban Ocon - stehen. Allerdings wehrte sich der Mercedes-befeuerte Nachwuchs auch nicht. "Ich musste konzentriert bleiben und Schritt für Schritt nach vorne kommen", erklärt Bottas, "aber das Auto war heute so stark."
Anschließend blieb er im Fünf-Sekunden-Fenster hinter Hamilton, dem Vettel in einem Dialog der beiden nach der Zieldurchfahrt nicht abkaufte, dass er mit voller Power unterwegs gewesen wäre. Dabei leistete sich der Brite sogar einen kurzen Besuch im Kiesbett, zumindest mit zwei Rädern.
Für Wolff ein Zeichen, wie ungefährdet der Erfolg war: "Es ist wichtig für den Fahrer, dass du immer einen gewissen Druck hast, damit du die Konzentration nicht verlierst. Aber er hatte immer alles unter Kontrolle." Auch Team-Aufsichtsrat Niki Lauda erkennt keinen Lapsus seines Schützlings: "Du wachst schnell auf, wenn dir solche Dinge in Führung liegend passieren. Du kannst das ganze Rennen nicht an irgendetwas anderes denken, dann bist du noch weiter draußen. Er hat es gut korrigiert und nichts falsch gemacht. Mehr kann man nicht verlangen", lobt die Rennlegende.
Hamilton spricht davon, dass die Auslaufrunde am Ende des Rennens - Seite an Seite mit Bottas - "etwas Besonderes" gewesen sei und "Solidarität demonstriert" hätte. Dass Red Bull ihm ohne die Gridstrafen hätte gefährlich werden können, glaubt er nicht: "Wir hatten noch Reserven", deutet er an, dass Vettel mit seiner Vermutung nicht falsch lag. Wolff sieht ein spezielles "Monza-Paket" als Grund für das überraschende Aufkommen der Österreicher, relativiert aber: "Wir haben einen vernünftigen Weg gesucht, sie Rennen fahren zu lassen, aber den Antrieb nicht zu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen. Uns ist klar, dass die Laufleistung am Ende eine Rolle spielen wird."