Formel 1 Spa 2017: Hamilton stellt Schumachers Rekord ein
Tränen nach der 68. Pole-Position: Lewis Hamilton schlägt Sebastian Vettel und knackt Michael Schumachers Rekord ausgerechnet in dessen "Wohnzimmer"
(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton sicherte sich die Pole-Position für den Grand Prix von Belgien (Formel 1 2017 live im Ticker) und stellte damit den ewigen Pole-Rekord von Michael Schumacher ein. Ausgerechnet in Schumachers "Wohnzimmer" in Spa-Francorchamps egalisierte Hamilton mit einem neuen Streckenrekord von 1:42.553 Minuten dessen Bestmarke von 68 Poles.
Anschließend spielten sich emotionale Szenen ab, als Formel-1-Sportchef Ross Brawn im Namen der Schumacher-Familie gratulierte. Rekorde seien da, um gebrochen zu werden, habe Schumacher immer gesagt - was Hamilton zu Tränen rührte: "Ich habe Michael immer bewundert, und tue das heute noch. Er ist und bleibt einer der Größten aller Zeiten."
Der Weg zur Pole-Position war letztendlich einfacher als gedacht. Hamilton fuhr schon im ersten Versuch überlegen Bestzeit und konnte sich im zweiten noch einmal steigern. Zunächst lag kurzzeitig sein Teamkollege Valtteri Bottas (+0,541) auf P2 - aber da waren die Ferraris noch auf ihrer schnellen Runde. Und das Pech von Kimi Räikkönen sollte Sebastian Vettels Glück sein.
Räikkönen fuhr im ersten Sektor die bessere Zwischenzeit als Vettel, leistete sich dann aber einen Fehler, brach seine Runde ab und gab stattdessen Vettel Windschatten. So wurde der (+0,242) noch in die erste Reihe gezogen. "Kimi", bedankt er sich, "gab mir einen sehr schönen Windschatten, der es mir etwas einfacher gemacht hat, was Valtteri angeht."
Denn Bottas blieb letztendlich 0,299 Sekunden hinter dem Deutschen - und sah gegen Hamilton das ganze Wochenende kein Land: "Ich wollte auf die Pole, aber Lewis hat einen perfekten Job gemacht, während ich Probleme hatte. Das müssen wir jetzt untersuchen", seufzt er.
Noch ärgerlicher ist P4 für Landsmann Räikkönen, der mit zwei Bestzeiten in drei Trainings eigentlich als heißer Pole-Favorit galt. Aber als es in die Entscheidung ging, klagte er plötzlich über Vibrationen: "Das hat nicht geholfen", knurrt der Ferrari-Fahrer. "Das ganze Wochenende lief gut, dann auf einmal so ein verpatztes Qualifying. Sehr enttäuschend."
Red Bull war wie erwartet nur dritte Kraft. Max Verstappen, bejubelt von zehntausenden "Oranjes", fehlten zwar nur 0,110 Sekunden auf Räikkönen; aber das war für den Publikumsliebling auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke das absolute Maximum: "Ein perfektes Qualifying", findet er. "Ich habe meine besten Sektoren in eine Runde bekommen. Das gelingt nicht so oft."
Daniel Ricciardo hatte das ganze Wochenende Schwierigkeiten, das Tempo seines Teamkollegen zu gehen. "Je mehr wir pushen, desto mehr Probleme haben wir", analysiert der Australier. Letztendlich fehlte ihm eine halbe Sekunde auf Verstappen. Immerhin: Nach hinten hatte er einen Puffer von mehr als einer Sekunde auf Nico Hülkenberg (Renault/+2,429), diesmal überraschend "Best of the Rest".
Lange hatte es nämlich danach ausgesehen, als würde Jolyon Palmer seinen deutschen Teamkollegen erstmals in den Schatten stellen. Aber Palmer meldete schon auf der FIA-Waage in Q2 eine defekte Kupplung, und als er in Q3 gerade auf seine schnelle Runde gehen wollte, ging sein Heck in Flammen aus. So wurde er hinter den beiden Force Indias ohne Q3-Zeit Zehnter.
Fernando Alonso sicherte sich Platz elf, obwohl er am Ende von Q2 ausrollte. "No power", funkte der McLaren-Fahrer einmal mehr - und seufzte in Richtung Honda: "Wie kann das sein?" Immerhin ließ er das Haas-Duo Grosjean/Magnussen knapp hinter sich. Und Landsmann Carlos Sainz (Toro Rosso), der sich nach teilweise guten Trainingsleistungen sicher mehr ausgerechnet hatte.
Bereits in Q1 verabschiedeten sich neben Daniil Kwjat (17./Toro Rosso) beide Williams- und Sauber-Fahrer. Während Sauber wegen des alten Ferrari-Motors trotz Update von Haus aus chancenlos war (aber Pascal Wehrlein sein Stallduell um 0,465 Sekunden verlor), kam die Williams-Pleite auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke eher überraschend.
Lance Stroll (18.) war schon früh aus dem Rennen, weil er sich eine Heckflügel-Endplatte kaputt fuhr. Die Mechaniker versuchten noch, diese zu wechseln, schafften dies aber nicht rechtzeitig für einen zweiten Run. Und Felipe Massa schob sich am Ende von Q1 kurzzeitig auf P15, doch unterm Strich fehlten ihm 0,095 Sekunden auf Romain Grosjean (12./Haas). Dazu kommt für den Brasilianer eine Plus-Fünf-Strafe wegen Missachtens von Doppel-Gelb in FT3.
Für Wehrlein ist der letzte Platz nach Wegfliegen eines Aero-Teils eine Ernüchterung: "Wie viel ich dadurch verloren habe, weiß ich nicht", versucht er sich zu erklären. "Ich habe im Mittelsektor, also in den schnellen Kurven, extrem viel Zeit verloren. Da bin ich die ganze Zeit nur herumgerutscht." Immerhin muss er morgen nicht als Letzter starten. Das wird Lokalmatador Stoffel Vandoorne (McLaren) mit seiner Plus-65-Strafe ...
Für das Rennen rechnet sich Vettel trotz der Hamilton-Pole durchaus Chancen auf den Sieg aus: "Mercedes wird schnell sein. Aber wir müssen uns nicht verstecken." Und auch Mercedes-Sportchef Toto Wolff warnt vor Selbstzufriedenheit: "Spa ist eine Strecke, die uns liegen sollte. Insofern sind sie schon ziemlich nahe. Der Longrun der Ferraris war sehr schnell."