Zu vorsichtig? Max Verstappen entgeht dem Reifendrama
Max Verstappen lieferte sich in Silverstone trotz Nachteil ein erbittertes Duell mit Sebastian Vettel - Verschenkte Red Bull aus Sicherheitsgründen ein Podium?
(Motorsport-Total.com) - Max Verstappen atmet auf. Der Red-Bull-Youngster konnte beim Grand Prix von Großbritannien endlich seine Pechsträhne beenden und das erste Mal seit dem Rennen in Monaco wieder die Zielflagge sehen. Aber wäre am Ende mehr drin gewesen, als der vierte Platz hinter Kimi Räikkönen? Mit einem Ferrari lieferte sich Verstappen ein packendes Duell auf der Strecke. Im Fernduell ums Reifenmanagement reagierte das Team dann aus Vorsicht.
Denn in der dramatischen Schlussphase holte sich erst der Zweitplatzierte Räikkönen einen Plattfuß. Dann holte man Verstappen an die Box. Und dann erwischte es auch noch Sebastian Vettel. "Wir wären durchgekommen, aber nachdem wir gesehen haben, was Ferrari blühte, haben wir sicherheitshalber gewechselt", erklärt Red-Bull-Berater Helmut Marko gegenüber 'Sky'.
Das Reifen-Risiko wurde vermieden. Aber Verstappen hätte auch ohne den Sicherheitsstopp nur schwer in den Champagner-Genuss kommen können, auf den er schon seit China wartet. In der 49. von 52 Rennrunden lag der Niederländer rund 9,4 Sekunden hinter Vettel, der am Ende nur noch Siebter wurde. Auf Räikkönen waren es zu dem Zeitpunkt aber schon über 40 Sekunden. Und der Finne verlor mit seinem Reifenschaden weniger Zeit als Vettel.
Warum Verstappen in die Reifen-Bredouille kam
"Wenn wir in der Lage gewesen wären, vor ihm zu bleiben, wären wir auch nicht reingekommen", so Teamchef Christian Horner. "Aber von der Saftey-Car-Linie aus wären wir auch so drei Sekunden dahinter geblieben, als sind wir auf Nummer Sicher geganngen."
Außerdem klagte Verstappen schon zehn Runden zuvor über abbauende Vorderreifen auf der weichen Mischung, die er in Runde 19. gegen die superweiche gewechselt hatte. "Max hat nicht die übliche Flügelverstellung gemacht", erklärt Marko. "Er hat für den Soft-Reifen weniger Frontflügel gefordert. Ich denke das war der Grund, dass die Abnutzung so hoch war. Es war kein Gummi mehr auf dem Reifen."
Zwar stellte Verstappen die Entscheidung zum späten Stopp über den Teamfunk noch in Frage, am Ende sieht er aber ein: "Die letzten zehn Runden davor waren nicht gut. Die Vorderreifen haben ständig blockiert und es gab keinen Grip mehr." Fazit: Mehr als Platz vier hat in Silverstone nicht sein sollen. Dafür hat der Teenager auch wieder Zähne gezeigt.
Verstappen gegen Vettel: Das alte Problem?
Denn Verstappens Rennen war von Beginn an ereignisreich. Am Start konnte sich der 19-Jährige zwischen die Ferraris schieben. Den ersten Stint verbrachte er mit Vettel im Rückspiegel. Den Höhepunkt dieses Duells, bei dem Vettel wieder mehrere Bewegungen beim Bremsen beobachtet haben will, gab es in Runde 13, als beide von der Strecke abkamen.
"Er will hier Autoscooter spielen", schimpfte Verstappen über den Teamfunk. Von Vettel gab es die üblichen Handzeichen. Die Rennleitung ließ das ohne Untersuchung geschehen. Über die Manöver gibt es geteilte Meinungen. "Ich war ein paar Mal daneben und meiner Meinung nach auch vorbei", sagt Vettel. Marko kontert: "Aus meiner Sicht ist eher Vettel in Verstappen reingefahren."
Aber Vettel pocht auf das Problem, das Verstappen schon in der vergangenen Saison verfolgte. Laut dem viermaligen Champion verteidigt der Teenager noch zu ungestüm. "Ich würde nicht sagen, dass ich das erwartet habe. Aber wir wissen, dass er da ein wenig sprunghaft ist. Er wollte sich bestmöglich verteidigen. Aber irgendwann muss man auf seiner Linie bleiben. Ich denke, er wird sich da beruhigen, je mehr Rennen er fährt."
Gut für die Show
"Das hat mir zu diesem Zeitpunkt nicht geholfen", sagt erklärt Vettel außerdem. "Mit Sicherheit sah es gut aus, ich wollte aber vorbei und habe es nicht geschafft. Es war schwierig, aber ich habe alles versucht. Alles schön und gut, wenn man sich duelliert. Es sieht toll aus, aber hat uns nichts gebracht - ihm auch nicht."
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"Ich finde, das war gutes Racing", verteidigt Horner seinen Schützling. "Ich bin froh, dass sich die Rennleitung nicht eingeschaltet hat. Es war ein faires Duell und einer der unterhaltsamsten Faktoren des Grand Prix." Und selbst Niki Lauda erklärt: "Der Kleine lässt einfach nicht locker, das muss man ihm lassen. Und diesmal ganz korrekt."
Verstappen muss einräumen: "Ich wusste, dass ich langsamer war als er." Aber für den bisher vom Pech geplagten Piloten ging es auch um die Ehre. "Ich habe mit allen Mitteln versucht, vorne zu bleiben. Und zum Glück konnte er mich auf der Strecke nicht überholen. Damit bin ich zufrieden."
Verpatzter Stopp nicht das Problem
Das Duell fand sein Ende, als Vettel zum Reifenwechsel reinkam. Sein Undercut funktionierte. Zwar reagierte Red Bull schon eine Runde später, aber Verstappen kam hinter Vettel wieder auf die Strecke - auch, weil es an der Box ein Problem mit der Mutter am linken Hinterreifen gab. "Da haben wir anderthalb oder zwei Sekunden verloren, aber ich denke das Sebastian auch so vorne gewesen wäre", so Verstappen.
Die Freude über zwölf aufmunternde Punkte bleibt daher ungetrübt. " Dafür, dass wir an diesem Wochenende nicht so konkurrenzfähiger waren, war es ein gutes Rennen. Im Rennen sahen wir zum Glück besser aus als im Qualifying", sagt Verstappen. "Wir müssen jetzt herausfinden, warum wir im Qualifying solche Probleme hatten. Ich bin aber froh, dass ich ins Ziel gekommen bin und Platz vier ist auch nicht schlecht."
Bei der Schadenbegrenzung in Silverstone will es Red Bull aber nicht belassen. "Ich glaube noch immer, dass wir uns mit unserer Abstimmung vertan haben. Wir mussten dann zurückbauen und waren nicht dort, wo wir eigentlich hätten sein müssen", so Marko. Schon beim kommenden Rennen in Ungarn soll es ein neues Update-Pakt geben, über das Verstappen sagt: "Das brauchen wir auch. Ich freue mich drauf."