Startplatz 8: Wie Hamilton in Spielberg nach vorne kommen will
Durch die Gridstrafe muss Lewis Hamilton in Spielberg von Startplatz acht starten: Welche Tricks er im Rennen auspacken will und wie Bottas' Siegchancen aussehen
(Motorsport-Total.com) - Am Freitag schien in Spielberg zunächst alles für Mercedes zu laufen, doch die Startaufstellung sorgt nun für enorme Spannung: Obwohl sich Lewis Hamilton in den Trainings als schnellster Mann präsentierte, startet der Brite durch seine Gridstrafe wegen des Getriebewechsels (+ fünf Startplätze) nur als Achter!
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Startplatz 8: Lewis Hamilton steht in Spielberg mit dem Rücken zur Wand Zoom Download
Das liegt auch daran, dass er in Q3 keine perfekte Runde hinbekam und das Qualifying nur als Dritter beendete. Die Pole-Position sicherte sich Teamkollege Valtteri Bottas, der Ferrari-Rivale Sebastian Vettel um nur 0,042 Sekunden hinter sich hielt. Der Pole-Setter freut sich: "Die Runde war ordentlich. Nicht perfekt, aber es hat gereicht."
Kann aber der WM-Zweite von so weit hinten noch um den Sieg kämpfen? "Lewis hat Probleme", meint der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende Niki Lauda gegenüber 'Sky Sports F1'. Und fordert von ihm, am Renntag über sich hinauszuwachsen: "Er muss morgen gute Arbeit abliefern und härter als normal arbeiten."
Gewöhnte sich Hamilton nicht rasch genug an den Ultrasoft-Reifen?
Hamilton selbst ist mit dem Ergebnis laut eigenen Angaben "zufrieden. Ich hätte mich gerne verbesser, aber es hat nicht sollen sein." Doch Lauda scheut gegenüber 'RTL' nicht davor zurück, leise Kritik an seinem Piloten zu üben: "Für Lewis wäre es ideal gewesen, die Pole-Position herauszufahren. Das ging aber nicht, weil er die Runde nicht hinbekommen hat, um es einfach zu sagen. Denn die Autos sind ja gleich." Tatsächlich wirkte Hamilton in Q1 und Q2 zumindest so stark wie Bottas - die beiden fuhren stets auf unterschiedlichen Reifen -, ehe er in Q3 patzte.
Beim zweiten Versuch kamen ihm die Gelben Flaggen durch Romain Grosjeans Defekt in die Quere, doch zu diesem Zeitpunkt war die Runde ohnehin schon wertlos: In der ersten Kurve hatte der Mercedes-Pilot Übersteuern und verlor wertvolle Zeit. Das Haas-Problem brachte Hamilton aber immerhin um eine zweite Runde, in der er noch eine Attacke hätte starten können.
"Ob er jetzt als Sechster oder Achter startet ist eigentlich egal", findet Lauda. Und Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff schließt nicht aus, dass Hamilton außer Tritt kam, weil er in Q2 im Gegensatz zu Bottas nicht auf Ultrasoft-Reifen unterwegs war: "Valtteri hatte daher schon mehr Runden auf dem Ultrasoft auf der Uhr und war daher vielleicht schneller." Hamilton winkt allerdings ab: "Eigentlich bin ich erfahren genug, dass das kein Problem sein sollte."
Wolff sieht Start für Hamilton als Schlüsselmoment
Wolff sieht nun den Start als Schlüsselmoment: "Alles hängt davon ab", sagt der Österreicher gegenüber 'Sky Sports F1'. "Wenn er auf Platz acht bleibt, wird es schwierig. Wenn er sich aber auf die Position drei oder vier vorarbeiten kann, dann hat er alle Chancen."
Vielleicht bringt ihn aber auch eine clevere Taktik nach vorne: Hamilton hat sich als einziger Q3-Pilot nicht für die weichste Mischung als Startreifen entschieden. Während also seine Gegner - sollte es trocken bleiben - mit dem Ultrasoft-Reifen losfahren, wird beim Mercedes-Piloten der Supersoft-Gummi aufgezogen. So könnte er seinen ersten Stint auf mehr als die geplanten 25 Runden ausdehnen und mit einem späten Stopp kampflos an seinen Gegnern vorbeigehen.
Wie Hamilton nach vorne kommen will
Genau das scheint auch der Plan des WM-Zweiten zu sein. "Ich starte auf den Supersofts. Das ist erst einmal der langsamere Reifen, aber wir können vielleicht länger damit fahren." Dazu kommt, dass Mercedes das Getriebeproblem Hamiltons und damit die Gridstrafe bis Freitagabend erfolgreich geheimgehalten hat. "Wir haben es schon am Dienstag gewusst", gibt Wolff zu. Der Grund: Ferrari hätte sein Rennen anders planen können, hätte man gewusst, dass Hamilton von weiter hinten losfährt.
Hamiltons Ziel für das Rennen? "Ich will natürlich nach vorne und einen Doppelsieg mit Valtteri holen. Dafür gebe ich alles." In welcher Reihenfolge die beiden Mercedes-Piloten ins Ziel kommen sollen, sagt Hamilton nicht.
Warum das Überholen schwierig wird
Überholen wird in Spielberg vermutlich schwierig, obwohl der Stop-and-Go-Kurs in den Alpen bislang immer wieder spannende Rennen zugelassen hat. Das weiß auch Lauda: "Ich erinnere mich an andere Kurse, auf denen es hieß, dass man gut überholen kann, und dann ging es doch nicht." Das Problem: Die drei Gummimischungen lassen zu ähnliche Rundenzeiten zu. Der Unterschied zwischen Ultrasoft und Supersoft wird von Pirelli auf nur drei Zehntel geschätzt - bei Supersoft und Soft könnte es sich ähnlich verhalten.
Als Hamilton darauf angesprochen wird, dass er es 2014 schon einmal von Platz neun auf Platz schaffte, erklärt er außerdem, dass es damals "zwischen uns und den anderen Autos größere Speed-Unterschiede gab". Dadurch sei ein Durchmarsch "heute unwahrscheinlicher als damals".
Mercedes rechnet mit starkem Vettel
Doch wie sieht es im Kampf um den Sieg aus? Hat Bottas, der als erster Finne seit Mika Häkkinen im Jahr 2000 in Spielberg die Pole-Position holte, die bessere Karten, oder darf am Sonntag Vettel über seinen vierten Saisonsieg jubeln, womit er mit Hamilton gleichziehen würde? "Sebastian war heute schon ziemlich stark", warnt Wolff davor, Ferrari zu unterschätzen. "Ich denke, die beiden Autos vorn sind ebenbürtig. Ich glaube, dass hier morgen ein Ferrari oder ein Mercedes gewinnen kann."
Und auch Bottas, der am Freitag den schnellsten Longrun von allen auf der Supersoft-Mischung absolvierte und als Spielberg-Spezialist gilt, hat seinen zweiten Saisonsieg nach Barcelona ganz klar im Visier: "Es sollte ein interessanter Kampf werden." Der Finne schreibt aber auch Hamilton nicht ab: "Ich bin mir sicher, dass Lewis noch ein gutes Rennen und die Chancen haben kann, zurückzuschlagen. Das gäbe gute Punkte für da Team."