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"Lewis hat so stark gebremst": FIA-Daten widerlegen Vettel
Warum sich Sebastian Vettel in der Baku-Affäre keiner Schuld bewusst ist, wie die Daten dies widerlegen und wieso er Lewis Hamilton für einen Serientäter hält
(Motorsport-Total.com) - Die Kritik, die auf Sebastian Vettel nach dem Grand Prix von Aserbaidschan einprasselt, ist enorm. Dem Ferrari-Piloten wird vorgeworfen, gegen Leader Lewis Hamilton ein Revanchefoul begangen zu haben und vor Ende der Safety-Car-Phase absichtlich in den Mercedes gelenkt zu haben. Der Auslöser: Der Brite hatte davor am Ausgang von Kurve 15 nicht - wie vom Ferrari-Piloten erwartet - beschleunigt, wodurch es zu einem Auffahrunfall gekommen war, bei dem Vettels Frontflügel beschädigt wurde.
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Sebastian Vettel unter Druck: Der WM-Leader ist sich keiner Schuld bewusst Zoom Download
Doch Vettel geht nun in die Gegenoffensive und schießt sich auf den Ursprung der Baku-Affäre ein. "Der Führende bestimmt das Tempo, aber wir sind aus der Kurve gekommen, er hat beschleunigt und so stark gebremst!", beschreibt er das Manöver Hamiltons. "Ich bremste so rasch ich konnte, aber ich habe es nicht mehr hinbekommen und bin ihm hinten drauf gefahren. Das war einfach unnötig."
Der Ferrari-Pilot wiederholt wie schon am Funk, dass Hamilton bei ihm einen "Brake-Test" durchführte - per Definition ein absichtliches Manöver, um den Hintermann zu provozieren und zu verunsichern, das bis vor rund 20 Jahren im Rennsport von arrivierten Fahrern vor allem an Talenten durchgeführt wurde.
Wieso die Daten Vettels Aussagen widerlegen
"Wir sind Erwachsene, wir sind Männer. Die Emotionen im Auto gehen hoch, aber wir wollen Rad an Rad gegeneinander fahren, aber nicht beim Restart", wirft Vettel Hamilton vor, sich unanständig verhalten zu haben. "Er muss verstehen, dass das nicht geht." Obwohl er dann einen Rückzieher macht und dem Mercedes-Piloten nun doch keine Absicht unterstellt: "Er hat es sicher nicht absichtlich gemacht. Ich denke nicht, dass er so ein Typ wäre. Er wollte meinen Frontflügel nicht zerstören, weil er dann auch riskiert hätte, dass sein Auto einen Schaden - etwa einen Plattfuß - davonträgt. Dann ist sein Rennen vorbei. Trotzdem war es nicht die richtige Aktion."
Bei Vettel wurden sofort Erinnerungen an die Vergangenheit wach. Er bezichtigt Hamilton, bei Restarts schon öfter für Auffahrunfälle gesorgt zu haben. "Er hat es mehrmals gemacht - auch vor einigen Jahren in China, als es fast hinten im Feld einen Unfall gegeben hätte. Wenn man schon direkt dahinter Probleme bekommt, dann umso mehr im Mittelfeld." Tatsächlich war Vettel selbst nicht in China, sondern in Japan im Jahr 2007 in einen Zwischenfall verwickelt, als er seinem Red-Bull-Kollegen Mark Webber in der Safety-Car-Phase ins Heck fuhr. Auslöser soll das abrupte Abbremsen des damaligen McLaren-Piloten Hamilton gewesen sein. Der wurde aber freigesprochen.
Diesmal trifft Hamilton definitiv keine Schuld. Das belegen die FIA-Daten. Der Mercedes-Pilot ist im Gegensatz zu Vettels Vorwurf nach Kurve 15 nicht auf die Bremse gestiegen, was auch seinen eigenen Angaben entspricht. Zudem verhielt er sich auch im Vergleich zu den anderen zwei Restarts nicht ungewöhnlich: Seine Geschwindigkeit blieb an der Stelle des Zwischenfalls im Vergleich zu den anderen Restarts immer innerhalb von 3 km/h.
Vettel weicht Fragen zum Rammstoß aus
Insofern war auch Vettels Reaktion, danach seiner Wut mit wilden Gesten Luft zu machen und sein Auto in den Mercedes zu lenken, völlig fehl am Platz. Auffällig ist, dass der WM-Leader nach dem Rennen Fragen, ob sein Manöver nach dem Auffahrunfall Absicht war, auswich. "Ich bin daneben gefahren, dann haben wir uns leicht berührt", schildert er die Situation. "Ich habe nur die Hand gehoben und nicht den Finger gezeigt. Ich wollte ihm einfach nur klarmachen - und ich kann ja nicht mit ihm reden -, dass es nicht korrekt war."
Auf die Frage, ob er die Berührung Absicht war, bezog er sich wieder auf die erste Situation: "Ich denke nicht, dass er absichtlich vor mir gebremst hat. Aber so ist es gelaufen. Damit bin ich nicht glücklich. Ich bin neben ihn gefahren und habe die Hand gehoben, um ihm zu zeigen, dass es so nicht geht."
Fakt ist jedenfalls: Mit der Strafe ist Vettel unglücklich, obwohl er am Ende als Vierter einen Platz vor Hamilton ins Ziel kam. Der Ferrari-Star, der wegen "gefährlichen Fahrens" eine Zehn-Sekunden-Strafe an der Box absitzen musste, hatte Glück, weil bei Hamilton die Kopfstütze locker wurde und auch er einen Extra-Boxenstopp einlegen musste.
Zehn-Sekunden-Strafe ungerecht?
"Eine Zehn-Sekunden-Stop-and-Go-Strafe war schon hart", kritisiert er die Entscheidung der Rennkommissare. "Es ist fürchterlich, da zu stehen und nichts tun zu können." Viel schwerer wiegt für Vettel aber, "dass ich eine Strafe bekomme und er nicht. Das ist nicht richtig. Wenn, dann sollten wir beide eine bekommen."
Fotostrecke: GP Aserbaidschan, Highlights 2017
Verrückter geht's nicht: Daniel Ricciardo (P17 nach Bremsen-Reparaturstopp) gewinnt das Rennen in Baku vor Valtteri Bottas (nach Kollision mit Kimi Räikkönen schon überrundet) und Lance Stroll (laut Jacques Villeneuve schlechtester Rookie aller Zeiten)! Der Grand Prix von Aserbaidschan 2017 ist der Formel-1-Kracher des Jahres. Fotostrecke
Dabei hat der viermalige Weltmeister in Wahrheit sogar noch Glück gehabt: Die Rennkommissaren zogen es durchaus in Erwägung, Vettel mit der Schwarzen Flagge komplett aus dem Verkehr zu ziehen. Eine Zehn-Sekunden-Strafe ist unter einem Ausschluss die höchste Strafe. Zudem erhielt er drei Strafpunkte, wodurch er insgesamt bereits bei neun hält. Ein weiteres Vergehen in der Größenordnung von drei Strafpunkten, und Vettel muss beim nächsten Rennen zuschauen.