Trotz Dauertest der Auslaufzone: Ferrari fühlt sich in Baku wohl
Ferrari hat sich am Freitag in Baku intensiv mit den Auslaufzonen beschäftigt, dennoch macht sich Sebastian Vettel keine Sorgen um die weiteren Tage
(Motorsport-Total.com) - Bekommt Ferrari beim Formel-1-Rennen in Aserbaidschan unerwartete Konkurrenz? Beim Freien Training in Baku am Freitag war nämlich weder ein rotes noch ein silbernes Auto vorne - in keiner Session. Stattdessen sorgte Red Bull mit Max Verstappen für die Bestzeit. Ferrari blieb nur die Ränge vier für Kimi Räikkönen und fünf für Sebastian Vettel übrig. Mit 0,127 und 0,253 Sekunden Rückstand ist der Zeitverlust aber denkbar knapp für eine mehr als sechs Kilometer lange Strecke.
"Es war sehr eng heute", bestätigt der Heppenheimer, der an diesem Wochenende seine Tabellenführung ausbauen möchte. Doch der Freitag gab der Scuderia eher Rätsel auf, als irgendwelche klaren Kräfteverhältnisse herzustellen. "Am Freitag ist es schwierig, das exakte Bild zu lesen", meint Chefingenieur Jock Clear. In Baku gilt das im Vergleich zu "normalen" Strecken noch einmal besonders.
Denn einerseits dauert es auf einem Stadtkurs etwas länger, bis die Strecke vom Schmutz befreit ist, zum anderen sorgten häufige Unterbrechungen und Fehler für etwas Undurchsichtigkeit, was die Rundenzeiten angeht. Selbst bei den schnellen Runden ist bei den meisten noch Luft nach oben. "Die Shortruns waren nicht ideal, weil wir nicht alles zusammenbekommen haben", gibt Vettel zu. "Ich glaube, es ging allen so."
Dreimal im Rückwärtsgang
Der Deutsche hat selber seinen Teil dazu beigetragen, dass es auf dem Baku City Circuit teilweise etwas unübersichtlich wurde, denn auch der Ferrari-Pilot fand sich n-Mal (hier selbst gewählte natürlich Zahl über Drei einsetzen) in der Auslaufzone wieder - und dabei war er längst nicht der einzige. Doch weil Fehler bei Vettel sonst eher eine Seltenheit sind, fällt es auf, wenn er gefühlt alle Auslaufzonen einmal inspiziert.
"Nicht alle", wirft er schmunzelnd ein. "Kurve 15 habe ich glaube ich ausgelassen - sonst waren fast alle dabei", kann er über seinen Ausflugstag lachen. "Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal den Rückwärtsgang gebraucht habe, und heute habe ich ihn dreimal gebraucht." Warum es ihn dabei so oft erwischt hat, ist nicht so einfach auf die Umstände zu schieben, denn eigentlich sei es heute gar nicht so rutschig gewesen, meint der viermalige Weltmeister.
Das Problem war für ihn eher, die notwendigen Referenzpunkte beim Bremsen zu finden. Viele Passagen sehen gleich aus, von daher ist es schwierig, sich einen Punkt herauszusuchen und sich zu orientieren. "Wenn man dann einen Ticken zu spät ist und das Gefühl hat, dass es nicht mehr reicht, dann tendiert man im Training doch dazu, geradeaus zu fahren und nichts zu riskieren. Denn wenn es nicht reicht, dann wird es schnell eng", sagt er.
Räikkönen hat noch einen weiteren Faktor ausgemacht: "Es war schwierig, die Reifen zum Arbeiten zu bekommen, und wenn sie nicht zu 100 Prozent funktionieren, dann ist es knifflig.". Die vielen Abflüge haben Vettel und Räikkönen natürlich nicht dabei geholfen, einen guten Rhythmus aufzubauen, doch gegen Ende wurde es besser. "Dann habe ich mich ganz wohl im Auto gefühlt", nickt Vettel und will morgen im Qualifying wieder in den Nicht-Auslaufzonen-Modus schalten.
Ferrari bei Longruns vorne dabei
Mut dürften hingegen die Longrun-Zeiten machen. Zwar wurden auch diese durch einige Gelbe Flaggen etwas verwässert, dennoch geben die Zeiten durchaus ein realistisches Bild wieder. Auch hier sind Ferrari, Mercedes und Red Bull durchaus auf Augenhöhe und durch nur eine Zehntelsekunde getrennt. Vettel konnte im 21. Umlauf mit Supersoft sogar in den Bereich von 1:46,0 Minuten fahren, was sonst keinem gelang. Räikkönen fuhr mit den Softreifen die besten Zeiten - doch da war er als einziger Spitzenpilot repräsentativ unterwegs.
Fotostrecke: FIA-Fast-Facts Baku
2017 findet zum ersten Mal ein Grand Prix von Aserbaidschan statt. Im vergangenen Jahr feierte zwar der Baku City Circuit seine Formel-1-Premiere, damals aber noch unter dem Label des 23. Grand Prix von Europa. In dieser Saison gibt es keinen Europa-Grand-Prix mehr. Fotostrecke
"Wir fühlen uns wohl", sagt Jock Clear auf den heutigen Freitag angesprochen und macht den Tifosi damit Mut für den restlichen Wochenendverlauf. Wer am Ende die Nase vorne haben wird, sei aber unmöglich zu sagen. "Das hängt an vielen kleinen Dingen", meint er. "Wir haben zwei Autos, die unter den meisten Bedingungen gut funktionieren. Wir haben vier gute Fahrer bei Mercedes und Ferrari, und alle sind in der Lage, in die erste Startreihe zu fahren."
Und Red Bull mischt auch mit: "Red Bull sieht sehr schnell aus, und das nicht nur über eine Runde. Sie waren die ganze Session konkurrenzfähig", will Vettel seinen Ex-Rennstall nicht abschreiben. Er geht von einem spannenden Samstag aus. "Ich hoffe zumindest, dass es morgen eng wird und wir vorne sein werden."