Werde jetzt Teil der großen Community von Formel1.de auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über die Formel 1 und bleibe auf dem Laufenden!
Formel 1 Monaco 2017: Sebastian Vettel gewinnt an der Box!
Sebastian Vettel gewinnt das Rennen in Monaco und baut seine WM-Führung aus - Kontroverse um Ferrari-Stallorder - Max Verstappen mit Fehler an der Box
(Motorsport-Total.com) - Mit einer eindrucksvollen Vorstellung hat Sebastian Vettel den Grand Prix von Monaco 2017 gewonnen. Zwar gibt es besonders in den sozialen Netzwerken heiße Diskussionen darüber, ob das Ferrari-Team seinen Sieg mit einer versteckten Stallorder begünstigt hat. Aber rein fahrerisch ließ Vettel in den 78 Runden keinen Zweifel daran, wer in diesem Jahr der schnellste Fahrer des Rennens war.
"Du verdienst das! Meister in Monaco", lautete der erste Funkspruch von Vettel-Renningenieur Riccardo Adami nach der Zieldurchfahrt - fast so, als wolle man die Zweifler mundtot machen, die der Scuderia unterstellen, Vettel im Hinblick auf den WM-Kampf absichtlich an Kimi Räikkönen vorbeigeschleust zu haben.
Räikkönen, der den Start gewonnen und Vettel in der Anfangsphase in Schach gehalten hatte, kam in der 34. Runde zum Boxenstopp. Sein Rückstand auf Vettel betrug unmittelbar danach 19,4 Sekunden. Dann passierte etwas Überraschendes: Obwohl Räikkönen die frischeren Reifen hatte, fuhr Vettel die schnelleren Rundenzeiten. Als er fünf Runden später zum Boxenstopp kam, hatte er den Vorsprung auf 20,1 Sekunden vergrößert.
"Die Reifen haben eine zweite Luft bekommen, und ich habe alles gegeben, denn das war meine Chance zu gewinnen", berichtet der Deutsche. Und weil auch seine Boxencrew um 0,3 Sekunden schneller war als jene von Räikkönen, blieb er nach dem Reifenwechsel vorne. "Von da an konnte ich das Rennen kontrollieren", sagt Vettel - und wie: Bis zur 58. Runde baute er den Vorsprung auf 12,6 Sekunden aus!
Diskussionen, ob Ferrari unbedingt einen Vettel-Sieg wollte, waren mit dieser Machtdemonstration obsolet. Denn egal ob mit frischeren oder älteren Reifen: Aufgrund seines Speeds musste Vettel nur den Boxenstopp abwarten, um die Führung zu übernehmen. Auch wenn Räikkönen Spekulationen schürt, wenn er auf Nico Rosbergs Frage nach seinen Gedanken über die Boxenstrategie antwortet: "Schwer zu sagen. Es ist ein zweiter Platz, aber der fühlt sich nicht wahnsinnig gut an."
Vettel dementiert, dass alles ein Masterplan war, um ihm den Sieg zu schenken: "Der Plan war davonzuziehen. Das ist uns gelungen. Danach hatte Valtteri eine gute Pace, während wir Probleme mit den Hinterreifen hatten. Und an diesem Punkt ging das Fenster auf. Als Valtteri an die Box kam, hat Kimi reagiert. Ich hatte noch einen Abstand und auf Rang zwei nichts zu verlieren. Also habe ich versucht, so hart wie möglich zu pushen."
Dass Vettel mit den alten Reifen schneller fahren würde als Räikkönen, war vorher nicht abzusehen. "Ich glaube, das hat sie selbst überrascht", vermutet Formel-1-Experte Marc Surer. Gleichzeitig blieb auch Daniel Ricciardo (Red Bull), nach dem Start zunächst hinter Valtteri Bottas (Mercedes) und Max Verstappen (Red Bull) Fünfter, länger draußen. Und auch der Australier konnte just in jener Phase an Tempo zulegen.
Vielleicht war es ausgleichende Gerechtigkeit für sein Boxen-Pech 2016; aber plötzlich lag Ricciardo vor Bottas und Verstappen, die vor ihm gestoppt hatten. Verstappen regte sich dafür am Boxenfunk tierisch auf, dabei hatte er das zumindest teilweise selbst verschuldet: "Er ist ein bisschen schräg in die Box gekommen, dadurch war sein Boxenstopp nicht ideal", verrät Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko. Das kostete entscheidende 0,8 Sekunden.
Red Bulls Strategie war clever: Hätte Mercedes nicht auf Verstappens Boxenstopp reagiert, wäre der Niederländer vorbeigezogen und Dritter geworden. So wurde Verstappen gecovert, aber Ricciardo bekam stattdessen seine Chance. "Einer von den beiden hätte uns auf jeden Fall erwischt", nimmt's Mercedes-Sportchef Toto Wolff gelassen. "Als Max und Bottas an die Box kamen, hatte ich ein paar Runden freie Fahrt. Das war meine Chance", analysiert Ricciardo.
Doch damit war der dritte Platz noch nicht in trockenen Tüchern. Als das Safety-Car in Runde 60 auf die Strecke kam, fielen bei fast allen die Reifentemperaturen in den Keller. Ricciardo wäre beim Restart beinahe gecrasht, touchierte die Leitplanke außen in Sainte Devote ziemlich hart, konnte sich nur mit Mühe vor Bottas halten. "Das war kein Spaß! Nach einem Safety-Car fährst du mit diesen Reifen wie auf Eis", berichtet er.
Lewis Hamilton, als 13. gestartet, verbesserte sich um sechs Positionen und wurde Siebter. Völlig ironiefrei zieht er Bilanz: "Das war das bestmögliche Ergebnis. Es war ein schreckliches Wochenende, aber mit diesen Punkten bin ich zufrieden." Zumal ihm Mercedes-Boss Niki Lauda vor dem Rennen prognostiziert hatte, dass sicher nicht mehr möglich sei als Platz zehn.
Aber Hamilton fuhr im ersten Renndrittel geduldig, profitierte vom Ausfall von Nico Hülkenberg (Renault/Getriebeschaden) sowie vom frühen Reparaturstopp von Sergio Perez (Force India/Frontflügel) - und packte die Gelegenheit am Schopf, als er freie Fahrt hatte und sein eigenes Tempo gehen konnte. In der 46. Runde war er dann der letzte Fahrer, der zum Reifenwechsel kam. Die Strategie ging auf.
Dass kein Mercedes auf dem Podium stand, war zum ersten Mal seit Barcelona 2016 der Fall. Und sogar noch länger ist es her, dass zwar beide Silberpfeile im Ziel, aber keiner auf dem Podium war: Budapest 2015 (Platz sechs und acht). In der Fahrer-WM hat Vettel nun schon 25 Punkte Vorsprung auf Hamilton. Beim nächsten Rennen in Kanada kann er die Führung unter keinen Umständen verlieren.
Hat sich die unterstellte Stallorder also gelohnt? Formel-1-Experte Martin Brundle glaubt die Verschwörungstheorien nicht: "Der schnellste Fahrer hat das Rennen gewonnen", winkt er ab, ergänzt aber: "Das ist genau das Ergebnis, das sie wollten." Vettel selbst wollte die Entscheidung eigentlich schon viel früher herbeiführen: "Ich habe die ganze Nacht davon geträumt, wie ich den Start so hinbekommen kann, dass ich vorbeiziehen kann! Hat leider nicht geklappt."
Eine Monaco-Schrecksekunde hatte das über weite Strecken unter dem "Überholverbot" leidende Rennen auch zu bieten. Comeback-Superstar Jenson Button (McLaren) lag nach Start aus der Boxengasse an letzter Stelle, als er in der zweiten Portier-Kurve ein Harakiri-Manöver probierte. Pascal Wehrleins Sauber überschlug sich beinahe, blieb aber, gestützt durch die Leitplanken, seitlich (!) stehen.
Ganz Monaco hielt minutenlang den Atem an, als der Deutsche in den Sicherheitsgurten hing und sich nicht selbst befreien konnte. Dann endlich Entwarnung, via Boxenfunk. Wehrlein ist unverletzt - aber stinksauer: "Er war nirgends neben mir zu sehen. An der Stelle so einen Versuch zu starten, ist ziemlich dumm!" Experte Surer sieht's gelassener: "Button war Letzter. Ich kann verstehen, dass er etwas probiert hat."
Zwischen Wehrlein und Button war es übrigens nicht das erste Gerangel des Renntags. Beide entschieden sich für einen frühen Boxenstopp, um von einer etwaigen Safety-Car-Phase profitieren zu können. Wehrlein zwängte sich knapp vor dem McLaren in die Boxenstraße - und kassierte dafür eine Fünf-Sekunden-Strafe wegen unsicherer Freigabe.
Eine weitere Kollision gab es in der Schlussphase zwischen Perez und Daniil Kwjat (Toro Rosso), als die beiden um Platz neun kämpften. Perez' Attacke in Rascasse war zumindest gewagt: "Das konnte nicht gutgehen", urteilt Surer. "Ich denke, dass Perez da noch was nachgeliefert bekommt." Auch Kwjat tobt: "Dieser Kerl hat mein ganzes Rennen ruiniert! Er hat sich schon im Rückspiegel wie ein Verrückter aufgeführt."
Man kann's aber auch positiv sehen: Perez war der einzige Fahrer, der an einem ansonsten über weite Strecken mäßig aufregenden Nachmittag für Action sorgte. Nach seinem frühen Boxenstopp überholte er hintereinander Lance Stroll (out/Williams) und Jolyon Palmer (13./Renault), ein andermal schimpfte er Wehrlein am Boxenfunk einen "Idioten".
WM-Punkte gab es in Monaco für Carlos Sainz (6./Toro Rosso), Romain Grosjean (8./Haas), Felipe Massa (9./Williams) und Kevin Magnussen (10./Haas). Palmer fehlten auf der Ziellinie 1,2 Sekunden auf P10. Esteban Ocon (Force India) wurde Zwölfter. Er verlor ein mögliches Top-8-Ergebnis wegen eines Reifenschadens: "Ich habe nichts berührt", schwörte er am Boxenfunk - außer, mutmaßlich, einen lockeren Gullydeckel ausgangs Sainte Devote ...