Ricciardo sauer: "Dummer" Red-Bull-Fehler sorgt für Ärger
Daniel Ricciardo gibt seinem Team die Schuld daran, dass er im Monaco-Qualifying nur Fünfter wurde - Max Verstappen (4.) kann nicht mit Ferrari & Mercedes mithalten
(Motorsport-Total.com) - "Erste, zweite oder dritte Reihe" prophezeite Red-Bull-Berater Helmut Marko nach den Trainings am Donnerstag. Beim Qualifying zum Grand Prix von Monaco sollte sich die Vorhersage bewahrheiten. Für Max Verstappen reichte es mit 0,318 Sekunden Rückstand für Platz vier und die zweite Startreihe. Daniel Ricciardo musste etwas abreißen lassen, der Australier steht im Fürstentum auf Startplatz fünf - mit 0,820 Sekunden Rückstand auf die Pole-Position von Kimi Räikkönen. Der Polesetter des Vorjahres wirkte sehr enttäuscht und beschuldigte sein Team. (Zum Ergebnis!)
Er könne an diesem Samstag trotz Sonnenscheins im Fürstentum überhaupt nicht lachen, beschreibt Ricciardo seine Gemütslage. "Das Ende der Session war enttäuschend", beginnt er sein Fazit. Das große Problem begann in Q3, denn der Australier konnte seine frischen Ultrasofts nicht auf Temperatur bringen. Er führt das auf die umgestellte Strategie des Teams zurück: "In Q3 haben wir uns darauf verständigt, nur eine Runde zu fahren."
In den ersten beiden Abschnitten baute er die Temperatur hingegen noch über zwei Runden auf. "Es schien, dass die Hinterreifen in Q1 und Q2 ein bisschen nachließen durch die weitere Runde", erklärt er die Überlegung, in Q3 nur noch eine Runde zu fahren. "Wir wussten, dass wir mit dieser Strategie eine harte Outlap fahren müssen. Man musste eine freie Runde aus der Box raus erwischen, um die Reifen aufzuwärmen." Allerdings kam Ricciardo wenige Minuten vor Ablauf der Session beim Verlassen der Boxengasse in den Verkehr.
"Einfach ein dummer Fehler": Kalte Reifen & zu viel Verkehr
"Es schien, als hätte ich freie Bahn hinter mir gehabt, daher verstehe ich auch nicht, warum wir nicht ein bisschen gewartet haben", übt er Kritik am Zeitmanagement seines Teams. Denn schließlich sei noch genügend Zeit auf der Uhr gewesen, um es aus der Box auf die Strecke zu schaffen. "Es schien, als hätten wir einfach einen dummen Fehler gemacht. Vielleicht verstehe ich es aber auch einfach nicht, es schien aber ein simpler Fehler gewesen zu sein." Wieder ist Ricciardo ausgerechnet in Monaco nicht zufrieden mit der Leistung seines Teams - schon im Vorjahr vermasselte ihm die Mannschaft den Sieg.
Marko muss nach der Zeitenjagd am 'ORF'-Mikrofon zugeben, dass er ebenfalls nicht zufrieden ist mit den Plätzen vier und fünf: "Da wäre mehr drin gewesen. Wir haben bei der Reifenaufwärmung in Q3 länger gebraucht. In Q1 ist es optimal gelaufen. Wir hätten vielleicht länger draußen bleiben sollen", erkennt er Ricciardos Kritik. "Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder nur eine Runde, oder eine Aufbaurunde und dann zwei schnelle Runden", fügt der Österreicher hinzu.
Im Interview mit 'Sky' wird der Red-Bull-Konsulent noch konkreter: "Wir hätten vielleicht mehr Runden fahren sollen statt zweimal mit neuen Reifen. Beide Fahrer haben sich beschwert, dass die Reifen in der ersten Runde nicht auf der entsprechenden Temperatur waren. Vor allem in Kurve 1, da haben wir auch am meisten verloren." Denn bereits im ersten Sektor fehlten Verstappen und Ricciardo knapp zwei Zehntelsekunden auf Ferrari. Allerdings hatte der Holländer augenscheinlich weniger Probleme: "Ich habe beides versucht. Ich war am schnellsten mit einer Aufbaurunde und dann einer schnellen Runde. Die Reifen waren in einem bisschen besseren Fenster, aber noch nicht fantastisch", gibt er zu.
"Das Rennen hat bereits heute stattgefunden"
Ricciardo ist jedenfalls bitter enttäuscht. Er hatte bereits in der Vormittagssession Probleme. Der Australier landete mit Bremsproblemen am Ende der Session im Notausgang von Sainte Devote. Auch Verstappen verbremste sich und musste in der Schwimmbad-Sektion geradeaus. Für das Zeittraining bekam man die Probleme unter Kontrolle. Dennoch glaubt der Pechvogel des Vorjahres nicht an eine Wiedergutmachung in diesem Jahr: "Das Rennen hat heute stattgefunden. Das Qualifying zählt hier so viel. Wenn alles in der Box gut läuft, dann ist das Rennen eben schon am Samstag entschieden", glaubt er.
Dieser Samstag begann im ersten Qualifying-Abschnitt gar nicht so schlecht für Red Bull. Sie duellierten sich mit Vettel und Räikkönen um die Spitze, Verstappen konnte sogar die Bestzeit setzen. Ricciardo lag auch nur eine Zehntelsekunde dahinter. Doch schon in Q2 wuchs der Abstand an. Ricciardo war der langsamere Bulle und musste einen Rückstand von 0,7 Sekunden erklären. Verstappen fehlte eine halbe Sekunde, diese konnte er in Q3 noch etwas drücken. Ricciardo gelang jedoch keine Verbesserung.
"Wir sind besser als Fünfter", glaubt Ricciardo. "Seit dem ersten Training konnte ich mich nicht einmal um eine Sekunde steigern, obwohl die Strecke schneller wurde und wir weniger Sprit an Bord hatten", kritisiert er. Verstappen gab im Gegensatz dazu allerdings an, dass er sich stark steigern konnte über das Wochenende. Tatsächlich fuhr Ricciardo im ersten Freien Training am Donnerstag eine 1:13.854 Minuten, in Q3 gelang ihm eine 1:12.998 Minuten - ein Unterschied von rund acht Zehntelsekunden. Außergewöhnlich niedrig war außerdem seine Steigerung von Q1 bis Q3: Verstappen legte um knapp sechs Zehntelsekunden zu, Ricciardo nur um 0,2 Sekunden.
Ferrari im Quali "nicht erreichbar": Power-Vorteil zu groß
"Monaco ist wirklich der letzte Ort, wo man unterdurchschnittlich abliefern will. Es ist einfach frustrierend heute, ich bin überhaupt nicht glücklich", lautet Ricciardos Resümee. Besser gelaunt ist Teamkollege Verstappen nach seinem schnellen Versuch. "In Q3 war meine letzte Runde ziemlich optimal. Ich hatte ein wenig Probleme mit dem Grip an der Vorderachse. Generell sind wir aber nicht so weit weg. Natürlich willst du näher dran sein, aber meine Runde war ziemlich am Limit", bestätigt er.
Im finalen Duell in Q3 haderte der 19-Jährige tatsächlich mit dem Grip. Er funkte: "Könnt ihr bitte die Reifen checken, weil ich viel Grip verliere." Ihm fehlten im ersten Versuch bereits 0,8 Sekunden auf die Bestzeit, im zweiten holte Verstappen mit einer 1:12.496 Minuten noch ein wenig mehr heraus. Dennoch musste sich Red Bull gegenüber Ferrari und Valtteri Bottas im Mercedes geschlagen geben.
Die Ferrari-Zeiten waren jedenfalls "nicht erreichbar", diese haben sich "irrsinnig gesteigert", muss Marko anerkennen. "Ich glaube, dass es auch damit zusammenhängt, dass Ferrari und Mercedes in Q3 mehr Power abrufen können. Da können wir nicht mithalten. Trotzdem ist der Abstand eine Spur zu groß." Auch ein nicht so großer Faktor, die Motorpower, könne in Monaco also entscheidend sein, so die Erkenntnis des Grazers.
Verstappen will Monaco-Fluch endlich loswerden
Verstappen schlug sich dennoch tapfer, nachdem er im Vorjahr bereits im Qualifying die Mauer touchierte. Er kam bei bisher zwei Monaco-Rennen in seiner Karriere auch nicht ins Ziel: Crash 2015 und 2016. Bereits vor dem Wochenende lautete sein Masterplan: Einfach ins Ziel kommen. Wie hält er es diesen Sonntag mit dem Risiko? "Wir sind ziemlich nahe am Podium, ich möchte aber natürlich auch ins Ziel kommen", schmunzelt er. "Ich will diesen Fluch endlich loswerden. Das ist ein bisschen...okay, ich kann jetzt nicht schimpfen im Fernsehen", lacht der Wahlmonegasse. "Hoffentlich kann ich einen guten Start schaffen und in der Spitzengruppe mithalten."
Vom Start erhofft sich auch Red-Bull-Berater Helmut Marko viel. Da die Autos in diesem Jahr breiter sind, wird das Überholen ansonsten umso schwieriger. Zumindest den Mercedes von Valtteri Bottas auf Rang drei könnte Verstappen schnappen. "Eventuell am Start. Es kommt darauf an, wie der gelingt. Es darf keine durchdrehenden Räder geben. Es wird eng. Das Rennen wird aber nicht in der ersten Kurve entschieden." Vielleicht ergibt sich bei der Strategie eine Möglichkeit? "Wir haben zwei Autos (in den Top 10; Anm. d. Red.), da kann man eventuell mehr riskieren mit einem Undercut oder einem Overcut. Da muss man aber zuerst abwarten, wie sich das Rennen entwickelt."
Grundsätzlich erwartet man bei Red Bull kein spannendes Rennen: "Aufgrund der Reifensituation kann man das Rennen theoretisch mit einem Satz durchfahren, das sagen sowohl Pirelli als auch unsere Simulationen. Das heißt, es muss eine Einstoppstrategie geben. Ohne einen gravierenden Fehler wird es eine Prozession sein." Überholen auf der Strecke oder mit der Strategie werde "ganz schwierig". (Die Startaufstellung!)