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Crash oder "Casino Royale": Das ist die Faszination Monaco
Bei kaum einem Grand Prix gibt es so viele Gegensätze wie in Monaco: Die Fahrer schwärmen von der Faszination und fürchten sich vor den Leitplanken
(Motorsport-Total.com) - Im Kasino alles auf Rot zu setzen und zu gewinnen, ist einfach. Den Sieg in Monaco davonzutragen ungleich schwieriger. 19 Mitspieler haben das gleiche Ziel, und wenn die Kugel auf Schwarz fällt, ist alles verloren - im Kasino wie in der Formel 1. Schwarz steht in diesem Fall sinnbildlich für die grauen Leitplanken, an denen schon so manche Träume zerplatzt sind. Kaum ein Grand Prix steht so für den Spagat zwischen Himmel und Hölle wie Monaco.
Man könnte die ganzen Floskeln bemühen, die bei jedem Grand-Prix-Wochenende aus den Fahrern heraussprudeln: "Es ist eine Herausforderung", dürfte wohl kaum einem Piloten in diesen Tagen nicht über die Lippen kommen, doch es drückt bei weitem nicht aus, was Monaco wirklich ist. Dieser Satz ist die ultimative Form von Grau, und so sehr die Farbe auf dem Kurs auch dominiert, das Rennen ist alles andere als das.
Natürlich könnte man jetzt auf Glanz und Glamour eingehen, der unmittelbar mit dem Rennen an der Cote d'Azur verknüpft ist, doch die Fahrer haben dafür keinen Blick: "Man muss voll fokussiert auf das Rennen sein", weiß Valtteri Bottas. Denn eine kurze Ablenkung und das Rennen ist vorbei. Nicht umsonst haben andere Formel-1-Größen schon von Hubschrauberfliegen im Wohnzimmer oder Fahrradfahren im Supermarkt gesprochen.
Die perfekte Runde zur richtigen Zeit muss her
"Viele Dinge müssen richtig laufen. Man kann schnell einen Unfall haben, oder vor dir ist ein Unfall, der dich mit rausnimmt. Alles kann passieren", sagt Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen, der schon einige Zwischenfälle im Fürstentum in seiner langen Karriere erlebt hat. "Fahren ist schön, wenn das Auto gut funktioniert. Wenn es aber nicht gut läuft, kann es ein langes Wochenende werden."
Fotostrecke: Triumphe & Tragödien in Monaco
Der Startschuss 1950: Das zweite Rennen der Formel-1-Geschichte in Monaco und gleich der erste Massencrash. Zum Glück kommen alle Beteiligten schlimmstenfalls mit leichten Verletzungen davon. Alberto Ascari kann gerade noch ausweichen. Der erste Sieger in Monaco heißt aber Juan Manuel Fangio. Fotostrecke
Wichtig ist vor allem die Qualifikation. Ist der Fahrer am Samstag nicht in Form, kann ihn das den gesamten Sonntag kosten. Nirgendwo ist Überholen so schwierig, wie auf dem engen Stadtkurs. Nur an wenigen Stellen passen überhaupt zwei Autos nebeneinander - mit den breiteren Boliden in diesem Jahr könnte das sogar noch ein Stück schwieriger werden. Und geht ein Überholversuch schief, dann geht er wirklich schief - Max Verstappen 2015 lässt grüßen.
Umso wichtiger ist es, sich schon im Training nah an seine Grenzen zu arbeiten. "Es ist schwierig, das persönliche Limit höher und höher zu setzen", so Nico Hülkenberg (Renault), doch zum richtigen Zeitpunkt die richtige Runde zu setzen, ist die halbe Miete. Oder doch nicht? Trotz drohender Prozession gilt es am Sonntag über zwei Stunden die Konzentration hochzuhalten. "Du musst Vollgas geben, darfst aber nicht in die Wand fahren", weiß Jolyon Palmer (Renault). Das ist aber selbst Größen wie Ayrton Senna schon passiert - wohlgemerkt ungefährdet in Führung liegend.
78 Runden volle Konzentration
In der Mauer hängt man jedenfalls schneller als man schauen kann. Zwar hat Monaco die geringste Durchschnittsgeschwindigkeit aller Formel-1-Strecken (und daher auch eine kürzere Renndistanz), doch ein Stadtbummel sieht anders aus. Speziell in der zweiten Streckenhälfte warten einige schwierige Passagen: "Tabac ist ziemlich verrückt", sagt etwa Jenson Button und meint damit die schnelle Linkskurve nach der Schikane am Ausgang des Tunnels.
"In vielen Kurven kann man den Scheitelpunkt einfach finden, aber Tabac ist schnell, und durch die Banden ist es schwierig, den Scheitelpunkt zu treffen", so der Brite. Doch auch die schnelle Schwimmbadschikane danach verleitet gerne zu Fehlern. Und nur wer 78 Mal ohne Fehler um den Kurs kommt und dann noch vorne ist, kann sich in die Geschichtsbücher eintragen lassen.
Denn wer Monaco gewinnt, der hat schon ein Drittel auf dem Weg zur Legende geschafft: Der Grand Prix ist Teil der "Triple Crown", der wohl höchsten Auszeichnung im Motorsport. Nur Graham Hill schaffte es bislang, Monaco, das Indy-500-Rennen und die 24 Stunden von Le Mans zu gewinnen.
Hamilton: "Monaco wird nie alt"
Monte Carlo sticht eben auch bei der 75. Auflage des Monaco-Grand-Prix noch heraus. Und obwohl es zuletzt häufig Kritik an der Zeitgemäßheit des Events gab, versprüht es immer noch den gewissen Flair. "Es wird niemals alt", sagt auch Lewis Hamilton. "Es ist in jedem Jahr unglaublich, hierherzukommen und zu wissen, dass nur ein paar von uns hier fahren dürfen." Zwar lebt der Mercedes-Pilot in Monaco und fährt und läuft häufiger über die Piste, "aber jedes Mal kann ich es nicht glauben, dass wir hier mit 320 km/h herumfahren."
Mercedes in Monaco: "Schwer, das Limit zu finden"
Lewis Hamilton und Valtteri Bottas sprechen über die Herausforderung Monaco und ob es mit den breiteren Autos schwieriger ist. Weitere Formel-1-Videos
Der Brite ist sich sicher: "Wir könnten dieses Rennen an jedem Wochenende haben, und es wäre fantastisch. Jedes Mal stehst du vor der größten Herausforderung deines Lebens." Da wäre es wieder: das Wort Herausforderung. Gut für ihn, dass das Monaco-Roulette entgegen den Kasino-Regeln auch die Startnummer 44 als Sieger ausspucken kann. "Tout est possible" statt "rien ne va plus".