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Bottas: Sotschi-Eintagsfliege oder ab Monaco noch besser?
Warum Valtteri Bottas in Sotschi so stark war, wieso Helmut Marko weiter an ihm zweifelt und weshalb der Mercedes-Pilot ab Monaco noch gefährlicher werden könnte
(Motorsport-Total.com) - Valtteri Bottas ging als "Underdog" in die Saison 2017. Kaum jemand traute dem Nachfolger von Nico Rosberg zu, dem dreimaligen Weltmeister Lewis Hamilton bei Mercedes Paroli bieten zu können. Allen voran Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko, der noch vor der Saison prophezeite, Bottas werde "das Tempo Hamiltons nicht halten können". Doch nach einem starken Auftakt holte der Finne im vierten Saisonrennen in Sotschi seinen ersten Sieg, während Hamilton nur Vierter wurde. In Der WM fehlen Bottas zehn Punkte auf Hamilton, der nur in China siegte.
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War Bottas' Triumph in Russland eine Eintagsfliege? Marko ist nach wie vor davon überzeugt und sieht sich darin bestätigt, da Mercedes diese Saison noch keinen einzigen Doppelerfolg einfuhr. "Es war ja auch so. Er hat in Sotschi gewonnen, aber sonst war immer einer dazwischen", erklärt der Österreicher im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Dennoch zeigt er sich "überrascht, dass er so schnell gewonnen hat".
Marko rechnet aber damit, dass der Sieg auf die Charakteristik des Kurses in Russland zurückzuführen war. "Ich glaube, dass Bottas auf speziellen Strecken wie Sotschi, dem Red-Bull-Ring - also generell auf Strecken mit wenig Grip und langen Geraden gut ist. Und man muss dazusagen, dass Hamilton ein Auto hatte, mit dem er nur herumgerutscht ist, warum auch immer das so war." Dazu kommt laut Marko "der Super-Start" des Finnen.
Warum Bottas ab Monaco einen weiteren Vorteil haben könnte
Markos Landsmann Alex Wurz, der in Bottas' Anfangsjahren bei Williams dessen Fahrercoach war, stellt sich hinter seinen Ex-Schützling. Marko habe "natürlich versucht, in die Psyche des anderen einzugreifen. Das ist ein normales Spiel im Sport - im Fußball wie im Motorsport." Er glaubt gegenüber 'Motorsport-Total.com' an weitere Bottas-Siege: "Weil ich weiß, wie schnell er ist."
Er stimmt Marko allerdings zu, dass Sotschi eine klare Bottas-Strecke war. "Auf Rennstrecken, auf denen es darum geht, die Hinterreifen im Rennen zu schonen, ist er sehr gut. Und in Sotschi muss man extrem auf den Hinterreifen aufpassen." Kein Wunder also, dass Hamilton mit Bottas' Set-up nicht zurechtkam. Ab Monaco könnte Bottas laut Wurz dank seines Umgangs mit den Reifen einen weiteren Vorteil haben, denn dann dürfen die Piloten an jedem Wochenende wieder wie im Vorjahr ihre eigenen Gummimischungen nominieren. "Dann werden weichere Reifen eingesetzt, und das wird ihm wahrscheinlich auch helfen." Bis Barcelona gab Pirelli die Kontingente aus Sicherheitsgründen vor.
Worauf Bottas seinen Sieg zurückführt
Bottas selbst führt seine starke Leistung nicht nur darauf zurück, dass ihm Sotschi so sehr liegt. "Es stimmt, dass es eine einzigartige Strecke ist, speziell der letzte Sektor, wie man dort mit den Reifen umgeht und wie man das Auto einstellt", erklärt er. "Ich habe mich dort immer wohlgefühlt, aber das ist nicht der einzige Grund."
Vielmehr entwickle er sich Rennen für Rennen weiter. "Technisch gesehen geht es bei den Autos dieses Jahr darum, ständig Fortschritte zu machen", erklärt er. "Das möchte ich auch als Fahrer zeigen. Vom Anfang bis zum Ende des Jahres versuche ich, mich von allen Fahrern am meisten zu verbessern. Und diese Einstellung sollte sich in den Ergebnissen niederschlagen." Aus diesem Grund habe er nach jedem Wochenende mit den Ingenieuren analysiert, in welchen Bereichen er sich verbessern kann. Kleinigkeiten machen diesbezüglich den Unterschied: "Und wenn man da einmal dahinterkommt, dann wird man besser, ohne etwas Spezielles zu tun."
Während er in den Qualifyings in Australien und China noch Fehler gemacht habe, sei Russland klar sein bestes Wochenende gewesen. Und nun muss er nicht mehr mit dem Druck leben, noch kein Grand-Prix-Sieger zu sein. "In der Formel 1 gibt es viele Kritiker, wenn man die Ergebnisse nicht bringt", weiß er bereits aus eigener Erfahrung. "Mit diesem Ergebnis wird das jetzt sicher besser." Er selbst habe aber nie an sich gezweifelt: "Ich wusste: Der erste Sieg ist nur eine Frage der Zeit."
Erster Sieg als Durchbruch?
Doch wird Sotschi in der Karriere des Mercedes-Piloten so einen großen Unterschied machen? "Ayrton Senna hat mich in der Formel 3 neun Mal hintereinander pulverisiert", erinnert sich Ex-Formel-1-Pilot Martin Brundle gegenüber 'Sky Sports F1'. "Und als ich dann einmal gewonnen habe, war ihm klar, dass ich gewinnen kann, und auch ich habe es realisiert. Und das hat in meiner Saison die Trendwende eingeleitet. Das macht psychologisch einen Riesenunterschied."
Und Landsmann Damon Hill, der bei Williams 1993 eine halbe Saison auf seinen Debütsieg warten musste, ergänzt: "Die Leute sehen dich dann anders. Und niemand fragt mehr, ob Valtteri Bottas einen Grand Prix gewinnen kann. Diese Unbekannte in der Gleichung hat er jetzt ausradiert." Der Weltmeister des Jahres 1996 sieht Bottas' Sieg in Sotschi gegenüber 'Sky Sports F1' als "Schlüsselrennen. Er befindet sich im Titelkampf."
Dass das Gewinnen nun plötzlich richtig einfach wird, kann sich Bottas nicht vorstellen. "Dieses Jahr sind in der Formel 1 Siege nie einfach, ganz egal, ob es der erste, zweite oder dritte ist, denn vier Fahrer kämpfen jetzt um Triumphe", sagt er nüchtern. "Das macht die Herausforderung größer. Mental ist es aber schön, diesen ersten Sieg zu haben."
Ist sogar der Titel realistisch?
Bottas' ehemaliger Teamkollege Felipe Massa hält den Triumph vor allem im Titelkampf für extrem wichtig. "Wenn er in der WM klar hinten liegt, dann wird er für Lewis fahren müssen", wirft er ein. "Er muss es jetzt also allen zeigen. Und wenn er gegen Lewis kämpfen will, dann muss er jetzt mehr Punkte als er herausfahren. Dann kann das Team nichts gegen ihn tun."
Der Druck ist also weiterhin enorm. Laut Wurz kein Problem für Bottas, der besonders gut mit dieser Belastung umgehen kann, wenn man dem zweimaligen Le-Mans-Gewinner glaubt. "Das hat Valtteri gelernt in diesen drei Jahren. Er war nie einer, der Nerven gezeigt hat, aber er hat sich diesbezüglich klar verbessert."