Red Bulls Moment der Wahrheit: B-Auto "muss funktionieren"
Wieso Barcelona über das Red-Bull-Schicksal 2017 entscheidet, warum das RB13-Konzept nicht aufgegangen ist und welche Probleme Adrian Newey lösen muss
(Motorsport-Total.com) - Das Sotschi-Wochenende war für Red Bull der bisherige Saison-Tiefpunkt: Rund 1,7 Sekunden pro Runde verlor man im Qualifying auf die Spitze - und auch im Rennen schrumpfte der Rückstand nicht unter eine Sekunde. Bläst Red Bull ausgerechnet jetzt mit der B-Version des RB13, die in Barcelona enthüllt wird, zum Angriff auf die Spitze? "Es stimmt, dass der Rückstand groß aussieht", gibt Daniel Ricciardo zu.
"Aber auch im Vorjahr lag er in Sotschi bei rund 1,7 Sekunden." Doch dann war man in Barcelona und Monte Carlo plötzlich Siegkandidat. "Ich rechne nicht damit, dass wir auch in Barcelona so weit zurückliegen werden", richtet der Australier der Konkurrenz aus.
Der Druck ist allerdings enorm, denn in Wahrheit hängt der weitere Saisonverlauf davon ab, ob Adrian Newey die Problemzonen des RB13 lösen kann und einen seiner berühmten Genieblitze hatte. "Ich würde nicht sagen, dass die ganze Saison vom Update abhängt, aber die erste Hälfte bis zum Sommer", wirft Ricciardo ein. Das Update wird also bestimmen, ob wir bis dahin auf das Podest kommen oder nicht."
Barcelona als wichtigstes Rennen des Jahres
Klar ist aber auch: Red Bull liegt derzeit mit nicht einmal der Hälfte der WM-Punkte von Ferrari und Mercedes auf dem dritten WM-Rang. Ein dritter Platz von Max Verstappen in China war in vier Rennen der einzige Podestrang. Und wenn die österreichische Truppe mit Sitz in Milton Keynes bis zur Sommerpause nicht regelmäßig unter die Top 3 kommt, geschweige denn Siege einfährt, ist die Saison im Grunde gelaufen.
Renault-Motor auf Augenhöhe mit Mercedes?
Die FIA gab in Russland bekannt, dass die Antriebseinheiten von Mercedes, Ferrari und Renault inzwischen so weit angeglichen sind, dass der Abstand pro Runde nicht mehr als drei Zehntelsekunden darstellt. "Ich würde viel Geld dagegen wetten", grinst Ricciardo. Die Ansage von Sergio Perez, wonach sein Mercedes-Motor keinen Vorteil mehr habe, sorgt bei Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko für Belustigung. "Das hat er doch nur gesagt, weil Renault-Werkspilot Nico Hülkenberg in Bahrain schneller war als er", sagt der Österreicher gegenüber 'Auto Bild motorsport'.
Fotostrecke: GP Russland, Highlights 2017
"Hat 'ne Weile gedauert, huh?" Im 81. Grand Prix seiner Karriere feiert Valtteri Bottas seinen ersten Sieg in der Formel 1. Landsmann Mika Häkkinen hat 96 Anläufe gebraucht - und wurde danach zweimal Weltmeister. Sebastian Vettel, knapp geschlagen, gratuliert neidlos: "Valtteri war der Mann des Rennens!" Fotostrecke
Bei Renault wird man übrigens immer vorsichtiger, was die Prognosen für das große Montreal-Update angehen. Ursprünglich war von einem Sprung von einer halben Sekunde die Rede, jetzt spricht man nur noch von Fortschritten im Zehntelbereich. Das wird man bei Red Bull nicht gerne hören.
Doch was rechnet sich Red Bull durch das neue Auto in Spanien aus? "Das Team sagt natürlich, dass die CFD-Daten besser als bisher sind, aber solange wir das Auto nicht auf der Strecke testen, weiß man es nie", hält sich Ricciardo zurück. Und auch Teamkollege Max Verstappen meint: "Alle sind guter Dinge, aber ich kann nicht sagen, wie viel es bringt."
Ricciardo zweifelt an RB13-Konzept: Nicht weniger Luftwiderstand
Zumal beim RB13 erstmals seit langem die Korrelation zwischen Windkanal, CFD-Daten und Strecke nicht optimal gepasst hat. Auch bei der Konkurrenz ist die Spannung groß. "Es gibt viele Gerüchte", meint Ex-Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel. "Sie wissen jedenfalls, wie man ein schnelles Auto baut. Es ist also eher eine Frage, wann und nicht ob sie es schaffen. Je rascher es geht, desto spannender wird es für uns."
Fakt ist, dass das Konzept des RB13, ein besonders schnörkelloses Auto zu bauen, um weniger Luftwiderstand aufzubauen, nicht eingeschlagen hat. "Wenn ich mir die Zahlen anschaue, dann sollten wir diesbezüglich in einem ähnlichen Bereich wie Mercedes und Ferrari sein", fällt Ricciardo auf. "Vielleicht war das also auch ihr Ziel. Wir haben jedenfalls nicht weniger Luftwiderstand."
Dafür fehlt der Abtrieb, wodurch auch die Reifen nur schwer auf Temperatur kommen. Das könnte zu den unüblich frühen Bremsdefekten bei Max Verstappen in Bahrain und Daniel Ricciardo Russland geführt haben, denn die Bremstemperatur ist eine Möglichkeit, die Reifen über die Felge aufzuheizen.
Auch dieses Problem könnte mit dem Update wettgemacht sein. Sollte man allerdings weiter weit von Siegen entfernt sein, könnten sich für Red Bull auch längerfristig Herausforderungen ergeben. Denn vor allem Youngster Verstappen gilt im Fahrerlager als heißbegehrt. "Ich bin sicher, dass sich Max und sein Vater Jos Verstappen umschauen werden, sollte es Red Bull nicht hinkriegen", glaubt Experte Herbert gegenüber 'Sky Sports F1'. "Er muss zeigen können, ob er Titelpotenzial hat oder nicht. Und es würde mich überraschen, wenn sie keine Leistungsklausel im Vertrag haben, auch wenn Red Bull allgemein sehr lange Verträge abschließt."