• 01. Mai 2017 · 12:15 Uhr

Lizenz zum Siegen: Ferrari-Piloten fühlen sich endlich wohl

Die Ferrari-Piloten schwärmen von ihrem Dienstwagen, der wieder regelmäßige Erfolge ermöglicht - Auf die WM-Tabelle schaut Sebastian Vettel aber noch nicht

(Motorsport-Total.com) - "Wenn man mich im November gefragt hätte, hätte ich gesagt, dass Red Bull das einzige Team ist, das es mit Mercedes aufnehmen kann", sagt Felipe Massa. Doch der Brasilianer hat sich geirrt - und viele Experten gleich mit. Nicht Red Bull heizt den Silberpfeilen in der Formel-1-Saison 2017 mächtig ein, sondern Ferrari stellt dem einstigen Branchenprimus regelmäßig ein Bein - bislang wurden die Siege gleichmäßig unter beiden Teams aufgeteilt.

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Sebastian Vettel hat in dieser Saison viel Gelegenheit, Pokale zu küssen Zoom Download

Vor allem am Sonntag konnte die Scuderia ihre Stärken bislang ausspielen. Mercedes schien mit seinem Motor im Qualifying noch zulegen zu können, doch in Melbourne und Sachir sah man gegen die Roten im Rennen alt aus. Die Überraschung am vergangenen Wochenende von Sotschi war jedoch, dass Ferrari diesmal am Samstag überzeugen konnte, das Rennen aber gegen Valtteri Bottas verlor.

Das kann man vor allem auf den Start schieben, nach dem Vettel und Räikkönen auf dem überholfeindlichen Kurs keine Chance mehr hatten, an den Führenden heranzukommen. Doch in der Schlussphase konnte Ferrari seine Karten noch einmal ausspielen, auch wenn es am Ende knapp nicht mit dem Sieg gereicht hat. Doch der Trend zeigte immer noch in die richtige Richtung: Mercedes muss sich fürchten.

"Ich weiß nicht, inwiefern Mercedes Probleme hatte oder nicht, aber das interessiert mich nicht", hatte Vettel nach dem Qualifying und der ersten roten Frontreihe seit 2008 erklärt. Das zeigt, dass sich die Scuderia nicht mehr darauf verlassen muss, dass die Silberpfeile patzen. Stattdessen kann es schon reichen, wenn man einfach seine eigene Performance abliefert. "Wir haben ein starkes Auto, ein starkes Team, einen guten Teamgeist - es gibt also viel Positives", weiß Vettel.

Ferrari in den Kurven eine Macht

Sotschi galt bislang eigentlich als Paradestrecke für Mercedes. Bis zu Valtteri Bottas Boxenstopp wurde jede einzelne russische Rennrunde der Geschichte von einem Silberpfeil angeführt, zudem holte man in den drei Jahren zuvor jedes einzelne Qualifying und Rennen nach Hause. 2017 folgte in der Qualifikation die Wachablösung, weil Ferrari in den zahlreichen 90-Grad-Kurven einfach besser ist.

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In den verwinkelten Kurven macht Ferrari gegenüber Mercedes Boden gut Zoom Download

"Mercedes scheint besonders in den abfallenden Kurven Probleme zu haben, doch der Ferrari fährt wie auf Schienen", hat Ex-Pilot Paul di Resta in seiner Analyse bei 'Sky Sports F1' erkannt. Die Zeiten unterstützen das: Im ersten Sektor war Mercedes noch schneller als Ferrari, weil es da vor allem auf die lange Start- und Zielgerade ankommt, doch im verwinkelten Schlussteil holten Vettel und Räikkönen die Bestzeiten.

"Auf dieser Strecke ist es wichtig, das Vertrauen in das Auto zu haben, damit man sich fallenlassen und attackieren kann", sagt Vettel und stützt damit die Theorie des gut liegenden Ferrari. "Die Strecke, die Kurven, das Layout sind nicht schlecht für uns." Mittlerweile kommt auch Teamkollege Kimi Räikkönen besser mit dem Boliden zurecht, nachdem er sich in den ersten Rennen noch mit der Abstimmung und einigen Details unzufrieden zeigte.

Räikkönen: Kein Vergleich zu 2007

"Es ist generell einfacher zu fahren", meint der Finne, der sich am Sonntag über seinen ersten Podestplatz der Saison freuen durfte. Er sieht in der gelungenen Basis am Freitag den Schlüssel: "Wir haben in den richtigen Bereichen gut angefangen, von daher ist es dann immer einfacher, darauf aufzubauen. Deswegen war es an diesem Wochenende so viel besser. Ich war glücklich und konnte ein paar Dinge ändern und mich verbessern."


Kimi Räikkönen: "Auto fühlt sich gut an"

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Nach den ersten Runden schildert der Ferrari-Pilot seine ersten Eindrücke vom SF70-H Weitere Formel-1-Videos

Ferrari scheint endlich wieder in Topform zu sein und lechzt zehn Jahre nach dem letzten Fahrertitel wieder nach einer Krone. Damals war es Kimi Räikkönen, der seine einzige Weltmeisterschaft einfahren konnte, doch das Team mit damals zu vergleichen, möchte er nicht: "Die Autos sind komplett anders. Es gibt keine Chance, dass wir es vergleichen können. Das spielt auch keine Rolle, solange wir schneller sind als die Autos, gegen die wir derzeit fahren."

"Ich stimme Kimi da zu", ergänzt Sebastian Vettel, als er auf seine damalige Dominanz bei Red Bull und Vergleiche angesprochen wird. Von Dominanz will er nichts wissen, denn er mag das Wort ohnehin nicht, wie er sagt: "Man arbeitet hart, fährt schnell, und dann verdient man ein gutes Ergebnis. Im Moment ist es wichtiger, den Fakt zu genießen, dass wir eine gute Arbeit leisten. Was in diesem Jahr noch kommt, daran bin ich im Moment nicht interessiert."

Attacke statt WM-Status-Beobachtung

Natürlich dürfte Vettel daran interessiert sein, dass Ferrari die gute Entwicklung weiterführt, um mit Mercedes mitzuhalten. Doch auf die WM-Tabelle, wo er derzeit 13 Punkte Vorsprung hat, schaut er nicht: "Wenn wir irgendwann im Verlauf des Jahres in den Genuss kommen dürfen, darauf zu schauen, dann sind das tolle Neuigkeiten. Aber im Moment gibt es nur Vollgas und Attacke. Wir gehen jedes Rennen einzeln an und versuchen, das Beste herauszuholen", betont er.


Fotostrecke: GP Russland, Highlights 2017

Bislang ist die Scuderia aus Maranello mit dieser Taktik sehr gut gefahren. Die Fans dürfte es freuen, dass es nach Jahren der Mercedes-Dominanz wieder einen Vierkampf um die Spitze gibt, bei der jeder der Mercedes- und Ferrari-Piloten eine Siegchance hat. Auch den Fahrern macht es mehr Spaß, wenn er wie Vettel am Sonntag Bottas um den Sieg hetzen kann. "Im Moment können wir uns nicht mehr wünschen. Das Paket ist gut, und es ist richtig eng. Aber das macht es auch aus", nickt Vettel.

Die Stimmung ist wieder gut bei der Scuderia. Teamchef Maurizio Arrivabene lobte seine beiden Piloten nach dem Rennen am Schwarzen Meer ausgiebig, obwohl der Grand Prix verloren wurde. Man habe trotzdem das Maximum herausgeholt und sei wirklich glücklich im Team", betont auch Vettel. Und nachdem es in den Vorjahren zu starken atmosphärischen Spannungen gekommen sein soll, lässt man sich die gute Laune derzeit nicht vermiesen.

Marko tippt Vettel als Weltmeister

Als ein italienischer Journalist eine kritische Frage zum dritten benutzen Turbolader stellt, wird er gekonnt abgewürgt: "Du bist immer sehr gut darin, immer negative Dinge über uns zu finden", merkte Räikkönen an, und Vettel ergänzte: "Er ist Italiener, er sollte sich freuen. Jeder in Italien ist sehr glücklich, und du bist der einzige Italiener, der einen Grund findet, um negativ zu sein. Du solltest dich schämen", grinste er. "Aber du solltest eine gute Chance haben, einen deutschen Pass zu bekommen. Wenn du in Italien eine schwere Zeit hast, bist du in Deutschland willkommen."

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Von wegen schlechte Atmosphäre: Bei Ferrari herrscht endlich wieder Spaß Zoom Download

Wenn man in einer guten Position ist, lässt es sich leicht spaßen - da haben wir Vettel in den vergangenen Jahren auch ganz anders erlebt. Jetzt richtet sich der Blick auf den Europaauftakt in Barcelona, wo traditionell ein großes Update-Paket wartet. Im Moment sei man "pari" mit den Silberpfeilen, wie Vettel meint. Und er sieht keinen Grund, warum es in Barcelona schlechter aussehen soll.

"Beim Testen waren wir gut", so der Deutsche. "Es sollte uns liegen. Wir haben ein starkes Auto und einen starken Motor. Wir müssen uns also nicht verstecken", sagt er. Auch die Konkurrenz hat beobachtet, dass Ferrari wieder zu einer guten Stärke zurückgefunden hat: "Ferrari hat nach der Reglement-Änderung auf Motorenseite mit Mercedes gleichgezogen. Und Sebastian ist wieder Mr. Perfekt. Er fährt so viel stärker als noch im letzten Jahr", lobt Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko laut 'Auto Bild motorsport'. Er ist sich sicher: "Sebastian wird Weltmeister."

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