• 29. April 2017 · 16:57 Uhr

Neun Jahre Warten: Ferrari endlich wieder doppelt vorn

Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen sorgten mit der ersten Startreihe für Jubel am Kommandostand: Die Mercedes-Dominanz scheint auch am Samstag geknackt

(Motorsport-Total.com) - Wissen Sie noch, was am 21. Juni 2008 war? Kimi Räikkönen und Felipe Massa sorgten im Qualifying zum Großen Preis von Frankreich für die bislang letzte reine erste Startreihe für Ferrari. Nach fast neun Jahren ist es in Sotschi wieder soweit: Sebastian Vettel und jener Räikkönen werden das Rennen in Russland morgen von den Plätzen eins und zwei aufnehmen.

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Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen holen die erste rote Reihe eins seit 2008 Zoom Download

"Alles tiptop", lacht Vettel nach seiner ersten Pole-Position seit Singapur 2015. Der Heppenheimer konnte die Konkurrenz von Mercedes erstmals in diesem Jahr auch am Samstag besiegen, nachdem sich schon am Freitag angedeutet hatte, dass Rot im Olympiapark von Sotschi die stärkste Macht sein könnte. "Ich glaube, das ganze Team ist sehr glücklich und stolz, die Leistung auch am Samstag abzurufen", strahlt er.

Mit 1:33.194 Minuten stellte Vettel dabei einen neuen Streckenrekord auf, der von Räikkönen um 0,059 Sekunden verpasst wurde. Valtteri Bottas war mit seinem Mercedes nur weitere 0,036 Sekunden dahinter. Zuvor in Q2 sah es noch danach aus, als würden die Silberpfeile doch im entscheidenden Moment wieder zulegen können, während Ferrari den Rhythmus etwas zu verlieren schien.

Vettel: Erst bange Sekunden, dann pure Freude

Vettel musste seinen zweiten Versuch nach einem Fahrfehler sogar abbrechen. "Ich habe mich ein bisschen verschätzt und wollte vielleicht ein bisschen zu viel im zweiten Abschnitt, um das Limit auszutesten", erklärt Vettel, der aber froh ist, im dritten Abschnitt wieder in den Rhythmus gefunden zu haben. Nach dem ersten Versuch lag er noch auf Rang drei, doch im Gegensatz zu Räikkönen und Bottas konnte er noch einmal zulegen.

Doch weil er vor den beiden Silberpfeilen über die Linie fuhr, war nicht klar, wofür seine Zeit reichen würde: "Ich wusste, dass ich vorne bin, aber habe sofort am Funk nachgefragt, was die anderen machen. Mein Renningenieur meinte: 'Sie fahren die Runde zu Ende. Sie fahren die Runde zu Ende.' Ich fragte: 'Lass mich wissen. Wie sind die Sektoren?' Der erste war Valtteri, der sich nicht verbessern konnte. Als ich die Nachricht bekam, dass wir es geschafft hatten, war ich sehr glücklich."

Umso schöner war für Ferrari, dass sie die Mercedes-Dominanz gleich mit beiden Autos brechen konnten. Erst zum zweiten Mal in der Turboära stand ein Ferrari am Samstag ganz vorn - und diesmal sogar auf einer ausgemachten Mercedes-Strecke. "Das Auto war an diesem Nachmittag phänomenal", muss auch Vettel zugeben. "Es ist eine Freude, Platz zu nehmen und mit wenig Sprit Runden zu drehen und einfach zu versuchen, an das Limit zu gehen."

Räikkönen hadert mit verpasster Pole

Teamkollege Kimi Räikkönen darf sich trotz seines hervorragenden zweiten Platzes - übrigens erst der zweite Startplatz in der ersten Reihe seit seiner Rückkehr zu Ferrari - ein wenig darüber ärgern, dass er seine erste Pole-Position seit eben jenem Frankreich-Grand-Prix 2008 verpasst hat. Nach dem ersten Versuch in Q2 lag er noch vorne, und auch gegenüber seiner Bestzeit konnte er sich im entscheidenden Versuch noch einmal verbessern, bevor er in der letzten Kurve untersteuernd in die Auslaufzone fuhr und alles verspielte.

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Räikkönen stand in seiner zweiten Ferrari-Zeit erst einmal in Reihe eins Zoom Download

"Das Ziel ist natürlich, vorne zu sein", erklärt er daher etwas zerknirscht und versucht die Hintergründe dafür auszuarbeiten: "Beim letzten Versuch hatten wir ein wenig Verkehr auf der Outlap, dadurch konnten wir die Reifen nicht so gut zum Arbeiten bekommen wie beim ersten Versuch. Es war schwieriger und ich habe versucht, in der letzten Kurve Zeit gutzumachen. Aber das hat sich nicht ausbezahlt."

Trotzdem ist der Finne mit dem generellen Ergebnis im Qualifying natürlich zufrieden. Hatte er bislang in dieser Saison noch Probleme, die richtige Feinjustierung mit seinem Ferrari hinzubekommen, fühlte er sich heute im Auto viel wohler: "Ich bin glücklicher als bei den vergangenen Qualifyings", sagt er. Ein defekter Sensor, wegen dem man einen seiner beiden Sperrstunden-Joker verbrauchte, war auch kein Problem. Doch der "Iceman" schiebt hinterher: "Aber wir hatten heute die Möglichkeiten, ganz vorne zu sein. Die erste Startreihe für das Team ist aber nicht schlecht."

Ferrari warnt: Hauptaufgabe kommt morgen

Nicht schlecht dürfte in diesem Fall aber etwas untertrieben sein. Dass man die Silberpfeile nicht nur am Sonntag, sondern auch schon am Samstag besiegen kann, dürfte die Alarmglocken bei Mercedes angehen lassen. Bislang konnte man sich immer darauf verlassen, mit gesteigerter Motorleistung zumindest im Qualifying noch einen respektablen Abstand herauszuholen, doch in Sotschi half auch das nicht mehr.

"Wir haben die Füße auf dem Boden behalten, und zwei großartige Fahrer, ein fantastisches Auto und ein hart arbeitendes Team zu haben, zahlt sich aus", lobt Teamchef Maurizio Arrivabene nach dem Coup. Doch anders als nach den sonstigen Erfolgen in diesem Jahr weiß die Scuderia, dass der große Job noch nicht beendet ist: "Die Hauptaufgabe kommt morgen", nickt Vettel.

Am Sonntag gilt es, die Mercedes auch im Rennen hinter sich zu halten. Bislang konnte man in zwei von drei Läufen die Oberhand behalten, und diesmal muss man Lewis Hamilton und Valtteri Bottas dazu nicht einmal überholen. Wer am Sonntag das schnellere Auto hat, wird sich zeigen. Die Longruns am Freitag waren zwischen Vettel und Bottas ziemlich ausgeglichen. "Ich bin sicher, dass es sehr eng sein wird", so der Heppenheimer.

Enger Kampf mit Silber?

Bei Mercedes hat man derweil die neue Stärke der Scuderia bereits anerkannt und fürchtet um seinen Status: "Meine Sorge ist, dass Ferraris Renntrimm nicht langsamer wird", gesteht Niki Lauda, der Aufsichtsratsvorsitzende des Teams. "Sie stehen jetzt vor beiden Mercedes-Fahrern und haben sich so die besten Voraussetzungen geschaffen, das Rennen morgen auch zu gewinnen, wenn der Rennverlauf normal bleibt."

Zwar hat Ferrari die Trümpfe in seiner Hand, doch von einem einfachen Sieg will Vettel noch nicht sprechen: "Mercedes war nicht weit weg. Ich weiß nicht, ob Lewis Probleme hatte, aber es wird morgen ein hartes Rennen", winkt er ab und meint, dass es "1.000 Gründe" gebe, wieso man das Rennen verlieren kann: Start, Reifen oder Strategie sind nur drei. Trotzdem gibt er sich optimistisch: "Wer vorne steht, muss zu den Favoriten gehören."

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