Lewis Hamilton: Sotschi kein sicherer Sieg für Mercedes
Der Reifenverschleiß könnte trotz Fortschritten bei den Tests wieder zum Stolperstein werden - Hamilton sieht Ferrari vorne, wenn "ein paar Prozente fehlen"
(Motorsport-Total.com) - Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton betrachtet sich und seine Silberpfeile nicht als Favoriten für den Russland-Grand-Prix in Sotschi am kommenden Wochenende. Grund für den Pessimismus des Briten sind das Erstarken der Ferrari-Mannschaft, aber auch Probleme mit dem eigenen Boliden. Der neue W08 offenbart einen massiven Verschleiß der Hinterreifen, der Hamilton sowohl in Australien und in Bahrain in Schwierigkeiten brachte. Die Ursachen dafür herauszubekommen ist knifflig.
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Zuletzt versuchten die Ingenieure bei den Testfahrten in Sachir, dem Phänomen auf die Schliche zu kommen. "Wir wissen einiges, anders nicht", tappt Hamilton teilweise im Dunkeln. Derartige Probleme war die Szene in Zeiten der Mercedes-Dominanz gar nicht mehr gewohnt. Sie sollte sich besser darauf einstellen: Die Komplexität der Formel-1-Autos sorgt dafür, dass eine ganze Reihe Faktoren als Übeltäter infrage kommt - oder der Teufel steckt nicht nur in einer einzigen Variable.
Hamilton zählt auf, was Mercedes bisher in den Sinn gekommen ist, wenn es um die strapazierten Hinterreifen geht: "Die Temperaturen, die Bremswirkung des Motors, die Bremsbalance und die mechanische Balance sowie die Aerodynamik." Mit den fünf Begriffen hat er fast alles abgedeckt, worum es im Motorsport geht. Es klingt nicht nach einer simplen Antwort auf die Probleme.
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Zumal der Blick auf die Konkurrenz kaum weiterhilft. Adrian Neweys RB13 scheint nicht betroffen zu sein, doch das Konzept des Autos unterscheidet sich grundlegend: "Der Red Bull ist verrückt angestellt (gemeint ist die Bodenfreiheit, die vorne viel geringer ist als hinten; Anm. d. Red.) - also könnten die mechanische Balance und die Gewichtsverteilung eine andere sein als bei uns", folgert Hamilton. "Es ist unmöglich zu sagen, dass es sich um eine spezielle Ursache handeln würde."
Die Kombination der Dinge könnte in Bahrain dechiffriert worden sein. "Es war das erste Mal, dass ich bei einem Test wirklich motiviert gewesen bin", sagt Hamilton, der sonst für lustlose Auftritte bekannt ist, wenn es nicht um Pole-Positions und Pokale geht. Doch die Tests fanden bei Hitze, auf rauem Asphalt und einer sehr speziellen Strecke statt - kein Grund zu glauben, in Sotschi sei alles in Butter. "Es gibt keinen sicheren Sieg", warnt Hamilton mit Blick auf das Rennen in Russland.
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Das obwohl Mercedes in Sotschi seit der Premiere 2014 eine Macht war. Doch neue Regeln haben für neue Vorzeichen gesorgt. "Wir können nicht haargenau das gleiche Set-up wie im vergangenen Jahr verwenden", winkt der Ex-Weltmeister ab, um im gleichen Atemzug zu erklären, warum sein neuer Dienstwagen keine Gezeitenwende bedeutet: "Das Auto ist im Wesentlichen identisch zu dem aus dem Vorjahr - einfach nur schneller und in Sachen Abtrieb zwei Jahre voraus. Sonst handelt es ich um ein Spiegelbild mit etwas anderen Reifen." Umso erstaunlicher sind die Probleme.
Hamilton macht Mut: "Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir es uns verdienen. Ich muss mein Bestes geben und als Team müssen wir aus allen Rohren feuern. Wenn uns irgendwo ein paar Prozente fehlen, ist Ferrari vorne." Er warnt jedoch davor, in der aktuellen Situation alles und jeden infrage zu stellen. Vielmehr müsste sich Mercedes auf das bekannte Erfolgsrezept besinnen: "Wir dominieren nicht, aber wir sind noch dabei. Nur weil jetzt ein Gegner aus einem anderen Team da ist, verändert sich nicht viel."