Der Teufel im Detail: Mercedes muss wieder perfekt werden
Titelverteidiger Mercedes merkt, dass es immer schwerer wird, das perfekte Rennen auf die Beine zu stellen - Dabei zählt im Kampf mit Ferrari jetzt jeder Ausrutscher
(Motorsport-Total.com) - "Es ist sehr gut, dass die Leute positiv über die Formel 1 sprechen", versucht Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen. "Das enge Duell zwischen Ferrari und Mercedes interessiert die Fans sehr. Und wir sind Racer und wir wachsen mit dem Gegner und dem Duell." Bei den bisher konkurrenzlosen Silberpfeilen weiß man aber auch: Jetzt kommt es erst recht aufs kleinste Detail an.
Zwei von drei Rennen mussten sie bereits verloren geben. Und tatsächlich haben dabei nur Kleinigkeiten, bis hin zum Zufall, den Vorteil zu Ferrari verschoben. Mercedes muss sich seit Beginn ihrer Dominanz-Ära 2014 erstmals mit einem ernstzunehmenden Gegner auseinandersetzen - und dabei auch zunehmend mit den eigenen Schwächen. Die gilt es schon für den Grand Prix von Russland an diesem Wochenende auszubügeln.
"Angesichts der neuen Regeln darf man in dieser Saison nichts als selbstverständlich ansehen.", warnt Wolff. "Die Pokale aus den Vorjahren bedeuten nicht, dass wir auch in diesem Jahr automatisch in Russland gewinnen werden. Schon gar nicht, wenn man einen so ernstzunehmenden Gegner wie wir mit Ferrari hat. Wir gehen es einen Schritt nach dem anderen an, wollen gut in das Wochenende starten und fahren dann hoffentlich am Sonntag ein gutes Ergebnis ein."
Das Optimum maximieren
Sebastian Vettel und Ferrari reisen als Tabellenführer nach Sotschi. Dabei werden auch sie verhindern wollen, dass es zu einem dritten Schlagabtausch kommt. In die Saison starteten sie als Überraschungssieger mit glücklichem Händchen bei der Strategie in Melbourne. Mercedes schlug in China zurück, wo ihnen das Boxenstopp-Glück hold war. Doch bereits in Bahrain schlich sich der Fehlerteufel bei den Silberpfeilen ein.
Zwar sei ein zweiter und dritter Platz kein Weltuntergang, aber eben nicht der Anspruch eines Weltmeisterteams - und schon gar nicht der von Superstar Lewis Hamilton. "Wir wollen auf höchstem Niveau operieren, und nicht nur das Nötigste tun und dadurch das Rennen verlieren.", sagt er. "Darum geht es in diesem Jahr. Ich finde das aufregend. Das ganze Team muss auf höchstem Level arbeiten. Schon im vergangenen Jahr waren vielleicht vier oder fünf Rennen nicht perfekt, die anderen waren großartig."
In Australien sei er fehlerfrei gefahren, merkt er an. Bereits im Qualifying hatte er mit einem Abstand von 0,268 Sekunden klar gemacht, dass er auch in diesem Jahr wieder die Messlatte ist. Dafür kam er im Rennen aber zu früh an die Box. Der Overcut und das bessere Reifenverständnis bevorteilten Vettel, der zehn Sekunden vor seinem Rivalen über die Ziellinie fuhr.
Hamiltons Anspruch
China gehörte Hamilton, der diesmal abwarten konnte, bis Vettel in die Safety-Car-Falle tappte. Allerdings war der Qualifying-Abstand in Schanghai auch schon auf 0,186 Sekunden geschrumpft. Und in Bahrain fing die Fehlerkette dann schließlich schon am Samstag an.
Weil sich sein DRS auf der schnellen Runde nicht öffnete, verlor Hamilton die Pole-Position erstmals an Teamkollege Valtteri Bottas. Beim Start verlor er seine Position dann auch gleich an Vettel. Und dann holte er sich eine unnötige Zeitstrafe, die den Rennverlauf zwar noch einmal spannend machte, Vettel am Ende aber doch uneinholbar davonziehen ließ.
"Mein Ziel ist es, jedes Jahr die Anzahl der großartigen Rennen zu erhöhen und die Ausschläge nach unten zu minimieren", so Hamilton. "Ich denke, die ersten beiden Rennen waren spitze, das dritte war ein Rückschlag. Ich versuche beim nächsten Mal zurückzuschlagen."
Sotschi-Statistik spricht für Mercedes
Auch bei seinem Team herrscht eher Aufbruchsstimmung. "Nach einem harten Wochenende muss man einen Schlussstrich ziehen können", sagt Wolff. "Es tut sehr weh, ein Rennen auf diese Weise zu verlieren. Es waren zu viele Kleinigkeiten, die uns den Sieg gekostet haben. Aber es liegt an uns, sie zu beheben. Man muss aufpassen, nicht zu viel über diese Rückschläge nachzudenken. Stattdessen muss man an Lösungen für die Zukunft arbeiten. Das ist wichtig."
Fotostrecke: FIA-Fast-Facts Sotschi
Zum vierten Mal findet 2017 ein Grand Prix von Russland statt. Da sich Bernie Ecclestone nie den Traum vom Rennen am Roten Platz in Moskau erfüllen konnte, gastiert die Formel 1 seit 2014 auf dem Sotschi Autodrom. Fotostrecke
Die bisherigen drei in Sotschi ausgetragenen Rennen gingen allesamt an Mercedes. Hamilton siegte am Schwarzen Meer schon zweimal. Und bisher galt - je kühler es ist, desto mehr konnte Ferrari auf Abstand gehalten werden. Um diese Serie fortzusetzen müssen aber auch Ausrutscher, wie das Reifen-Aufwärmproblem bei Bottas vermieden werden. Und Sotschi erwartet steigende Temperaturen bis zu 25 Grad.
"Wir wissen, welche Schwächen wir ausbügeln und wo wir in den kommenden Rennen noch sorgfältiger sein müssen, um zu gewinnen", so Wolff. "Man muss jedes Problem angehen, es richtig analysieren und einen Plan aufstellen, wie sich eine Wiederholung der Fehler in Zukunft vermeiden lässt. So haben wir die Situation schon einige Male in den vergangenen Jahren bewältigt."