• 09. April 2017 · 09:42 Uhr

Formel 1 China 2017: Strategie-Pech kostet Vettel den Sieg

Das WM-Duell Lewis Hamilton gegen Sebastian Vettel spitzt sich zu: Hamilton triumphiert in Schanghai, Verstappen begeistert mit Überhol-Action

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton (Mercedes) hat den Grand Prix von China in Schanghai vor Sebastian Vettel (Ferrari) und Max Verstappen (Red Bull) gewonnen. In einem packenden Regenrennen setzte sich der Zweite von Melbourne letztendlich souverän durch und zog damit im WM-Duell mit Vettel gleich. Der verlor seine Chancen auf den Sieg mit Strategie-Pech gleich zu Beginn.

Und trotzdem jubelte er über Platz zwei so, als hätte er das Rennen gewonnen: "Wir sind die Schnellsten, Mann, die Schnellsten! Nächstes Mal gewinnen wir", funkte er unmittelbar nach der Zieldurchfahrt, unbemerkt von der TV-Übertragung. 6,3 Sekunden fehlten am Ende auf den Sieg, aber genau wie beim Saisonauftakt war Ferrari auch in Schanghai (mindestens) auf Augenhöhe mit Mercedes.

Die Vorentscheidung zu Vettels Ungunsten fiel bereits am Ende der zweiten Runde, als er eine virtuelle Safety-Car-Phase nutzte, um von Intermediates auf Slicks zu wechseln. Spitzenreiter Hamilton, Valtteri Bottas (Mercedes) und Daniel Ricciardo (Red Bull), der den Start gegen Kimi Räikkönen (Ferrari) gewonnen hatte, blieben noch draußen.

Vettels Poker wäre bei rasant abtrocknender Strecke aufgegangen - wenn da nicht Ferrari-Junior Antonio Giovinazzi gewesen wäre. Denn der crashte seinen Sauber in der gleichen Kurve wie im Qualifying und löste damit eine richtige Safety-Car-Phase aus. Das gab auch den anderen Sieganwärtern die Chance, ohne Zeitverlust auf Slicks zu wechseln - und plötzlich war Vettel auf P6 der Gelackmeierte.

Einen Vorwurf macht er seinem Team nicht: "Wir haben das schon richtig gemacht. Das Safety-Car war einfach Pech", sagte er am Boxenfunk. Ganz im Gegenteil: Bester Laune nahm Vettel den Pokal für Platz zwei entgegen - und er strahlte sogar: "Hat richtig Spaß gemacht heute!" Zum Beispiel das Duell mit Ricciardo, der er in einem beinharten Rad-an-Rad-Duell nach einer leichten Berührung der Reifen im Kampf um Platz drei niederfightete.

Oder, bereits vor dem Manöver gegen seinen Ex-Red-Bull-Kollegen, die Attacke gegen Räikkönen im zweiten Ferrari. Weil vom Kommandostand keine Stallregie ausgesprochen wurde, steckte Vettel zwölf Runden lang auf P5 fest - und sein Rückstand auf Hamilton wuchs in jener Phase von 4,6 auf 10,0 Sekunden an. Das hat ihn im Nachhinein betrachtet möglicherweise um eine realistische Siegchance gebracht.

"Die Schwierigkeit war, dass ich nicht wirklich etwas auf der Bremse versuchen konnte, weil direkt davor noch ein Auto war", schildert er. "Wenn man sich da vertut, schießt man direkt ins nächste Auto. Das war nicht der Plan. Deswegen musste ich warten, bis es sich ein wenig auseinandergezogen hat und meine Chance da war. Als sie kam, habe ich sie genutzt."

Im Finish hatte Vettel keine Chance mehr, Hamilton zu attackieren. Zwar verkürzte er seinen Rückstand von über zehn auf 6,3 Sekunden, aber im Fernduell in den letzten 20 Runden hatte Hamilton die Situation unter Kontrolle. Trotzdem ist Hamilton (nach zwei Rennen punktgleich mit Vettel) spätestens jetzt klar: "Das wird eine der engsten Weltmeisterschaften, die ich je bestritten habe. Ich freue mich drauf!"

Mann des Rennens (offiziell von den FOM-Usern gewählt) war aber Verstappen. Der Regenspezialist startete vom 16. Platz - und stellte sein Ausnahmetalent bei solchen Bedingungen einmal mehr unter Beweis: "In der ersten Runde habe ich, glaube ich, neun Autos überholt. Mit dem Podium hätte ich wirklich nicht gerechnet", strahlt er.

Als das Safety-Car das Rennen freigab, lag Verstappen dank seiner furiosen Anfangsphase und kluger Taktik-Entscheidungen schon an dritter Stelle - und auch mit Teamkollege Ricciardo hielt er sich nur kurz auf. In Runde 28 musste er dann Vettel durchlassen, als er sich in der Spitzkehre verbremste - und gleich im Anschluss an die Box kommen, um den plattgebremsten Reifen zu wechseln.

Weil alle anderen entgegen der ursprünglichen Planung auch nicht durchfahren konnten, sondern noch einmal Reifen wechselten, matchte sich Verstappen im Finish mit Ricciardo um Platz drei. Doch bei inzwischen komplett trockener Strecke und gleichwertigen Reifen "hat es nicht sollen sein", seufzt Ricciardo. Seine Attacke in der letzten Runde, bei der er sich verbremste und es gewaltig qualmte, sei nur noch Show gewesen.

Verstappen hat nicht weniger als 13 Positionen gutgemacht - und das in der neuen Formel 1, in der man angeblich nicht mehr überholen kann. "Wir müssen uns das Video anschauen und gucken, wie der Kerl das angestellt hat", staunt Hamilton. Schanghai 2017, das war ein richtig spannender Grand Prix. "Es hat weniger Überholmanöver gegeben als vergangenes Jahr. Aber die, die wir gesehen haben, waren wirklich toll anzusehen", findet Experte Martin Brundle.

Hinter den beiden Red Bulls kam Räikkönen als Fünfter ins Ziel. Der "Iceman" war gar nicht mehr so cool, als er entgegen der Einschätzung seiner Boxencrew neue Reifen wollte und diese am Funk auch lautstark forderte. Durch den Reifenwechsel fiel er vom zweiten auf den sechsten Platz zurück. Mit Carlos Sainz (Toro Rosso) machte er zwar kurzen Prozess - aber ohne den Stopp hätte er vielleicht auf dem Podium landen können.

Von hinten geriet Räikkönen auch noch unter Druck, und zwar durch Landsmann Bottas. Der hat sein Rennen heute selbst weggeschmissen: "Ich war zu aggressiv, habe einen Fehler gemacht und mich gedreht. Danach war es schwierig, die Reifen wieder auf Temperatur zu bekommen. Am Ende war die Pace ganz gut. Aber dieser blöde Fehler von mir hat uns heute viele Punkte gekostet."

Erster Verfolger der drei Topteams war in Schanghai nicht Felipe Massa (14./Williams), sondern Sainz. Der wurde für sein Risiko belohnt, als einziger Fahrer auf Supersoft-Slicks zu starten. "Als ich meinen Ingenieuren gesagt habe, dass ich Supersofts möchte, haben sie große Augen gemacht", lacht er. "Aber es hat sich gelohnt!"

Wegen Wheelspin verlor er am Start zwar richtig Boden, doch als die anderen ihre Intermediates ablegen mussten, rückte er auf P6 nach vorne. Übrigens mit Landsmann Fernando Alonso (McLaren) im Schlepptau, der eigenen Angaben nach wieder ein "unglaubliches" Rennen fuhr. "Wir hatten einen tollen Fight", schildert Sainz, der sein großes Vorbild einmal mit frischeren Reifen auf der Strecke überholte.

Alonso lag auf Punktekurs, als seine Antriebswelle den Geist aufgab. Für McLaren-Honda also der nächste Doppelausfall, denn Stoffel Vandoorne stand zu dem Zeitpunkt schon in der Garage. So erbten Kevin Magnussen (Haas) und die beiden Force-India-Fahrer die übrigen Punkte. Romain Grosjean (Haas), der zwei tolle Überholmanöver zeigte, landete auf P11.

Einen katastrophalen Grand Prix erlebte nach dem ermutigenden Qualifying Nico Hülkenberg. Der Renault-Fahrer erwischte zwar einen Superstart (auch weil er im zweiten statt im ersten Gang losfuhr), leistete sich dann aber unnötige Patzer, als er sowohl während der virtuellen als auch während der echten Safety-Car-Phase überholte. Das wurde doppelt bestraft: am Ende P12.

Insgesamt sahen im Regen von Schanghai 15 Fahrer die Zielflagge. Nicht darunter zum Beispiel Rookie Lance Stroll (Williams), der gleich zu Beginn von Perez von der Strecke geschubst wurde. Oder auch Daniil Kwjat (Toro Rosso), dessen Servolenkung und Schaltung plötzlich ausfielen. Besonders bitter für den Russen, denn Toro Rosso war eine der Entdeckungen des zweiten Saisonrennens.

Übrigens: Dass Vettel Zweiter wurde, war einerseits angesichts des wahrscheinlich schnellsten Autos im Feld enttäuschend - andererseits aber auch ziemlich glücklich. Denn hätten die FIA-Kommissare nicht ein Auge zugedrückt, als er ziemlich weit neben seinen Startmarkierungen stand, hätte er wahrscheinlich gleich zu Beginn eine Strafe bekommen ...

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