Werde jetzt Teil der großen Community von Formel1.de auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über die Formel 1 und bleibe auf dem Laufenden!
Red Bull abgeschlagen: Ricciardo "überrascht" von Crash
Daniel Ricciardo versenkt seinen Red Bull beim Qualifying in Melbourne in der Mauer, Max Verstappen holt nur den fünften Platz - Red Bull hadert mit der Balance
(Motorsport-Total.com) - Für das erste Qualifying der Saison 2017 war ein Dreikampf zwischen den Topteams Ferrari, Mercedes und Red Bull angekündigt. Daraus wurde allerdings nur ein Zweikampf, denn die Bullen konnten mit dem Spitzentempo nicht mithalten. Obendrein sorgte Daniel Ricciardo im finalen Qualifying-Abschnitt durch einen Crash in Kurve 14 für eine Unterbrechung. Max Verstappen versuchte die Ehre des Teams mit Platz fünf zu retten. Dem Niederländer fehlte bereits über eine Sekunde auf die Pole-Zeit von Lewis Hamilton. (Zum Qualifying-Ergebnis!)
"Ich bin natürlich enttäuscht über diesen Ausgang, aber so etwas kann passieren. Zumindest ist das nicht schon im Q1 passiert", kommentiert Daniel Ricciardo seinen Ausritt bei 'Sky Sports F1'. "Die Runde in Q3 war von Beginn an etwas schlampig, dann wurde ich in Kurve 14 einfach überrascht. Ich bin in die Kurve reingefahren und plötzlich ist das Heck ausgebrochen. Ich konnte es einfach nicht mehr abfangen", muss der Lokalmatador zerknirscht feststellen. Er gab später außerdem an, das Auto nicht überfahren zu haben. Er habe die Kurve gleich aggressiv attackiert wie im Q2.
Bereits kurz nach dem Einschlag in die Mauer entschuldigte er sich via Teamfunk bei seiner Mannschaft. Red-Bull-Teamchef Christian Horner ergänzt: "Es ist wirklich schade. Er hat in Kurve 14 einfach das Heck verloren, weil er zu sehr gepusht hat in dieser Kurve." Zumindest hat Ricciardo den leichten Einschlag unbeschadet überstanden. "Das ist der erste Dreher, den er in diesem Jahr hatte. Er wollte sich im Qualifying noch steigern und dann passierte eben der Fehler."
Ein seltener Fahrfehler von Ricciardo, wie Horner bestätigt. Möglicherweise ein Indiz dafür, dass die Boliden der Generation 2017 wieder etwas schwieriger zu fahren sind? "Es scheint, als wäre es bei diesen Autos schwieriger, sie noch abzufangen", gibt Ricciardo zu. "Ich glaube, weil wir mehr Grip und Abtrieb haben." Dabei sei die Gefahr größer, dass der Grip abrupt abreißt.
Diesen Eindruck bestätigt auch Verstappen: "Das Problem ist, dass die Hinterreifen sehr breit sind. Wenn du das Heck verlierst, ist es schwierig wieder einzufangen, weil du plötzlich so viel Grip verlierst. Das habe ich auch in Barcelona erlebt." Red-Bull-Berater Helmut Marko hat den Fehler jedenfalls bei Ricciardo gesehen, wie er gegenüber 'Sky Deutschland' erklärt: "Daniel ist in der Kurve davor auf die Randsteine gekommen, das hat das Auto instabil gemacht und er ist zu schnell in die Kurve. Dann war er schon am Kurveneingang quer und dann hat er es leider nicht mehr abfangen können."
Nun muss der Australier zittern, ob das Getriebe seines RB13 den Unfall überstanden hat. Bei einem Tausch des Getriebes würde eine Strafversetzung um fünf Startplätze drohen. Teamchef Horner ist sich nicht sicher, ob ein Wechsel nötig ist. "Die Crashstruktur ist heutzutage ziemlich gut. Wir müssen es erst inspizieren." Ricciardo selbst hofft, dass Red Bull genügend Ersatzteile nach Australien mitgenommen hat: "Ich bin eben mit dem Heck eingeschlagen, das hat nicht so schön ausgesehen. Ich weiß nicht, wie gravierend der Schaden ist. Hoffentlich haben wir genügend Ersatzteile, damit ich morgen ohne Strafe auf die Strecke kann."
Droht eine Strafversetzung von Ricciardo? "Wäre jammerschade"
"Jetzt können wir nur hoffen, dass das Getriebe nicht kaputt ist, sonst gibt's eine Strafversetzung um weitere fünf Plätze. Auf diesem Kurs, wo überholen fast unmöglich ist, wäre das jammerschade", weiß auch Marko. Trotzdem versucht Ricciardo die Situation positiv zu sehen: "Es ist nicht das Ende der Welt. Jetzt bin ich Zehnter, das bedeutet ein bisschen mehr Arbeit morgen und für die Mechaniker heute Nacht." Auch wenn Ricciardo eine schnelle Runde gefahren wäre, hätte diese wohl im besten Fall für Platz fünf gereicht.
"Wir haben uns ganz gut geschlagen. In Q2 haben wir einen großen Fortschritt gemacht, im Q1 waren wir nicht sehr konkurrenzfähig. Wir haben da etwas gefunden." Trotzdem muss Ricciardo feststellen: "Es scheint, als hätten wir seit gestern Vormittag Pace verloren. Wir wissen nicht wirklich warum." Helmut Marko erklärt sich den relativ großen Rückstand von über einer Sekunde auf die Spitze mit einem sensiblen Chassis.
"Wir haben ein Chassis, das ganz schwierig abzustimmen ist. Das hat man im Vormittagstraining gesehen. Wenn wir nur kleine Änderungen vornehmen, sind die Auswirkungen drastisch. Dann fahren wir plötzlich eineinhalb Sekunden schneller." Das aerodynamische Zusammenspiel der einzelnen Teile müsse man erst richtig verstehen, so der Österreicher. Verwunderlich, denn die Aerodynamik war Red Bulls Steckenpferd. "Ich denke, dass Mercedes und Ferrari auf diesem Sektor deutlich mehr zugelegt haben", so Marko. In ein bis zwei Rennen möchte man die Schwierigkeiten behoben haben.
Probleme mit dem Chassis: "Balance schwierig zu verstehen"
Verstappen, dem auf Platz fünf am Ende bereits 1,297 Sekunden auf die Pole-Zeit von Mercedes fehlen, grübelt ebenfalls: "Die Balance im Auto ist einfach schwierig zu verstehen." Bereits in den Freitagstrainings hatte der 19-Jährige mit Untersteuern zu kämpfen, er ritt zweimal aus. Jedes Mal, wenn eine Änderung am Set-up vorgenommen werde, verändere sich die Balance ebenfalls stark, bestätigt er. Schon bei den Testfahrten sei es schwierig gewesen, die Balance richtig einzustellen.
"Wir haben auch einfach die Pace nicht. Natürlich fehlt uns noch Power, aber auch unser Griplevel ist noch nicht dort, wo Mercedes oder Ferrari stehen." Der Niederländer konnte in Q1 zwar auf 0,2 Sekunden an die Spitze heranfahren, musste aber danach wieder abreißen lassen. In Q3 behinderte ihn die Unterbrechung ausgelöst von seinem Teamkollegen indirekt. Verstappen wäre auf einer schnellen Runde unterwegs gewesen, musste jedoch abbrechen.
"Max war an Kimi dran auf seiner Runde, musste dann abbrechen durch die rote Flagge", analysiert Teamchef Horner. Im zweiten Versuch verlor Verstappen 0,4 Sekunden auf den langsameren Ferrari-Piloten. "Der einzige Kerl, den wir herausfordern hätten können, wäre Kimi gewesen. Die Pace war einfach zu schnell für uns", ergänzt der Brite.
Ricciardos spezielle Taktik: Hoffen aufs Safety-Car
Angesichts der Tatsache, dass Verstappen am Freitag nicht viel fahren konnte und erst im Qualifying einen sauberen Versuch auf dem Ultrasoft schaffte, hat er mit Platz fünf das Soll erreicht. "Es war bisher ein Wochenende mit vielen Problemen", gibt er schonungslos zu. Doch bereits nach den ersten Eindrücken in den Wintertests war ihm klar, dass nicht viel mehr möglich sein wird. Daher sei er auch nicht enttäuscht. Denn Mercedes und Ferrari sind für Red Bull derzeit außer Reichweite. Es fehlt an Grip, Power und Topspeed. Zumindest konnte man rechtzeitig zum Qualifying die Abstimmung des Boliden verbessern. "Es war für mich klar, dass wir nicht so konkurrenzfähig sind am Beginn des Jahres", so Verstappen.
Nicht nur das Chassis bereitet Red Bull Sorgen, auch der Renault-Antrieb. Denn erst in Barcelona soll eine Ausbaustufe kommen. "Wenn dir Power fehlt, versuchst du ein effizienteres Chassis zu bauen. Du kannst daher nicht so viel Abtrieb fahren wie die anderen Teams. Wir haben nicht so viele Teile am Auto. Wir suchen einen Kompromiss", erklärt Verstappen die schlichte Form des RB13, der ohne großes Update an diesem Wochenende auskommt.
Für das Rennen erwartet er sich wie auch Helmut Marko eine "Prozession", denn "der, der morgen als Erster durch die erste Kurve fährt, wird das Rennen auch gewinnen". Verstappen muss also schon am Start angreifen und möglichst viele Positionen gewinnen. Ob er auf eine Ein- oder eine Zweistoppstrategie setzt, wollte er am Samstag noch nicht verraten.
Ricciardo hat sich bereits seine ganz eigene Taktik zurechtgelegt, wie er von Platz zehn (oder im schlimmsten Fall von Platz 15 aufgrund einer drohenden Getriebestrafe) sein erstes Heimpodium einfahren könnte: "Ich hoffe, dass morgen viel passiert. In Q2 habe ich einen Ultrasoft aufgespart, würde ich also eine Zweistoppstrategie fahren, würde mir das helfen. Meine Traumvorstellung wäre, ein Safety-Car bei noch 15 zu fahrenden Runden. Dann fahre ich auf frischen Reifen von möglicherweise Platz acht vor auf Rang drei - und dann werden die ersten beiden Fahrer disqualifiziert", schmunzelt er.