• 25. März 2017 · 14:07 Uhr

Nach Rookie-Crash: Williams nimmt Lance Stroll in Schutz

Lance Stroll startet in seinem ersten Formel-1-Rennen in Australien von der letzten Position - Fünf Sekunden Rückstand - Paddy Lowe verteidigt seinen Schützling

(Motorsport-Total.com) - Für den einzigen wahren Formel-1-Rookie in dieser Saison ging das Qualifying in Melbourne nicht gut aus. Lance Stroll hatte sich durch einen Unfall im dritten Training am Vormittag bereits ein Handicap eingefahren und muss bei seinem ersten Formel-1-Start aufgrund einer drohenden Strafversetzung womöglich vom letzten Platz starten. Trotzdem hält das Williams-Team zum Neueinsteiger.

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Stroll war am ersten Rennwochenende mehrfach neben der Spur Zoom Download

Die Misere begann im dritten Freien Training. Stroll wurde in Kurve 10 etwas zu weit hinausgetragen und touchierte daraufhin die Mauer. Dieser Zwischenfall hatte stressige Reparaturarbeiten zur Folge, denn bis zum Qualifying musste der FW40 wieder einsatzfähig sein. "Wir hatten im Training starkes Übersteuern. Wir haben ein neues Set-up ausprobiert. Ich war in Kurve 10 ein bisschen zu weit links, wollte aber weiter voll draufbleiben und habe dann einen kleinen Schlag bekommen. Danach habe ich die Mauer berührt."

Die Berührung reichte aus, um "ziemlich großen Schaden anzurichten", bemerkt der Neuzugang. Denn Williams musste in der Mittagspause das Getriebe tauschen, dafür erhält Stroll eine Rückversetzung um fünf Startplätze. Am Samstagabend gab die FIA außerdem bekannt, dass am Sonntagvormittag ein Teamverantwortlicher bei den Rennkommissaren vorsprechen muss. Das Getriebe wurde nämlich getauscht, ohne die FIA darüber zu informieren. Daher ist die Strafversetzung von Stroll zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht bestätigt worden. Womöglich könnte noch größerer Ärger drohen.

"Ein Tag zum Vergessen": Wenig Vertrauen ins Heck

Zehn Minuten waren in Q1 noch auf der Uhr, als Stroll die Williams-Garage verließ. Der Bolide konnte noch rechtzeitig auf die Strecke gehen. Ohne jemals zuvor einen Qualifying-Versuch absolviert zu haben, positionierte er sich auf der 19. Position (1:27.143 Minuten). Gut neun Zehntelsekunden fehlten dem Kanadier, der vor dem Wochenende noch nie auf der Strecke im Albert Park gefahren war, auf den Einzug ins Q2. (Zum Ergebnis vom Qualifying!)

Insgesamt summierte sich der Rückstand des 18-Jährigen auf knapp fünf Sekunden auf die Pole-Zeit von Lewis Hamilton. Zum eigenen Teamkollegen Felipe Massa fehlten Stroll 2,7 Sekunden. Er selbst erklärt sich den großen Rückstand mit der limitierten Laufzeit, seiner Unerfahrenheit und dem geringen Vertrauen ins Auto. "Wir hatten schon den gesamten Tag Probleme mit Übersteuern, ich konnte dem Heck nicht vertrauen. Gestern war das Gefühl viel besser. Es ist enttäuschend, weil ich weiß, wo wir stehen könnten. Wir waren eine halbe Sekunde schneller im Training als im Qualifying." Tatsächlich fuhr Stroll im gestrigen zweiten Freien Training eine Zeit von 1:26.525 Minuten, und damit um fast sechs Zehntelsekunden schneller.


Großer Preis von Australien - Samstag

Der gesamte Samstag sei durch den Unfall im dritten Training beeinträchtigt gewesen - ein Tag "zum Vergessen". Stroll hätte in Q1 zumindest gerne mehr Zeit im Auto verbracht. "Ich hätte mich wohler gefühlt, wenn wir zwei Versuche auf dem Ultrasoft gefahren wären." Allerdings ging sich nur noch ein schneller Versuch aus. Mit mehr Fahrpraxis hätte es sogar für Platz "zwölf oder dreizehn" gereicht, glaubt er. Auf dem zwölften Rang platzierte sich Nico Hülkenberg im Renault (1:25.091 Minuten). Stroll fehlten am Ende über zwei Sekunden auf den Deutschen.

Erwartungen "niedrig": Lowe nimmt Druck von Strolls Schultern

Stroll verschuldete bereits bei den Testfahrten in Barcelona einen heftigen Crash und zwei Ausritte. Der Rookie, der vor allem aufgrund der finanziellen Unterstützung seines Vaters Lawrence Stroll im Williams sitzt, muss sich nach seinem zweiten Crash nun bereits der Frage stellen, ob er das neue "Crashkid" der Formel 1 ist? Das Williams-Team steht jedenfalls weiterhin zu dem jungen Piloten. Technikchef Paddy Lowe verteidigt ihn: "Lance hatte viel Pech, dass er das Heck verloren hat und dann in der Mauer landete. Das hat seinen Tag komplett zerstört. Er war einfach immer einen Schritt zurück."

Danach stand er bei seinem einzigen Versuch im Qualifying stark unter Druck, weiß Lowe. "Er hat zuvor auch noch nie einen Qualifying-Versuch trainiert, weil wir die Zeit dafür im dritten Training verloren haben. Er konnte zumindest eine Zeit setzen. Morgen kann er Erfahrung sammeln. Die Erwartungen sind niedrig, weil er von ganz hinten starten wird", nimmt er zusätzlichen Druck von Strolls Schultern. "Daher kann er üben, wie es sich in einem realen Rennen abspielt - ohne den Druck eines zu erwartenden Resultats. In China wird er dann mehr Selbstvertrauen haben."

Stroll selbst betont auch, dass er in Australien noch nie gefahren ist. "Das ist keine normale Strecke, hier gibt es viele Mauern und Bodenwellen. Da muss man einen Rhythmus aufbauen. Auf einer normalen Rennstrecke, auf der ich zuvor schon gefahren bin, wäre es natürlich einfacher gewesen. Ich bin aber nicht der einzige Fahrer, der hier zum ersten Mal fährt." Auch Esteban Ocon (14.), Antonio Giovinazzi (16.) und Stoffel Vandoorne (18.) waren zum ersten Mal in Melbourne im Einsatz.

Williams erwartet "keine Heldentaten"

Angst hat der selbstbewusste Neuling jedenfalls keine vor seinem ersten Rennstart. "Nein. Wenn man ganz hinten startet, dann kann man nur nach vorne", schmunzelt er. Er weiß, dass am Sonntag viel passieren kann. "Leute könnten crashen oder Probleme haben. Überholen ist auch eine Möglichkeit und die Strategie spielt mit." Auch das Reifenthema greift er auf: "Obwohl wir Longruns in Barcelona gefahren sind, wissen wir immer noch nicht genau, wie die Reifen reagieren. Die Zuverlässigkeit ist auch ein Thema. Im ersten Rennen können immer viele Dinge passieren."


Fotos: Williams, Großer Preis von Australien


Lowe gibt Einblicke, wie sehr Williams Stroll an seinem ersten Wochenende unterstützt: "Vor allem ist es sehr schwierig, diese Reifen zu verstehen. Da braucht er sehr viel Unterstützung." Stroll hat vier frische Ultrasofts, einen gebrauchten Ultrasoft und jeweils einen frischen Soft und Supersoft im Rennen zur Verfügung. Er werde morgen versuchen mit Köpfchen zu fahren, versichert er. Außerdem betont er, dass das Wochenende grundsätzlich nicht schwierig gewesen sei, nur der Samstag.

"Ich habe nicht erwartet, dass ich an diesem Wochenende gegen meinen Teamkollegen oder um Podien kämpfen werde. Ich wollte einfach sehen, wo ich stehe und wo ich mich noch verbessern muss. Ich war sogar überrascht, wie gut unsere Pace war gleich zu Beginn", meint der junge Kanadier selbstbewusst. Lowe weiß, dass er seinen Piloten nach dem verkorksten Auftakt nicht trösten muss: "Darin ist er schon ganz gut. Für einen 18-Jährigen ist er schon sehr reif. Wir haben ihm bereits vor dem Wochenende gesagt, dass er nicht zu viel von sich erwarten soll. Wir erwarten keine Heldentaten. Wir erwarten nur ein solides Wochenende."

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