• 27. November 2016 · 23:36 Uhr

Herzstillstand-Moment: Wie Rosberg an Verstappen vorbeikam

Nico Rosberg erlebt in Abu Dhabi im brisanten Duell mit Max Verstappen das bisher schönste Gefühl seiner Karriere - Wie es zu dem heiklen Aufeinandertreffen kam

(Motorsport-Total.com) - Nico Rosberg erlebte auf der Fahrt zu seinem ersten Formel-1-Weltmeistertitel einige kritische Momente. Besonders heikel wurde es für den Deutschen, als er an Red-Bull-Überflieger Max Verstappen vorbei musste, um seine WM-Chance zu wahren. Später würde Rosberg dieses Duell als "ekelhaft" beschreiben, schließlich ist Verstappen durch sein aggressives Verhalten auf der Rennstrecke immer ein "Risikofaktor".

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Rosberg lauerte über zehn Runden hinter Verstappen, bervor er das Manöver setzte Zoom Download

Das Aufeinandertreffen von Weltmeister Rosberg und Jungspund Verstappen erfolgte in Runde 20. Jedoch braute sich das brisante Duell bereits Runden zuvor zusammen. Begonnen hat es ursprünglich bereits nach dem Start, als Verstappen durch eine Berührung mit Nico Hülkenberg auf den letzten Platz zurückgespült wurde. Seine Aufholjagd auf dem Supersoft-Reifen brachte ihn bereits in Runde sieben wieder zurück in die Top 10. Zu jenem Zeitpunkt hatte er auf Leader Lewis Hamilton rund 22 Sekunden Rückstand.

In Runde acht fuhr Rosberg zum ersten Stopp eine Runde nach Hamilton an die Box. Er steckte von Ultrasoft auf einen frischen Soft um. Bei einer Boxenstopp-Deltazeit von rund 22 Sekunden wäre Rosberg womöglich knapp vor dem Red Bull zurück auf die Strecke gekommen. Doch der Mercedes stand 4,8 Sekunden an der Box, weil man den Ferrari von Sebastian Vettel vorbeilassen musste, um kein "Unsafe Release" zu riskieren. Zu jenem Zeitpunkt fuhr Verstappen bereits auf um elf Runden älteren Pneus. Rosberg hatte also einen Reifenvorteil, obwohl er mit der härteren Mischung unterwegs war.

"So etwas habe ich zuvor noch nie gefühlt im Auto"

"Es war wirklich schlimm, ein schreckliches Gefühl", meint der Mercedes-Pilot nach dem Rennen über das Duell. Der Abstand zu Verstappen pendelte sich knapp unter einer Sekunde im DRS-Fenster-Bereich ein. Die beiden Piloten duellierten sich bereinigt durch die Boxenstopps nun um den zweiten Platz hinter Hamilton. Rosberg konnte sich hinter Verstappen über zehn Runden festsetzen, der meldete in Runde 15 bereits, dass seine Reifen abbauen. In Runde 20 folgte dann der Angriff, nachdem Rosberg per Teamfunk dazu aufgefordert wurde und der Niederländer vor ihm, der auf einer Einstoppstrategie unterwegs war, auf 21 Runden alten Supersofts herumrutschte.

Sofort nach dem Manöver, das hart an der Grenze war, markierte Rosberg im ersten Sektor die absolute Bestzeit. "Klar, die Gefühle in diesem Kampf mit Max...einfach irre. Ich hoffe, dass ich das nicht so bald wieder durchmachen muss", schildert ein sichtlich erlöster Rosberg nach dem Rennen. Verstappen wehrte sich diesmal hart, aber fair. Das war jedoch nicht immer so, denn Rosberg und Verstappen kriegten sich bereits in Hockenheim, Silverstone, Kanada, Mexiko oder auch Brasilien in die Haare.

Rosberg nimmt Verstappens sportliche Fairness zur Kenntnis: "Es war großartig, das war definitiv toll. Fairplay von ihm. Er fuhr natürlich wieder voll aggressiv, er hat keinen Millimeter nachgegeben - wie immer. Aber er ist fair gefahren, wir sind nicht kollidiert und ich bin vorbeigekommen, das hat sich wirklich total gut angefühlt." Nachdem er in den Kurven 8 und 9 zuerst noch kurz zurückstecken musste, konnte er Verstappen schließlich auf der Geraden zu Kurve 11 hin schnappen. "Ein geiles Gefühl, sehr erleichternd und so intensiv, unglaublich intensiv im Auto. So etwas habe ich zuvor noch nie gefühlt im Auto", verrät der neu gekrönte Weltmeister voller Stolz nach dem Grand Prix.

Rosberg: Hamilton hat Taktik "perfekt" ausgeführt

Die Szene zur Rennhälfte war jedoch nicht der einzige brisante Moment im Rennen des 31-Jährigen. In seiner Presserunde am Abend zählte er dazu außerdem die letzten zehn Runden des Rennens. Nachdem beide Mercedes-Piloten ihre zweiten Boxenstopps absolviert hatten, Verstappen ebenfalls seinen Pflichtstopp erfüllte - er wechselte in Runde 21 auf Soft - und Vettel mit einem späten Stopp in Runde 37 mit dem Supersoft im letzten Stint heranbrauste, schob sich die Spitzengruppe zehn Runden vor Rennende auf vier Sekunden zusammen.

"Das Gleiche noch einmal am Ende: der Druck von hinten, Lewis langsam fahrend vor mir. Das war echt hart", resümiert Rosberg seine Situation. "Ich wusste nicht, wie weit er es treiben würde. Ich wusste nicht, was ich erwarten sollte", entgegnet er angesprochen auf Hamiltons Bummelzug-Taktik. Warum hat Rosberg Vettel, der Verstappen auf frischeren Reifen noch einholen konnte, nicht einfach vorbeigelassen? Immerhin hätte ihm auch der dritte Platz gereicht. "Ich hatte Vettel und Verstappen im Nacken. Ich wollte unbedingt Zweiter bleiben, weil wenn ich einmal einen Platz nach hinten gefallen wäre, hätte ich Verstappen hinter mir gehabt. Das wollte ich nicht."


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Das Risiko weitere Plätze zu verlieren, schien ihm zu groß zu sein. Auch nach vorne konnte der Deutsche laut eigener Aussage nicht aus seiner misslichen Lage ausbrechen. Zwar kontrollierte Hamilton das langsame Tempo, trotzdem konnte Rosberg nicht vorbei: "Ich habe es ein paar Mal versucht, aber Lewis hat das gut gemacht. Er ist nach Kurve 21 weggefahren durch den ersten Sektor und dann durch den halben zweiten Sektor. Dort überholst du aber." Infolgedessen konnte Rosberg nicht nahe genug an seinen Teamkollegen ranfahren - "er hat schließlich das gleiche Auto wie ich. Dann hat er wieder langsamer gemacht, wo man eh nicht überholen kann."

Im Gegensatz zu Sebastian Vettel gibt es von Rosberg für Hamiltons Verhalten keine Kritik. Auch wenn er diese nicht erwartet habe - "vielleicht war ich da etwas naiv" -, kann er die Strategie nachvollziehen: "Lewis hat all seine Fähigkeiten genutzt, um es perfekt auszuführen, also gab es für mich keinen Weg an ihm vorbei. Natürlich habe ich daran gedacht, aber es war einfach sinnlos. Er hat es perfekt gemacht."

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