• 23. November 2016 · 10:13 Uhr

Rennvorschau Abu Dhabi: Rosberg am Ziel seiner Träume?

Nico Rosberg kann sich am Wochenende seinen Traum vom Formel-1-Titel erfüllen, er muss nur auf das Podest: Was in Abu Dhabi dafür und was dagegen spricht

(Motorsport-Total.com) - Die Entscheidung fällt an diesem Wochenende definitiv: Nico Rosberg oder Lewis Hamilton - einer wird nach dem Großen Preis von Abu Dhabi den Formel-1-Titel 2016 in den Händen halten. Kann Nico Rosberg seinen Vorsprung von zwölf Punkten verteidigen, würde er sich die Krone zum ersten Mal aufsetzen. Für Hamilton wäre es bereits Titel Nummer vier, und vor zwei Jahren holte er im Silberpfeil-Duell auf dem Yas Marina Circuit bereits eine Weltmeisterschaft.

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Nico Rosberg möchte bei nächtlichem Feuerwerk seinen Titel feiern Zoom Download

Die Aufgabe ist für den Briten in diesem Jahr allerdings ungleich schwieriger. Zwar konnte er bereits drei Matchbälle seines Teamkollegen abwehren, doch Hamilton hat es nicht in der eigenen Hand. Selbst wenn er den vierten Sieg in Folge einfahren sollte, würde Rosberg immer noch ein dritter Platz genügen, um am Ende vorne zu sein. "Aber ich kann und werde nicht aufgeben", zeigt sich der Titelverteidiger kämpferisch. "Man weiß nie, was passiert - egal, wie unmöglich es auch erscheinen mag."

Für Rosberg ist die Ausgangslage vor dem Saisonfinale klar: Kommt er auf das Podium, ist er auf jeden Fall Weltmeister - alles andere sollte er sich nicht erlauben. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass die Konkurrenz den Silberpfeilen plötzlich sportlich gefährlich werden kann - vor allem nicht auf einer Strecke, die nicht gerade für ihre verrückten Rennverläufe und unvorhersehbaren Ereignisse bekannt ist.


Fotostrecke: Triumphe & Tragödien in Abu Dhabi

Der Deutsche ist bereit, sich seinen Traum zu erfüllen: "Ich muss erneut alles geben, um ein gutes Ergebnis einzufahren", sagt er und denkt an ein tolles Rennen 2015 zurück, bei dem er die Saison auf einem Hoch beenden konnte: "Ich habe fantastische Erinnerungen an meinen Sieg auf dieser Strecke im vergangenen Jahr und ich war dort in der Vergangenheit für gewöhnlich stark. Ich habe also allen Grund, zuversichtlich zu sein", so Rosberg.

Die Statistik ist in jedem Fall auf Rosbergs Seite: Würde man die bisherigen Saisonergebnisse jedes einzelnen Rennens auf Abu Dhabi anwenden, dann wäre Hamilton in vier Fällen Weltmeister (Monaco, Kanada, Österreich, Deutschland), in allen anderen Rosberg - und die Ergebnisse nach der Sommerpause sprechen zu 100 Prozent für den Deutschen. Doch jede Serie reißt einmal, und in der Formel 1 ist selbst auf den größten Parkplatz-Kursen nichts vorhersehbar.

Spannung auch hinter Mercedes

Der Rennausgang selbst ist in Abu Dhabi nur von sekundärem Interesse, wichtiger sind die Auswirkungen in der Meisterschaft, die danach nicht mehr korrigiert werden können. Das gilt auch für die Duelle hinter den beiden Titelanwärtern. Zwar ist das Duell zwischen Red Bull und Ferrari um Gesamtrang zwei bei den Konstrukteuren schon längst zu Gunsten der Bullen entschieden, allerdings kämpfen die Piloten noch um ein gutes Ergebnis in der Fahrerwertung.

Daniel Ricciardo (Red Bull) steht bereits als neuer WM-Dritter fest, dahinter fechten Sebastian Vettel (Ferrari/197 Punkte), Max Verstappen (Red Bull/192) und Kimi Räikkönen (Ferrari/178) um Rang vier - alle weiteren Piloten haben keine Chance mehr auf einen Top-6-Platz in der Formel-1-Saison 2016. Das heißt aber nicht, dass nicht auch sie noch Ziele für ihr Team verfolgen: Force India (163) möchte WM-Rang vier gegenüber Williams (136) absichern, mit 27 Zählern Vorsprung sollte die beste Platzierung der jungen Teamgeschichte nur noch Formsache sein.

McLaren (75) will dahinter Toro Rosso (63) im Kampf um Rang sechs auf Distanz halten - auch da sollten zwölf Punkte Vorsprung in der Regel reichen. Ganz hinten hat sich die Lage nach dem Großen Preis von Brasilien verschärft. Sauber konnte beim Chaosrennen von Sao Paulo zwei immens wichtige Zähler holen, die sie vor Manor auf Rang zehn bringen. Das Team von Pascal Wehrlein benötigt in Abu Dhabi schon das beste Ergebnis seiner Historie (Platz neun), um die Rote Laterne wieder abzugeben.

Kaum Hoffnung auf Ausfälle

Allerdings ist das in Abu Dhabi relativ unwahrscheinlich, denn durch die weitläufigen asphaltierten Auslaufzonen und das vermutlich trockene Wetter in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist nicht mit einer hohen Ausfallquote zu rechnen. In lediglich zwei bisherigen Abu-Dhabi-Rennen kam das Safety-Car überhaupt zum Einsatz. Das dürfte neben Sauber vor allem Nico Rosberg freuen, der sich wahrscheinlich nur von einem technischen Defekt noch vom Titel abhalten lässt.

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Das Safety-Car gehört in Abu Dhabi zu den seltenen Spezies Zoom Download

Doch das möchte Mercedes unbedingt vermeiden: "Wir müssen Nico und Lewis die Basis geben, um ihren Kampf bis zur Zielflagge untereinander auszufechten", betont Motorsportchef Toto Wolff. Für die Technik ist Abu Dhabi ohnehin nicht sonderlich anspruchsvoll: Reifen- und Bremsenverschleiß sind niedrig bis mittel, der Volllastanteil liegt aber immerhin bei 69 Prozent.

Die Chancen für einen Mercedes-Sieg stehen dadurch hoch. Auf den beiden langen Geraden kann man seinen Motorenvorteil ausspielen, auf allen anderen Abschnitten kann man kaum überholen. Zudem gewannen die Silberpfeile die bislang letzten beiden Rennen im Wüstenstaat: 2014 Lewis Hamilton, 2015 Nico Rosberg.

Einzigartiges Dämmerungsspektakel

Allerdings gibt es auch einige Unwägbarkeiten auf dem glamourösen Wüstenkurs (ohne Wüste): Einzigartig ist das Spektakel in der Dämmerung. Abu Dhabi ist der einzige Grand Prix, bei dem die Formel 1 bei Tag startet und im Dunkeln die Ziellinie überquert. Damit können sich die Bedingungen während des Rennens rasch ändern. Zudem sind Erkenntnisse aus den völlig unterschiedlichen Freien Trainings nur schwer einzuschätzen.

Zumindest sollte das Wetter keine großen Überraschungen beinhalten. Mit Regen ist am kommenden Wochenende laut den ersten Vorhersagen nicht zu rechnen, auch die Temperaturen liegen mit geschätzten 23 bis 25 Grad Celsius zum Zeitpunkt von Qualifying und Rennen im absoluten Rahmen.

Piloten setzen auf Ultrasoft

Würzen könnte dafür Reifenhersteller Pirelli das Spektakel. Die Italiener haben dieses Mal die drei weichsten Mischungen eingepackt: Soft, Supersoft und Ultrasoft. "Das könnte dazu führen, dass wir schnellere Qualifying-Zeiten als jemals zuvor auf dieser Strecke erleben werden", meint Mercedes-Technikchef Paddy Lowe. Doch das ist nur ein Randaspekt. Wichtig ist, wer die Pneus im Rennen gut managen kann.

Und da ist Ultrasoft Trumpf: Alle Piloten haben sich die lila Reifen im Übermaß einpacken lassen. Bei Mercedes setzen Rosberg und Hamilton auf die exakt gleiche Strategie: Beide haben sieben Mal Ultrasoft eingepackt, dazu zwei Sätze Supersoft und vier Sätze Soft. Bei Red Bull geht man etwas konservativer an die Sache und setzt einmal weniger auf den ultraweichen Pneu, dafür einmal mehr auf den normalen weichen Reifen - und bei Ferrari nimmt Sebastian Vettel nur einen roten Reifen mit.

Abschied von Massa und Button

Neben den sportlichen Fakten geht es beim Großen Preis von Abu Dhabi aber auch um emotionale Momente. Vor allem auf Felipe Massa (Williams) dürften die Augen gerichtet sein. Der Brasilianer hatte sich schon beim Heimrennen emotional verabschiedet und fährt nun sein 249. und letztes Formel-1-Rennen. Auch Jenson Button (McLaren) wird sich nach 305 Rennen verabschieden - zumindest einmal für ein Jahr. Nico Hülkenberg (Force India), Kevin Magnussen (Renault), Esteban Ocon (Manor) und Esteban Gutierrez (Haas) fahren definitiv ein letztes Mal für ihr derzeitiges Team.

Und wer glaubt, dass er beim Rennen von Abu Dhabi ohnehin nicht einschalten muss, weil Nico Rosberg sowieso mit dem Titel davonrennt, dem sei vor allem ein Grand Prix ans Herz gelegt: 2010. Damals holte sich ein gewisser Sebastian Vettel völlig überraschend seinen ersten Titel, obwohl er zuvor nie die WM-Führung inne hatte. Kaum einer hätte geglaubt, dass Fernando Alonso oder Mark Webber nicht die Sieger heißen würden...

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