"Rain-Man" Jenson Button: Gut gepokert, trotzdem verloren
"I don't care": Regenspezialist Jenson Button hat beim Grand Prix von Brasilien die richtigen Entscheidungen getroffen, war aber trotzdem chancenlos
(Motorsport-Total.com) - Jenson Button ist eigentlich bekannt dafür, gerade im Regen zur Höchstform aufzulaufen. Doch davon war beim gestrigen Grand Prix von Brasilien nichts zu sehen. Ganz im Gegenteil: Der McLaren-Pilot fuhr mit 1:22 Minuten Rückstand als 16. und Letzter über die Ziellinie - 21,5 Sekunden hinter dem Manor von Pascal Wehrlein.
"Letzter zu werden, ist ungewöhnlich für mich, besonders im Regen. Da bin ich normalerweise ziemlich gut", seufzt Button, der in Interlagos möglicherweise sein letztes Regenrennen bestritten hat. Denn in Abu Dhabi ist Regen höchst unwahrscheinlich, und ein Comeback 2018 Stand heute alles andere als sicher. "Irgendwas hat nicht gestimmt. Ich glaube nicht, dass ich verlernt habe, im Regen zu fahren. Jetzt müssen wir in der Fabrik analysieren und herausfinden, was der Grund dafür war."
Der 36-Jährige, der sechs seiner 15 Grand-Prix-Siege in Regenrennen errungen hat, fuhr der direkten Konkurrenz teilweise hoffnungslos hinterher - und verzweifelte dabei. "Echt, Mann, das Auto funktioniert einfach nicht!", funkte er etwa, als er gegen Rennmitte trotz aller Bemühungen nicht vom 17. Platz wegkam. Im Vergleich zu Teamkollege Fernando Alonso waren seine Rundenzeiten teilweise um bis zu drei Sekunden langsamer.
Dabei hatte Button in entscheidenden Situationen eigentlich - wie so oft - den richtigen Riecher bewiesen. Als Renault-Pilot Kevin Magnussen direkt nach der ersten Startfreigabe von Full-Wets auf Intermediates wechselte, erkundigte er sich am Boxenfunk geistesgegenwärtig nach dessen Sektorenzeiten. Mit einer Antwort konnte der Kommandostand nicht rechtzeitig dienen, weil Button schon an der Boxeneinfahrt vorbei gewesen wäre, als Magnussen durch den zweiten Sektor war.
Fotostrecke: GP Brasilien, Highlights 2016
Lewis Hamilton feiert in Brasilien den 52. Grand-Prix-Sieg seiner Karriere und zieht in der ewigen Siegerliste ausgerechnet in Ayrton Sennas Heimat an Alain Prost vorbei. Mit einer dominanten Vorstellung am ganzen Wochenende verkürzt er den Rückstand auf Nico Rosberg vor dem letzten Rennen auf zwölf Punkte. Fotostrecke
Aber der Routinier vertraute seinem Instinkt und kam trotzdem eine Runde nach dem Renault-Fahrer zum Reifenwechsel. Während er stand, bekamen die McLaren-Ingenieure Gewissheit, dass der Poker aufgehen kann: Magnussen benötigte für den zweiten Sektor auf seiner ersten Intermediate-Runde 46,798 Sekunden und war damit auf weniger als 50 Fahrsekunden um drei Sekunden schneller als sein Teamkollege Jolyon Palmer!
In Runde 13/14 fuhr Button auf Augenhöhe mit der Spitzengruppe und holte, an 15. Position liegend, mit Siebenmeilenstiefeln auf den vor ihm liegenden Magnussen auf. Doch spätestens als nach und nach weitere Gegner ebenfalls auf Intermediates wechselten und auch der Regen wieder stärker wurde, war der Zauber vorbei - weil er seine Reifen, mutmaßlich durch die ständigen Unterbrechungen und Safety-Car-Phasen, nie ins optimale Temperaturfenster bekam.
Ob Full-Wet oder Intermediate spielte dabei seiner Meinung nach nur eine untergeordnete Rolle: "Ich hätte heute alles draufpacken können, es hätte keinen Unterschied gemacht." Sein Frust ging sogar so weit, dass er sich beim letzten Boxenstopp in Runde 44, als Red Bull und Williams mit Intermediates flott unterwegs waren, schnippisch der Empfehlung seines Renningenieurs widersetzte, es doch ebenfalls mit Intermediates zu versuchen: "I don't care!"
Dabei hatte das Wochenende aus seiner Sicht mit dem elften Platz am (trockenen) Freitag ermutigend begonnen. "Im Trockenen hat das Auto wirklich gut funktioniert", berichtet Button. "Ich hatte ein sehr starkes Heck, besonders in den schnellen Kurven. Gestern ging dann gar nichts mehr, und heute wurde das durch die Bedingungen noch verschärft." Immerhin: Angst vor einem weiteren Regenrennen muss er in Abu Dhabi eher nicht haben...