• 09. Oktober 2016 · 11:20 Uhr

Mercedes' Kupplungsdilemma: Wirklich Hamiltons Schuld?

Niki Lauda macht Hamilton für den schlechten Start verantwortlich, Toto Wolff sieht viele Faktoren - Rosberg hat die Kupplung im Griff und jubelt, jubelt, jubelt

(Motorsport-Total.com) - Ist das Duell der Mercedes-Piloten um den WM-Titel schon entschieden? Der Japan-Grand-Prix am Sonntag lässt es vermuten. Mit makelloser Vorstellung und seinem neunten Saisonsieg baute Nico Rosberg den Vorsprung in der Gesamtwertung auf 33 Punkte aus, während Lewis Hamilton einmal mehr Federn ließ - in Suzuka aufgrund eines eigenen Fehlers. Wie in Australien, Bahrain, Kanada und Italien vermasselte er den Start. "Ich hatte einfach durchdrehende Räder", seufzt der Brite.

Nach der Zieldurchfahrt wirkte Hamilton niedergeschlagen. Körpersprache und Tonlage erinnerten an Resignation. Obwohl er sich mit einem tapferen Auftritt von Position acht in Runde eins auf Platz drei vorgekämpft hatte. Obwohl er beinahe Red-Bull-Pilot Max Verstappen den Silberrang abgeknüpft und die Schadensbegrenzung perfekt gemacht hatte. "Es ist ganz einfach", zuckt er mit den Schultern, "ist der Start vorbei, schaust du nach vorne und versuchst, nach vorne zu fahren."

Noch ist nicht bestätigt, ob bei Hamilton erneut die schwierig zu bedienende Mercedes-Kupplung mit dem schlechten Losfahren zu tun hatte. "Ich muss abwarten, was genau die Ingenieure sagen", winkt er ab. Niki Lauda war zunächst davon ausgegangen, dass sein Champion sogar den Motor abgewürgt hätte, weil er die Kupplung zu schnell kommen ließ, doch das war offenbar nicht der Fall. "Ich fürchte, da ist er selbst dran schuld. Das sollte nicht passieren", tadelt die Rennlegende.

Toto Wolff nimmt Hamilton in Schutz: "Die Kupplung, die wir für sie herstellen, ist nicht einfach", bedauert er. "Wir glauben, dass es am Kupplungsdruck liegt, wenn man die sie schnell kommen lässt. Aber das wäre zu einfach ausgedrückt. Das System ist kompliziert." Dass Rosberg weniger Probleme verzeichnet als Hamilton - zumindest in jüngerer Vergangenheit - ist für Wolff ein Rätsel: "Beide Fahrer haben daran gearbeitet, sogar Machart und Nähte des Handschuhs verändert."

Nasse Fahrbahn weiteres Problem für Hamilton

Alles, damit sich die Kupplung richtig löst und die Drehzahl richtig gehalten wird. Der Sportchef kennt jedoch die Grenzen der Akribie: "Es gibt noch den Zufallsfaktor, um alles hinzubekommen. Unser System ist komplizierter als das der anderen, aber wenn es schiefgeht, dann stehen wir auch sofort im Rampenlicht." Die tatsächliche Kupplungsleistung bei Mercedes sei besser als sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen würde. "Weil wir halt eben an der Spitze sind", weiß Wolff.

Auch 'RTL'-Experte Timo Glock glaubt, dass ein kleiner Fehler genügt hätte, um großen Schaden anzurichten. "Wenn er die Kupplung nachfassen muss, sind diese Zehntelsekunden für ihn das Worst-Case-Szenario. Er kann nicht so beschleunigen, wie er will", erklärt der Ex-Formel-1-Pilot und vermutet, dass Hamilton nicht auf der Höhe des Geschehens gewesen wäre. "Er war schon sehr nachdenklich. Er stand nicht auf der optimalen Seite. Aber ein Ricciardo oder ein Vettel standen auch nicht perfekt und haben einen guten Start abgeliefert. Das muss er auf seine Kappe nehmen."

Zu Hamiltons Verteidigung bleibt zu sagen: Auf der rechten Seite der Startaufstellung war es zum Rennstart noch etwas feucht, was auch Sebastian Vettel im Ferrari und Daniel Ricciardo im Red Bull das Losfahren erschwerte. In Kurve eins waren folgerichtig nur die Piloten, die von ungeraden Startplätzen kamen, an der Spitze: Rosberg vor Max Verstappen und Sergio Perez. "Dass die Strecke nicht abtrocknet, wenn es über Nacht geregnet hat, ist schade. Es ist bizarr", hadert Wolff.

In einer ganz anderen Gefühlswelt befand sich Nico Rosberg. "Phänomenal wirklich! Definitiv total verdient, unglaubliche Leistung", kommt der Deutsche aus dem Jubel nicht mehr heraus. Er spricht von einem fast perfekten Wochenende und nennt die in letzter Sekunde eingefahrene Pole-Position am Samstag entscheidend. Hamilton guckte auf der FIA-Pressekonferenz derweil drein wie sieben Tage Regenwetter und bäumte sich verbal nicht auf: "Ich habe nicht das Gefühl, dass ich hart kämpfen müsste. Ich muss mein Bestes geben. Ich freue mich darauf, nach Hause zu kommen."

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