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WM-Duell gekippt: "So gut habe ich Rosberg noch nie erlebt"
Wie Nico Rosberg in einem bereits verloren geglaubten Titelkampf die Trendwende schaffte, wieso Lewis Hamilton in Singapur schwächelte und wie er nun reagiert
(Motorsport-Total.com) - Die WM schien für Nico Rosberg schon verloren. Ein Vorsprung von 43 Zählern auf Stallrivale Lewis Hamilton nach den ersten Rennen war nach Ende der ersten Saisonhälfte einem Rückstand von 19 Zählern gewichen. Selbst der Sieg in Spa wurde wegen Hamiltons Motorenstrafe noch nicht wirklich als Comeback im Titelkampf ernst genommen, doch nach dem starken Rennen in Monza, als der schlecht gestartete Hamilton nicht nachsetzen konnte, und dem sensationellen Singapur-Wochenende besteht kein Zweifel mehr: Rosberg ist wieder zurück!
© xpbimages.com
Nico Rosberg auf der Erfolgswelle: Nächste Niederlage für Lewis Hamilton Zoom Download
Der Wiesbadener führt sechs Rennen vor Schluss nun wieder mit acht Punkten Vorsprung. Und Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff adelt seine Schützling: "Ich kenne Nico seit 2013. Und das ist der beste Nico Rosberg, den ich je an einem Rennwochenende erlebt habe. Wir sagen immer, dass Lewis' Tempo so toll ist. Das haben wir an diesem Wochenende bei Nico gesehen. Er war um sechs Zehntel schneller als der zweite Platz im Qualifying - und das in Singapur! Was für ein Megawochenende von ihm."
Hamilton, der nach dem Absitzen seiner Motorenstrafe in Spa gemeint hatte, dass die WM für ihn erst jetzt "so richtig losgeht" und einen Durchmarsch ankündigte, wirkte nach der Niederlage geknickt und ratlos.
Hamilton klammert sich an die Vergangenheit
Ob er eine erneute Wende herbeiführen kann, wisse er nicht: "Hoffentlich! Und wenn ja, dann ist die Frage wann. Es stehen aber noch sechs Rennen aus..." Er klammert sich an die Vergangenheit: "Ich war schon 43 Punkte zurück, damit sind die acht Punkte nicht annähernd vergleichbar."
Einen technischen Grund, warum er nun mit dem Silberpfeil nicht mehr so gut zurechtkommt wie Rosberg, gäbe es nicht: "Nico hat dieses Wochenende einfach herausragende Arbeit geleistet, was bei mir nicht der Fall war. Ich brauche einfach ein paar gute Wochenenden, wie in der Vergangenheit."
Dass Hamilton Respekt vor Rosbergs Leistung hat, zeigt auch die Geste nach dem Rennen, als er seinem Kontrahenten die Hand schüttelte. Für den neuen WM-Leader nichts Außergewöhnliches: "Nein, weil der Respekt nach wie vor da ist. Ich habe echt ein gutes Wochenende erwischt, und ich denke, da ist es normal, dass das auch anerkannt wird. Das würde ich genauso machen."
Auto nicht besser auf Rosberg zugeschnitten
Noch sieht Hamilton die Dominanz Rosbergs, der beim Nachtrennen klar der schnellere war, als einmaliges Ereignis. Ob er Bedenken wegen des Abstands habe? "Das nächste Rennen wird die Antwort geben", meint der dreimalige Weltmeister. "Im Moment denke ich nicht wirklich darüber nach."
Fotostrecke: GP Singapur, Highlights 2016
Was für eine Leistung! Nico Rosberg liefert in Singapur eine dominante Vorstellung ab und feiert im 15. Rennen 2016 seinen achten Saisonsieg. Außerdem gewinnt er als erster Nicht-Weltmeister das Night-Race - und übernimmt wieder die WM-Führung, acht Punkte vor Lewis Hamilton. Fotostrecke
Auch Rosberg will nichts davon wissen, dass der Silberpfeil nun eher zu seinem Fahrstil passe, obwohl er in den vergangenen fünf Qualifyings vier Mal die Pole holte. "Das hat damit nichts zu tun", meint er. "Die Qualifying-Form kommt und geht. Zuletzt habe ich mich wieder wohler gefühlt."
Monza als Knackpunkt
Auffällig ist, dass das Pendel im Titelkampf stets einige Rennen zugunsten Hamiltons und dann wieder zugunsten Rosbergs ausschlägt. Daher glauben sogar die britischen Experten nun wieder an Rosberg.
Und für Ex-Champion Damon Hill war Monza der Knackpunkt: "Ich weiß nicht, was dort passiert ist. Lewis sah komplett dominant aus, und es ist schwer zu verstehen, wie er dieses Rennen nicht gewinnen konnte. Und hier hat er einen weiteren Dämpfer erlebt. Nicos Selbstvertrauen ist jetzt so hoch, er fährt auf einem anderen Niveau als früher."
Wolff: Hamilton-Problem am Freitag spielte Rolle
Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff will nicht zu viel in Sache hineininterpretieren und sieht die Angelegenheit eher sachlich. "Seit die beiden um die WM kämpfen haben wir die Tendenz, den einen in den Himmel zu heben und den anderen schlechtzureden. Diese Wellen gibt es aber seit damals."
Rosberg über "emotionalen" Sieg bei 200. Rennen
Nico Rosberg konnte in Singapur einen weiteren Sieg einfahren und die WM-Führung zurückerobern. Am Ende wurde es noch sehr eng mit Daniel Ricciardo Weitere Formel-1-Videos
Zumindest für Hamiltons mäßiges Singapur-Wochenende gibt es laut dem Österreicher eine Erklärung: Hamilton konnte am Freitag im zweiten Freien Training wegen eines Hydraulikproblems nur zehn Runden drehen.
"Und wenn einem in Singapur im Training die Runden fehlen und man dadurch die Richtung beim Setup verliert, dann ist das ein Teufelskreis", weiß Wolff. Vertrauen ins Auto sei auf dem Seiltanz zwischen den Betonmauern "der Schlüssel. Wenn dein Teamkollege dann auch noch über sich hinauswächst, dann wird es sehr schwierig. Mal sehen, wie es in zwei Wochen in Malaysia aussieht."
Rosberg will an Strategie festhalten und nicht an WM denken
Rosberg, der jeglichen Fragen über den WM-Titel ausweicht und seit einigen Wochenenden betont, nur noch von Rennen zu Rennen zu denken, will an seiner Herangehensweise eisern festhalten: "Ich denke nicht an die Punkte, denn das hilft mir, mich auf mein Wochenende zu konzentrieren. Und das funktioniert, warum soll ich es also ändern?"
Dass der Sieg in Singapur auch für Sepang Auftrieb gibt, kann er aber nicht verschweigen: "Das waren einfach Mega-Emotionen, und es ist immer einfacher, wenn man mit dem Sieg im Rücken zum nächsten Rennen geht als mit einer Niederlage. Ich fühle mich gut, und jetzt will ich auch in Malaysia gewinnen."