Mercedes-Herausforderer: Red Bull hat Strategie-Ass im Ärmel
Im Qualifying zum Singapur-Grand-Prix landen Daniel Ricciardo und Max Verstappen auf den Startplätze zwei und vier - Strategisch starten sie aber mit einem Vorteil
(Motorsport-Total.com) - Die große Überraschung ist im Qualifying zum Grand Prix von Monaco dann doch ausgeblieben. Mit Ferrari im Pech gelang es auch Red Bull nicht, Mercedes die Pole-Position streitig zu machen. Daniel Ricciardo startet morgen aber immerhin hinter Nico Rosberg von Platz zwei. Max Verstappen konnte allerdings nicht an Lewis Hamilton vorbeiziehen und geht persönlich enttäuscht von Platz vier ins Rennen. Doch die Silberpfeil-Herausforderer könnten am Sonntag noch auftrumpfen: Sie starten auf anderen Reifen.
"Das war immer der Plan, sogar schon vor dem Wochenende", erklärt Ricciardo, warum sein Team auf den Supersoft-Reifen in Q2 setzte, während die Konkurrenz den weicheren Ultrasoft fuhr. "Wir haben erwartet, dass es auch andere Teams tun und waren überrascht, dass wir die einzigen waren. Mal sehen, wie es sich morgen auswirkt."
Nach dem heißen Samstagabend unter dem Flutlicht von Singapur zeigt man sich im Team zufrieden mit dem Qualifying-Ergebnis. "Wir haben nicht mehr erwartet, in die erste Reihe zu kommen", gibt Teamchef Christian Horner zu. "Wir haben die Mercedes-Zeiten in Q2 gesehen und gedacht: Keine Chance! Es war trotzdem eine sensationelle Runde von Daniel. Mit Max in der zweiten Reihe ist das eine gute Ausgangssituation."
Dank der tollen Trainingsergebnisse hatte man sich vor der Qualifikation aber vielleicht doch mehr erhofft. - zumindest auf Verstappens Seite der Garage. "Ich bin nicht glücklich", gibt der Teenager nämlich zu. "Das ganze Wochenende über waren wir sehr stark und dann das. Die Balance stimmte nicht, ich konnte die Reifen nicht richtig aufwärmen und sie blockierten mir vorne ständig. Wenn man sich hier nicht wohl im Auto fühlt, wird es schwierig. Es ist keine sehr gute Startposition, aber auch nicht die schlechteste."
Verstappens Unzufriedenheit war schon währen der letzten Session über Funk zu hören. "Das war eine wirklich schlechte Runde. Wir müssen schauen, dass wir mit den Reifen was tun", ließ er sein Team nach seinem ersten Q3-Versuch wissen. Red-Bull-Berater Helmut Marko erklärt gegenüber 'Sky': "Er hat im Verkehr gesteckt und konnte nicht das Tempo fahren, das notwendig ist, um die Reifen auf Temperatur zu bringen. Das hat man auch im Sprung in den Zeiten gesehen. Beim zweiten Mal haben wir ihn etwas früher rausgeschickt und er hat eine relativ freie Runde gehabt. Es ist hier sehr kritisch mit der Reifentemperatur. Das hat mit den Außentemperaturen relativ wenig zu tun."
Mit einer Zeit von 1:43.328 Minuten fehlten Verstappen am Ende nur vier Hundertstelsekunden auf Hamilton. Ricciardo war mit seiner Runde, die er in 1:43.115 Minuten fuhr, allerdings über eine halbe Sekunde langsamer als Rosberg. "Der Abstand zu Rosberg ist relativ groß", räumt Marko ein. "Aber Max war bis drei Kurven vor Schluss noch vor Hamilton und hatte dann einen Fehler drin. Alles in allem sind wir zufrieden."
Die Ausgangslage verspricht ein spannendes Rennen. Zwar hat sich Sebastian Vettel mit seiner gebrochenen Hinterradaufhängung aus dem Sechskampf um den Sieg verabschiedet, Verstappen startet aber wieder direkt vor seinem Erzfeind Kimi Räikkönen. Und Ricciardo will weiterhin versuchen, seine verpassten Siegchancen in diesem Jahr wettzumachen.
"Ich war in diesem Jahr schon nah dran, aber habe sonntags noch nicht die große Trophäe in der Hand gehalten", so der Australier. "Die Pole-Position wäre für diesen Zweck sicherlich besser gewesen, aber Platz zwei ist ja das Nächstbeste. Mit einem guten Start kann man das Rennen so gut wie möglich kontrollieren. Wir bleiben hoffentlich von Problemen verschont und können dann versuchen, diesen ersten Sieg in diesem Jahr endlich einzutüten."
Und diese Chance könnte eben in den Reifen stecken. "Wir erhoffen uns, dass wir mit dem Supersoft länger fahren können und dadurch die Zweistoppstrategie leichter wird", sagt Marko. "Außerdem würde wir gerne ein Polster herausfahren können, um so vielleicht an den Mercedes vorbeizukommen." Und Horner fügt hinzu: "Wir sind in einer guten Position. Der einzige Weg, Mercedes herauszufordern, ist etwas anderes zu versuchen. Mit den Safety-Car-Phasen, die morgen drohen, ist es wichtig, diese Flexibilität zu haben."
Und während Red Bull mit seinen Ambitionen dem WM-Kampf zwischen Rosberg und Hamilton in die Quere kommen könnten, wollen sie selbst weiterhin die Konstrukteurs-Oberhand über Ferrari halten. Momentan halten sie den zweiten Platz mit elf Punkten Vorsprung. "Wir müssen sicherstellen, dass wir diese guten Startpositionen in ein gutes Ergebnis umwandeln können", so Horner. "Sebastian hatte natürlich seine Probleme. Aber es ist ein sehr enger Kampf mit Ferrari im Moment und wir versuchen auch, Mercedes ein wenig herauszufordern."